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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Versteinerung einer Statue, aus der ein Licht hervordrang und deren Augen von einem Gleißen erfüllt waren. Sie war zu einer von heißer Luft umwaberten Strega geworden, ebenso wenig menschlich wie Vampire und Lamia.
    Mica zückte einen Handspiegel. Der Rahmen war aus Silber, der Griff aus Elfenbein. Leicht gekippt hob er ihn über die Grabenkante.
    „Lass die Hand unten! Du wirst brennen“, zischte Selene beunruhigt.
    „Ich will sehen, was geschieht!“
    Letztendlich wollten sie das alle. Sie rückten enger zusammen, um einen Blick in den Spiegel zu werfen. Ruben spürte den Druck von Berenikes Schenkel und Hüften an seiner Seite. Er war selbst so dicht an Mica gedrängt, dass die weichen Haare desVampirs seine Wange kitzelten. Vier Augenpaare richteten sich in den erhobenen Spiegel, der die Szene am obersten Punkt des Hügels wiedergab.
    „Hölle!“, stieß Ruben aus und wollte aufspringen.
    Micas Ellbogen krachte hart in seine Schulterbeuge und nagelte ihn am Grund des Grabens fest. Berenike schlug auf ihn ein. Die Wucht ihrer Hiebe durchbrach seine Furcht. Sie war übermächtig, jagte seinen Puls in die Höhe und sorgte für einen Schweißausbruch. Aurora war im Spiegel nicht zu sehen gewesen. Eine graue Masse hatte sich wie zäher Teig um sie geschlossen.
    „Ich muss zu ihr!“, brüllte Ruben.
    Berenikes Zugriff wurde stählern, während Mica eine Hand in seinen Nacken grub und mit der anderen den Spiegel hielt.
    „Niemand kann ihr beistehen“, hörte er Selenes Fauchen. „Sie muss es aus eigener Kraft bewäl…“
    Es geschah in rasender Geschwindigkeit. Der Spiegel flog aus Micas Hand und zerbarst vor ihren Augen zu Pulver. Gleichzeitig ging ein Ruck durch das Erdreich und ließ Rubens Magen absacken. Ein Dröhnen verschloss sein Gehör und machte ihn taub. Licht gleißte über sie hinweg. Gemeinsam warfen sie sich herum, schützten ihre Augen mit den Unterarmen. Bevor sein Verstand begreifen konnte, dass das Hexenfeuer explodiert war, war es schon vorbei. Es hatte nur einen Herzschlag gewährt. Reglos blieben sie im Graben liegen, niedergeschmettert von dem Absacken eines kurzen Bebens. Selene bewegte die Lippen, Mica gab Antwort. Ruben konnte sie nicht verstehen. Seine Taubheit hielt an. Berenike erhob sich als erste und wies zum Fuß des Hügels. Vorsichtig rappelten sie sich auf.
    Die roten Wölfe, ein ganzes Stück weiter entfernt von dem Geschehen, hatten sich schneller erholt und waren bereits aus ihrer Deckung ins Freie geklettert. Aufgerissene Münder, lachende Gesichter inmitten des bestialischen Gestanks herabregnender Ascheflocken. Sie waren so weiß und rein wie frisch gefallener Schnee. Die Männer und Frauen, einige nackt, fassten sich an den Händen und führten einen irrwitzigen Reigen auf. Tizzio riss die Faust gen Himmel.
    „Wir haben gesiegt! Ein Sieg der roten Wölfe!“
    Tizzios Triumphschrei war das Erste, das Ruben hören konnte. Selenes glockenhelles Lachen mischte sich in den Jubel des Rudels.
    „Er heimst die Ehre des Sieges für sich ein, dieser Narr.“
    Ruben lachte mit ihr. Ob Tizzio die Tatsachen nach seinen Gunsten bog oder nicht, war einerlei. Es war alles gut gegangen und nur das zählte für ihn. Erleichterung löste die Verhärtung seiner Schultern. Er drehte sich um, erwartete, Aurora auf der Erhebung zu erblicken, so wie er sie zuletzt gesehen hatte. Sein Lachen erstarb. Da war niemand. Nichts! Nur ein Berg aus weißer Asche, ein Scheiterhaufen der Zerstörung. Sie hatte stets Angst vor dem Feuer verspürt, vor einem Scheiterhaufen, auf den die Menschen sie führten, um wie einige ihrer Vorfahren darin zu brennen. In ihm kam alles zum Erliegen. Der Freudentanz der Wölfe war eine Farce. Es gab keinen Grund zur Freude.
    Ruben zog sich aus dem Graben, landete auf dem Bauch und blieb liegen. Er besaß nicht die Kraft, sich aufzurichten. Neben ihm waren derbe Flüche zu hören, Füße trafen am Boden auf und eilten an ihm vorbei. Immer mehr wurden es, die links und rechts von ihm über den Graben setzten und den Hügel hinaufrannten. Stimmen. Aufgewühlt. Gellend. Die Worte ergaben keinen Sinn. Nichts ergab einen Sinn. Er hatte seine Gefährtin verloren. Aurora war nicht mehr.
    Ein hartes Aufschluchzen presste sich aus seiner Kehle. Er schob sich über den Boden, gelangte auf die Knie. Den Blick auf den Aschehaufen gerichtet, zog er einen Dolch aus der Scheide am Gürtel. Silber versengte seine Fingerkuppen, als sie die Klinge streiften. Die Beine und Rücken

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