Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
vor einer Bestie stand. „Und so kam es, dass mit den Werwölfen die Bestie zum Leben erwachte. Ein Geschöpf des Mondes, gerufen von der allgewaltigen Mutter Erde, um alle Nachkommen der Sippen an den Preis zu gemahnen, den sie für ihre Kräfte und Fähigkeiten zu zahlen haben.“
„Die Hexen haben sich nie gegen uns gewandt“, hauchte Selene.
„Diese eine Hexe hat. Und mit ihr andere. Sie war die erste, aber nicht die einzige, die zu einem Pakt bereit war. So muss es sein, denn es gab und gibt auch andere Tiergestalten, in die sich einst sterbliche Menschen verwandeln können. Die Gilden haben ihrer Magie eine Schwärze und Kraft verliehen, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Gemeinsam tragen wir an der Last dieses Fluches. Es übertrifft den Fluch der Larvae bei Weitem. Und niemand wird es beenden können.“
„Und weshalb soll mir das entgangen sein?“, zischte Selene mit schmalen Augen.
„Weil wir wider die Regeln der Natur verstoßen haben und dieser Übertritt geheim gehalten wurde, Selene. Die Gilden haben ihre eigenen Gebote missachtet, indem sie jene schufen, die ihre Gestalt wandeln können. Wie jedes Geheimnis der Gilden wurde es schriftlich niedergelegt. Darüber geredet wurde nicht, alle verdrängten es und so erinnern nur die Grimoires daran. Und solange niemand eine konkrete Frage dazu stellt, bleibt die Antwort im Verborgenen. Das Geheimnis wäre auf ewig sicher gewesen, wäre ich nicht Ruben begegnet. Keine Hexe hat jemals danach getrachtet, die Gefährtin eines Werwolfs oder eines anderen Gestaltwandlers zu werden. Jetzt kennen wir den Grund dafür. Somit bin ich ein Teil eurer Vergangenheit und habe Anteil an eurem Krieg sowie eine berechtigte Stimme zu einem Frieden. Und ich sage euch, der Krieg ist vorüber.“
Ruben berührte ihre Stirn. Sie war heiß, als seien ihre Worte Flammen, die sie von innen heraus verbrannten. Mica stieß den Atem aus. Tizzio schob sich näher heran und senkte die Stimme zu einem eindringlichen Raunen.
„Wahrhaftig, dich verbindet vieles mit den Wölfen, Aurora. Aber nicht mit dem da, sondern mit den roten Wölfen und mit mir. Über Jahrhunderte hat meine Sippe deine Familie begleitet. Wir gehören zusammen.“
Ruben versteifte sich. All die Andeutungen ergaben einen Sinn. Nach Saphiras Tod suchte Tizzio nach einer neuen Gefährtin, und obwohl Aurora ihm entzogen war und einem anderen gehörte, war seine Wahl auf sie gefallen.
Aurora klappte das Grimoire zu und legte die Hände darüber. „Der Blutschwur deiner Sippe hat beiden Seiten keinen Segen gebracht und uns allen Schaden zugefügt. Ihr habt ihn nicht einhalten können und damit besitzt er keine Geltung. Die Zukunft einer Braglia ist an der Seite des Stärksten. Und das ist ein Sohn aus dem ersten Wurf der Luna. Meine Ergänzung Ruben.“
Tizzio fuhr zurück und ächzte. Seine Fassungslosigkeit schlug sich auf seine Stimmgewalt nieder. Sie war gebrochen. „Was?“
Berenike wischte durch die Luft, als gelte es, einen Fliegenschwarm zu vertreiben.
„Wenn all das zutrifft, dann haben die Hexen das alte Volk verraten und hintergangen und uns den Untergang gebracht.“
Aurora beugte den Nacken. „So ist es.“
Berenike schluckte, sah sich orientierungslos um und rannte aus der Hütte. Ohne einen Kommentar zu dem Gehörten abzugeben, folgte Selene ihrer Tochter.
„Nachdem du uns dieses Geheimnis anvertraut hast, sollte es nicht mehr erwähnt werden“, meinte Mica gelassen, schnappte Tizzio am Kragen und stieß den perplexen Alpha vor sich aus der Tür. Sie schlug zu und sie waren allein.
Seufzend sank Aurora in die Kissen. „Wir waren von Anfang an füreinander bestimmt, Ruben.“
Ihr Lächeln bestrickte ihn. Eine Gefährtin war immer eine Bestimmung, und nachdem die seine am Leben war und sich erholt hatte, wich seine Panik. Seine Erschöpfung ließ ihn die Augen schließen, noch bevor sein Kopf das Kissen berührte. Decken raschelten, und sie schmiegte sich an seine Seite. Er legte einen Arm um sie und blieb still liegen, spürte ihren Atem, genoss ihre lebendige Nähe und ihre Finger in seinem Haar.
„Du und ich werden Rom von den Larvae befreien, Ruben. Und danach werde ich dir folgen, wohin immer du willst. Das schwöre ich dir.“
Der Schwur klang zu gut, um wahr zu werden. Seite an Seite würden sie untergehen, und ob daraus Frieden entstand, würden sie nicht mehr erfahren. Er war zu müde, um ihr jetzt zu widersprechen. Zudem redeten sie nicht zum ersten Mal darüber und
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