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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Winter dar und nahm ihr Schicksal an.
    Gedanken an ihren Vater wisperten hinter ihrer Stirn. Hatte auch er, zwanzig Jahre zuvor, in dieser Haltung den Angriff der Larvae erwartet? Hatte ihr Vorfahre, Sebastiano, der Bucklige, diesen Moment vor sich gesehen, als er das Geheimnis des Hexenfeuers für die Gilde der Braglia niedergeschrieben hatte? Die Fragen und Gedanken zogen sich weit in sie zurück. Sie öffnete die Augen und wappnete sich.
    Die rennenden Gestalten waren jetzt nah genug, um sie unterscheiden zu können. Tizzio und Pico bildeten mit dem Rudel die Flanken. Einige Männer und Frauen hatten sich wohl vor Entsetzen über das, was ihnen dicht auf den Fersen war, in Wölfe verwandelt. Tizzio warf den Kopf in den Nacken. Sein abgehacktes Jaulen lenkte das Rudel auf die für sie bestimmten Gräben zu. Sie teilten sich und sprangen in die Deckung am Fuß des Hügels. Es sah aus, als habe die Erde sie verschluckt. Einzig vier Wölfe überhörten den Ruf, setzten über die Gräben hinweg und preschten in wilder Hatz auf Aurora zu. Weich trommelten ihre Pfoten auf den Boden. Die Körper gestreckt, die Ohren angelegt, schossen sie an ihr vorbei und verschwanden hinter ihr. Weder hatte sie die vier erkannt noch konnte sie sich davon überzeugen, ob sie schnell genug waren, um dem Hexenfeuer zu entgehen, sobald es ausbrach.
    Die aufkochende Hitze in ihr wollte sich nicht länger zügeln lassen, gierte danach, zu vernichten. Doch es musste warten, denn noch waren nicht alle in Deckung gegangen. Vier Personen stürmten auf den Graben auf halber Höhe des Hügels zu. Ein Sommeranzug in Vanille und Weinrot. Mica. Ein nachtblaues Gewand, umzüngelt von feuerrotem Haar. Selene. Eine schwarz gekleidete Silhouette, die ihr Haar unter einer eng anliegenden Kappe verbarg. Berenike. Und ein Mann in braunen Reithosen und mit klaffendem Hemd. Ruben. In einer Linie rannten sie auf den für sie bestimmten Graben zu und sprangen gleichzeitig hinein. Außer Ruben. Er verharrte hoch aufgerichtet an der Grabenkante. Panik umspülte Aurora, stieg zu einer Springflut an. Er durfte nicht dort stehen blieben. Ungeschützt. Sie konnte das Hexenfeuer kaum noch bändigen. Es wollte angreifen, versengen und zerstören. Ein wilder graugrüner Blick erfasste sie, während das Feuer ihre Poren zu Kratern erweiterte, aus denen es hervorbrechen konnte.
    Geh endlich in Deckung, schickte sie Ruben in Gedanken zu, doch da verschwand er bereits in einem Nebel aus Larvae. Arme kamen aus der Asche, streckten sich nach ihm, wollten ihn packen. Für einen Atemzug kam alles zum Stillstand. Aurora streckte die Hände vor.
    „Hier bin ich.“
    Der geflüsterte Gedanke holte die Larvae zu ihr. Nach Jahrhunderten des Suchens und Mordens hatten sie ihr Ziel vor sich. Die letzte Strega ihrer Widersacher rief nach ihnen, hieß sie mit offenen Armen willkommen. Eine bewegliche Wand flutete auf Aurora zu, Gesichter ohne Augen, aufgerissene Münder, gekrümmte Finger aus sirrenden Motten, verfestigten sich. Was dahinter lag, ob Ruben in den Graben gesprungen war, konnte sie nicht erkennen. Asche brannte in ihren Augen, Fäulnis stach in ihre Nase. Das Grau war überall und ließ sie erblinden. Ein dumpfes Summen verstopfte ihre Ohren. Motten lösten sich von den Gestalten, streiften ihre Wangen, ließen sich auf ihr nieder, wollten sie unter sich begraben. Münder weiteten sich, wollten sie einsaugen. Als die ersten feuchten Fäden ihr Gesicht trafen, sich das Webwerk der Larvae um sie legen wollte, zündete ihre Magie und das Hexenfeuer explodierte.
    „Vergebt mir und meiner Gilde“, hauchte Aurora, obwohl sie wusste, dass dieser Moment keine Vergebung in sich trug.

     
    Mica hatte ihn gepackt und in den Graben gezerrt. Ein weiteres kaputtes Hemd. Der Gedanke kam Ruben zusammenhanglos, während er benommen auf den langen Riss und die Fäden der abgesprungenen Hemdknöpfe starrte. Der Graben war nicht breit genug, um die Beine zu strecken. Sie hatten die Knie angewinkelt, stemmten die Füße an die gegenüberliegende Wand und mussten die Rücken krümmen. Über ihnen flirrten Larvae und verdeckten den Himmel.
    Berenike rammte ihren Ellbogen in seine Rippen. „Du Idiot hättest beinahe alles verdorben. Bleibst stehen wie festgefroren.“
    Noch immer sah er Aurora vor sich, eine schlanke, silbrige Gestalt in der Nacht, die Arme ausgebreitet. Über die Distanz hatte er ihr Gesicht erkannt und doch war es nicht ganz und gar ihr Gesicht gewesen, sondern die

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