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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Aufenthalt in der Winterkälte. Es war ungewöhnlich für eine Frau, die ständig unter kalten Füßen litt, doch nichts erklärte die helle Panik, in der sie ihn zu sich gerufen hatte. Obwohl sie dicht vor ihm saß, konnte er sie nicht sehen. Ihr Keuchen wurde lauter, ihr Griff glitt von seinen Händen, um seine Unterarme zu umfassen. Fingernägel bohrten sich durch sein Hemd. Sie hatte Angst.
    „Ruhig, ich bin bei dir“, versicherte er ihr.
    Er war ihr nah, aber er konnte nichts unternehmen. Er wusste nicht, was mit ihr geschah, und Selene gab keine Anweisungen mehr. An den Wänden zog ein Summen entlang und verdichtete sich.
    „Was ist mit dir, Aurora?“
    Sie wollte von ihm ablassen. Fest packte er sie, erlaubte ihr nicht, vor ihm zurückzuweichen.
    „Schmerzen. Es wird dir Schmerzen …“
    „Das ist mir gleich. Mach es, was immer es ist!“
    Unvermittelt schoss ein Stoß durch ihre Hände. Das Herdfeuer wurde zu einem Brand, Flammen schienen durch ihn hindurchzufegen. Die Hitze ging mit einem blauen Licht einher, das sich um sie legte und sich nach ihm streckte. Dann kam der Schmerz und er war froh, dass nicht sie es war, die ihn ertragen musste.
    Die Hitze wurde zu einer Streckbank, zerrte an seinen Gliedern, drückte seinen Brustkorb nieder und quetschte seine Lungen. Ein unsichtbarer Folterknecht schlug brennende Nägel in seinen Körper. Dicht an dicht, bis er glaubte, davon gespickt zu sein. Immer neue Flammennägel kamen hinzu, bohrten sich gnadenlos in sein Fleisch und kratzten an seinen Knochen. Schweiß brach aus seinen Poren. Er riss den Mund auf, ohne schreien zu können. Die Qual wollte ihm die Augen aus dem Kopf drücken. Die Flammennägel wurden zu Silber. Es kroch in sein Blut, wollte es mit seinem Gift versetzen und verätzte ihn. Abgehackt und rau füllte sein Atem die unterirdische Zelle. Schübe aus purem Silber flossen durch ihn hindurch und nahmen im Rückzug seine Kraft mit. Während der endlos wirkenden Tortur richtete er seine Sinne auf Aurora. Vor seinen Augen verwandelte sie sich. Sie war nicht von Licht umgeben, sie war das Licht. Es drang aus ihren Augen, ihrem Mund und ihrer Nase. Für den Bruchteil eines Lidschlags schien sie sich auflösen zu wollen.
    Dann gab es ein Geräusch, als würde Leinwand reißen, und es war vorüber. Die Finsternis kehrte zurück. Undurchdringlich. Noch immer hielt sie seine Unterarme umfangen und er ihre Ellbogen gepackt. Aus ihren Händen drang keine Hitze mehr in ihn, sondern eine Art Balsam, der die Pein linderte. Seine Kräfte flossen in ihn zurück. Kurz darauf schien nichts von all den Schmerzen stattgefunden zu haben. Einzig der herbe Geruch seines Schweißes blieb zurück. Er trocknete bereits auf seiner Haut. Schwer sank Aurora gegen ihn und richtete sofort wieder den Oberkörper auf.
    „Außerordentlich gut“, sagte Selene. „Ich hätte nicht gedacht, dass ein Werwolf dir dabei helfen kann, das Feuer zu kanalisieren. Bedenke jedoch, dass er nicht bei dir sein kann, wenn du dich den Larvae stellst. Du musst lernen, es ohne seine Hilfe zu vollbringen und seine Kraft in dir zu speichern, um sie im richtigen Moment hervorzulocken. Immerhin werden die Schmerzen dadurch für euch beide weniger. Nehmt das als Trost.“
    Aurora legte die Hand an seine Wange, berührte mit den Fingerspitzen seine Augenlider. Seine Wimpern waren feucht. Die Feuerfolter hatte Tränen in seine Augen getrieben.
    „Ich habe dir großen Schmerz zugefügt, Ruben. Das wollte ich nicht.“
    „Es war zu ertragen. Mir geht es gut.“
    Der Verlust jeglicher Kraft verkam zu einer vagen Erinnerung. Er hatte sogar den Eindruck, aus der Pein des Feuers gestählt und geläutert hervorgegangen zu sein. Er war ein Krieger und scheute vor Schmerzen nicht zurück.
    „Wir werden es wiederholen, bis du dich gewappnet fühlst, Aurora. Das ist alles, was ich dir gegen die Larvae mitgeben kann.“
    Sehen konnte er es nicht, aber er ahnte, dass Selene schmunzelte. „Nun, wenn das so ist, können wir sofort noch einmal von vorn beginnen.“

     
    Es hatte etwas Unwirkliches wie auch Endgültiges. Links und rechts von Selene standen Ruben und Tizzio. Die älteste Lamia des alten Volkes war eingerahmt von zwei Werwölfen, ohne den Versuch zu machen, ihre Feinde durch das Gift ihrer Fänge auszumerzen. Somit hatte Mica sein Ziel erreicht. Ein weiterer Schritt auf einen Frieden hin war gemacht, denn obgleich sie sich außerhalb Roms trafen, würde das alte Volk von dieser Zusammenkunft

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