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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Jahrhunderten fortgestreichelt worden.
    „Das war das Herz meines Heiligtums“, sagte Selene und drehte sich langsam um sich selbst. „Der Granit ist hoffentlich hart genug, um Schäden für mein Haus zu vermeiden. Dich kann der Stein nicht schützen. Solltest du einen Fehler begehen …“
    „So wird er nur mich betreffen. Ruben wird mit dir nach oben zurückkehren.“
    „Das werde ich garantiert nicht.“
    Ruben nahm Selene das Licht aus der Hand. Ihre Ergänzung besaß einen eigenen, ausgeprägten Willen und hatte jedes Recht, bei ihr zu bleiben.
    „Ruben bleibt. Doch von dir erwarte ich das nicht. Ich habe nicht vor, das kostbare Dasein einer Ewigen in Gefahr zu bringen.“
    „Eine Göttin kennt keine Angst vor dem Erlöschen. Du beleidigst mich.“
    Selene zog sich an die Wand zurück und setzte sich im Schneidersitz auf den kalten Steinboden. Die Hände legte sie auf die Knie. Ruben gesellte sich zu ihr, während Aurora im Mittelpunkt des Runds blieb und die Sitzhaltung der Lamia nachahmte. Unter ihrem Gesäß schien das Gestein aus Eis zu sein. Es kroch an ihrem Rückgrat nach oben, bohrte sich in ihren Nacken und verursachte ein Ziehen in ihrer Wirbelsäule. Selene löschte das Licht. Sie saßen in einer Finsternis, die selbst die Augen des alten Volkes nicht durchdringen konnten. Für einen zähen Moment fühlte Aurora sich einsam und verlassen in einem Loch ohne Anfang und Ende. Ihr Sinn für Orientierung ging verloren. Wo lag die Treppe? Wo saßen Ruben und Selene? Die Lamia sprach in ihren beschleunigten Herzschlag hinein.
    „Zunächst wirst du atmen, dann dich erden.“
    „So hatte ich es geplant.“
    „Gut. Nun sei still und hör mir zu. Du wirst das Hexenfeuer rufen, ohne es loszulassen. Du wirst es halten und zurückholen in deinen Leib. Es wird zu viel sein, um alles in dich aufzunehmen. Verstehst du das?“
    Die Melodie der weichen, aus weiter Distanz dringenden Stimme, verlangsamte ihre Atmung und ihren Herzschlag. Die Silben wurden zu Wellen und schaukelten sie im leeren Raum. Sie wurde leicht.
    „Du kannst das Feuer nicht in dir behalten und musst es zurückleiten in den Kern allen Seins, hinab in die Erde zu den großenFeuern, die darin brennen. Du wirst deiner allgewaltigen Mutter Erde das zurückgeben, was du von ihr genommen hast. Wir werden es gemeinsam üben.“
    Das war es. Sie würde die Magie des Hexenfeuers zurück an ihren Ursprung führen. Nur wusste sie noch nicht, wie. Selene zeigte es ihr. Wort für Wort teilte sie ihr Wissen und machte Aurora zu einem Gefäß für ihre Energien. Keine Hexe vor ihr hatte in diesem Ausmaß von einer Lamia erfahren, wie man ein Nichts werden und gleichzeitig ein Alles sein konnte. Aurora wurde zu einem Gerüst aus Knochen, über das sich Haut spannte. Stark und schwach in einem lenkte sie das Hexenfeuer und wurde davon gelenkt. Hitze drang aus ihr nach außen und füllte das Rund mit einer Wärme, die Ruben einen scharfen Atemzug entlockte. Dann holte sie es zurück, presste die Hitze in ihren zum Gefäß gewordenen Körper. Es wurde immer mehr.
    „Gib es ab“, sagte Selene.
    Ihr Atem wurde schwer. Es war zu viel. Sie brannte, während ihr eigenes Element der Lüfte dagegen vorgehen wollte. Das Feuer züngelte durch ihren Magen in die Lungen, erfasste die Leber und die Nieren. Jede Faser, jedes Organ in ihr pulsierte. Sie drohte, zu verglühen im eigenen stockenden Blut. Obwohl sie die Hitze nach unten drückte, auf die Wurzeln zu, die sie in der allmächtigen Mutter Erde verankerten, wurde es nicht weniger. Immer mehr Hexenfeuer floss in sie zurück.
    „Ruben?“
    Hatte sie nach ihm geschrien oder war es ein Flüstern gewesen? Hatte sie seinen Namen am Ende nur gedacht? In der Dunkelheit konnte er ihre ausgestreckten Arme nicht sehen. Sie wusste nicht einmal, ob ihre Hände in seine Richtung tasteten. Furcht zündete in ihr. Sie durfte nicht loslassen. Sie wollte niemanden pulverisieren.
    „Ich bin hier.“
    Seine Stimme war ganz nah. Er nahm ihre Hände, verschränkte seine Finger fest mit ihren. An ihm hielt sie sich fest und in dieser Welt. Sie brauchte seine Kraft. Seine Stärke veredelte und stützte ihre Magie. Und plötzlich wurde ihr mehr als bewusst, der Pakt, der vor Jahrtausenden zwischen einer anderen Strega und einem schlichten Krieger im Wolfspelz geschlossen wurde, setzte sich nun in ihnen fort.

     
    Wärme strömte aus Auroras Händen und legte sich um Ruben. Ihre Berührung ähnelte einem Herdfeuer nach einem langen

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