Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
um. Geknickt hielt sie den Kopf gesenkt.
„Werwölfe sind Krieger, doch das Letzte, was sie brauchen, ist ein Kampf gegen ihre Nächsten. Ich muss meiner Gefährtin blind vertrauen können, in jeder Lebenslage.“
Heftig nickte sie dazu, darauf aus, ihm in allem zuzustimmen. Leider war ungewiss, wie lange diese Bereitschaft anhalten mochte. Die Gradlinigkeit eines Alphawolfes kam mit den ständigen Schwenks einer Hexe nicht leicht zurande. Sein Groll verkochte. Zurück blieb Sorge um sie. Bleiben, und ihre Tollkühnheit hautnah miterleben, wollte er nicht. Gehen, in dem Wissen, dass sie sterben würde, war unmöglich. Ihrem Sog konnte er sich auf Dauer nicht entziehen. Er wollte sie und keine andere, gleichgültig, was er sich vornahm oder sagte, ob sie ihm das Herz herausriss oder nicht. Womit ein Fakt blieb. Er würde daran zugrunde gehen.
„Weshalb?“, stieß er aus und schleuderte das Handtuch auf einen Stuhl.
Sie trat so dicht an ihn heran, dass sich ihre Zehenspitzen berührten, und streifte eine Strähne seines Haares hinter sein Ohr. Als sei nichts vorgefallen, als gäbe es nichts, das sie trennen konnte.
„Du hast dieses Teufelszeug wieder genommen“, stellte sie ohne Vorwurf fest.
„Weiche mir nicht aus. Ich habe dir eine Frage gestellt.“
„Weshalb was? Ich dich liebe? Das weiß ich nicht. Du bist meine Bestimmung, mein Schicksal, meine Ergänzung und, ja, sogar mein Leitstern.“
„Leitstern?“ Kurz und humorlos lachte er auf. „Wäre ich das, läge Rom weit hinter uns.“
Er trat von ihr zurück und kämmte mit den Fingern durch sein Haar. Sie versuchte, ihn weichzuklopfen mit ihren schimmernden, grauen Augen. Ihr süßes Zirpen verlockte ihn. Was sonst? Zu allem Übel trug er lediglich ein Handtuch um die Hüften. Ihr war zuzutrauen, dass sie es herunterriss, um ihren Worten über Liebe Taten folgen zu lassen, deren er sich beim besten Willen nicht erwehren konnte.
„Weshalb willst du dich auf einen Kampf einlassen, den du mit großer Wahrscheinlichkeit verlieren wirst? Vor den Larvae ist sogar Selene geflohen, und sie ist schneller und gefährlicher als du es je werden kannst. Was hingegen hast du vorzuweisen außer deinem verfluchten Wind?“
Die Härte seiner Worte war Absicht, legte sich wie ein Joch um ihren Nacken und beugte ihn. Ihre Haltung bestärkte ihn in seiner Einschätzung. Aurora war schwach, und das war kein Fehler. Er war ihre Stärke, außer in diesem ganz besonderen Fall, an dem selbst er scheitern musste.
„Aurora, ich kann dich nicht beschützen.“
Sie hob den Kopf und schüttelte das Joch ab. „Es bleibt mir keine Wahl.“
„Es bleibt immer eine Wahl. Niemand zwingt dich zu diesem Irrsinn.“
Lange ruhten ihre Sturmaugen auf ihm. Dann schüttelte sie den Kopf. „Drei Strega haben den Fluch gesprochen. An ihren Gilden ist es, ihn zu brechen. Nichts anderes haben sie in den letzten Jahrhunderten versucht. Entweder die Larvae beenden es auf ihre Weise oder ich muss sie vernichten. Das sind die beiden Alternativen.“
Womit alles nach dem oder gestrichen werden konnte. Die Larvae würden sie umbringen, und ginge es nach ihr, sollte er dabei sein und zusehen. Er war ein Krieger, zum Kampf erzogen, hatte getötet und fürchtete den eigenen Tod nicht. Aber das war zu viel verlangt.
„Was ist aus deiner Angst geworden, deinem sicheren Instinkt, nichts ausrichten zu können? Du willst nicht sterben, hast du gesagt. Und du musst nicht sterben. Komm mit mir. Warum willst du hinausgehen in die Nacht und dein Leben wegwerfen? Warum?“
Sie betrachtete ihre nackten Zehen, die unter dem Saum des Nachthemdes hervorlugten. Wieder überlegte sie lange, ehe sie ihm eine Antwort gab. Sein Magen krampfte, als sie wieder aufsah.
„Als ich das damals zu dir sagte, wusste ich nichts. Weder wie sie aussahen noch was sie mit ihren Opfern machen. Lange Jahre glaubte ich nicht daran, dass sich die Gaben meiner Familie in mir niederschlugen. Das Grimoire war ein Rätsel, Magie mir fremd. Erst durch dich habe ich verstanden. Du hast alles verändert. Durch dich wurde ich zu einer Strega, die diesen Titel verdient.“
Wunderbar, der Schuldige war gefunden. Jetzt war er es, der sie zu einer Hexe gemacht hatte, die einstige Nonne aus Santa Susana. Das war zu einfach. Ihr Körper war schmal, anmutig und wirkte selbst in dem Zelt aus weißem Stoff würdevoll, besonders viel Kraft steckte nicht darin. Sie reichte nicht einmal aus, um ihn zum Straucheln zu bringen. Ihre Magie war
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