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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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düster. Ein Wunder war geschehen, die Larvae und ihr Fluch erloschen im Hexenfeuer. Doch alles forderte seinen Preis. Womöglich den Preis eines Augenlichts. Ruben straffte sich, drückte Aurora fest an sich und kehrte sich von den anderen ab. Mit langen Schritten, das leichte Gewicht seiner Gefährtin ein Versprechen in seinen Armen, verließ er den Ort der Vernichtung.

10
     
    B
is sie Tizzios Palazzo erreichten, verwandelte sich das blendende Weiß vor Auroras Augen in Schlieren, als sei ein nasser Schwamm über ein Aquarell gezogen worden. Es erfüllte sie mit der Zuversicht, dass ihre Sehkraft zurückkehren würde. Womit ihre Angst weniger wurde, in Zukunft mit einem Blindenstock neben einem Alphawolf bestehen zu müssen. Ihre Erleichterung war groß genug, um sich an den wärmenden Schlieren des Kaminfeuers zu erfreuen, ebenso wie an den weitaus dunkleren Schlieren, die sie Möbelstücken zuordnete oder den Schlieren, die um sie herumwuselten. Die Aufregung galt ihr, und auch ein wenig dem Gestank, den sie mit in den Palazzo gebracht hatten.
    Eine Tasse wurde ihr in die Hand gedrückt, und ihre Nase wurde von Dampf und dem schweren Duft von Würzwein eingehüllt. Durstig trank sie. Um sie herum wurde geredet. Über das gleißende Licht des Feuers, über das Erzittern des Erdbodens, über den Regen aus Asche, der aus dem Himmel gefallen war. Einzig Rubens Stimme hörte sie nicht heraus. Stumm kauerte er vor ihr, ein Schemen, das einzig Sorge verströmte.
    „Lass mich deine Augen sehen.“
    Weit öffnete sie die Augen und sah ihn an. Außer dem Oval seines Gesichts, umgeben von einer schwarzen Wolke seines Haares, erkannte sie nichts. Trotzdem musste sie lächeln. Sie waren hier. Zusammen. Lebend. Und sie hatten eine Zukunft.
    „Es geht mir gut.“
    „Belüge mich nicht. Wie viele Finger siehst du?“
    Sie sah keine Finger, nur etwas, das eine Hand sein musste. Seine Hand.
    „Du hast noch alle Finger“, versicherte sie ihm. „Ich werde bald wieder sehen können und sie dann zählen.“
    Ein anderes Oval gesellte sich zu ihnen, eingefasst von roten Strähnen. An der Stimme erkannte Aurora Ophelia, eine reife Wölfin und erfahrene Jägerin. „Ich habe eine Salbe, die helfen könnte.“
    „Hol sie! Holt Decken und Wasser und etwas zu essen“, befahl Ruben.
    Noch mehr Aufregung setzte ein, während das Verlangte herbeigeholt wurde. Wasserschüsseln und schwere Krüge krachten auf Kommoden und Tische, Handtücher flappten, Käse und Brot wurden ihr in die Hände gedrückt. Als aus den Schlieren Formen entstehen wollten, hob Ruben ihr Kinn an und Ophelia schmierte eine dicke Schicht Salbe über Auroras Augen. Eine Binde ließ sie erneut vollkommen erblinden. Aurora beklagte sich nicht. Sie war eine wahre Strega, hatte die Larvae vernichtet und überlebt. Sie hatte Magie gewirkt und ihrer Gilde Ehre gemacht. Die Stimmen zogen sich zurück, Türen klappten und Stille senkte sich über das Zimmer. Im Kamin krachte ein Scheit. Die Ruhe und Wärme waren so anders als die Nacht, in deren Leere sie gewartet und gefroren hatte. Sie biss ein Stück von dem scharfen Käse ab und kaute andächtig. Der Geschmack schmolz auf ihrer Zunge.
    „Jetzt sind sie alle fort“, sagte sie zu sich selbst und kaute zufrieden vor sich hin.
    „Ich nicht, oder denkst du, ich lasse dich allein hier sitzen?“, sagte Ruben und zog die Stiefel von ihren Füßen.
    Er griff in ihre Hosenbeine und streifte ihre Strümpfe ab. Ihre Zehen krümmten und streckten sich. Es war schön, sich selbst zu spüren, in dem Wissen, das Hexenfeuer überstanden zu haben. Schon nestelte er an ihren Hemdknöpfen.
    „Verführst du mich nach vollbrachter Tat?“, fragte sie und kicherte.
    „Du bist über und über mit Asche bedeckt. Ich habe vor, dich zu waschen, Aurora.“
    Er nahm ihr den Käse und das Brot aus der Hand und schälte sie aus der Kleidung. Als er ihr die Hosen abgestreift hatte, hielt er inne.
    „Deine Knie zittern.“
    „Deine Stimme auch.“
    Kurz spürte sie den Druck seiner Stirn auf ihrer Schulter und legte die Hand in seinen Nacken.
    „Du hast mir deine Kraft gegeben, bist durch die Nacht gerannt und hast mich den ganzen Weg nach Rom zurückgetragen. Du musst sehr müde sein, Ruben.“
    Ohne etwas zu erwidern, zog er sich zurück. Wasser plätscherte in eine Schüssel. Kurz darauf berührte ein feuchtes Tuch ihr Gesicht, glitt über ihren Hals und zu ihren Schultern. Die Berührung war sanft, spendete Wärme und Geborgenheit. Der

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