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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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beschwichtigen. Hoffentlich gehörte Ruben zu den Letzteren. Sie schob den Riegel vor, nachdem Tizzios Schritte verklungen waren. An die Tür gelehnt drehte sie sich um. Langsam. Behutsam. Er war gewaltig. In Wolfsgestalt hatte er sich erholen wollen, und war aus dem Schlaf geschreckt worden. Noch immer stand er auf dem Bett, den breiten Kopf leicht geneigt und vorgereckt, aber sein Knurren versiegte und sein Fell begann, sich zu glätten. Sie lächelte.
    „So siehst du also aus, Ruben de Garou.“
    Jede Regung war aus ihrem Tonfall herauszuhören. Er spitzte die Ohren, hob den Kopf und wedelte mit dem Schweif. Beiläufig, um nicht zu viel von seinem Stolz zu verlieren.
    „Ich bin beeindruckt. Du hast mächtige Pfoten.“
    Die Ohren spielten, er gab ein besänftigendes Grunzen von sich. Eine rosige Zunge schnalzte über seine Nase. Wäre der Umgang mit dem Mann Ruben nur auch so einfach. Sie trat näher. Er mochte sie. Das erkannte sie an seinen geblähten Nüstern und daran, dass er sich setzte. Sie gesellte sich zu ihm und sank auf die Bettkante.
    „Nun, ich weiß nicht, was werden soll. Ich wollte fort, zurückkehren nach Santa Susana. Dabei habe ich noch nicht einmal gefrühstückt.“
    Der Wolf war Ruben und gleichzeitig war er mehr. Die Distanz war aus seinen Augen verschwunden, hatte der Unschuld eines Tieres Platz gemacht. Kein Mensch, keine Hexe konnte sich dessen rühmen. Den Wölfen lag Grausamkeit fern. Sie verlangten nicht danach, ihresgleichen zu fesseln und ins Wasser zu werfen, wo sie ertranken. Sie steckten niemanden in mit Nägeln gespickte Fässer und rollten ihre Opfer durch die Straßen. Sie wollten keinen auf dem Scheiterhaufen brennen sehen. Ihre Beute und ihre Feinde töteten sie schnell und aus Notwendigkeit, ohne zusätzliche Pein zu verursachen. Es war ihr stets leicht gefallen, sie zu lieben, weil selbst ein Wolf wie Tizzio Zuneigung anerkannte, ohne sie zu hinterfragen, ohne Bedingungen daran zu knüpfen.
    Das Bettzeug raschelte. Ruben drehte sich mehrmals um die eigene Achse, drückte ein Kissen mit den Pfoten platt und rollte sich darauf zusammen. Ein viel zu kleines Kissen für einen so großen Wolf. Sein Schweif legte sich über seine Schnauze. Zuerst glaubte Aurora, ein Wolf in einem Bett trage die Schuld daran, dass sie befremdet war. Dann jedoch erinnerte sie sich an ihre Kindheit. Natürlich besaß jeder Angehörige aus Tizzios Rudel ein eigenes Bett, aber wenn sie sich verwandelten, schlief kein Wolf für sich allein. So oft hatte sie vor einem wahren Teppich aus Wolfspelz gestanden, eng aneinandergedrängte Leiber, in die sie sich hineingezwängt hatte, um dazuzugehören. Sie brauchten hin und wieder diese Gemeinschaft. Es schmiedete sie zusammen. Ruben war nicht darin eingebettet. Er war einsam, und das traf sie. Ihr Herz wurde eng.
    Sanft legte sie die Hand auf seinen Kopf. Er schloss die Augen. So war das also. Ruben gehörte zu den Wölfen, die sich anfassen ließen. Wer hätte das gedacht? Der Wolf war zutraulich, wo der Mann zurückgewichen wäre. Ihre Finger versanken in seinem Pelz. Weich und dicht war er. Unter ihrem Streicheln blinzelten seine geschlossenen Augen. Mit den Pfoten schob er sich über das Laken, drückte sich an ihre Seite. Ein schweres, warmes Gewicht, das ihr die Entscheidung abnahm.
    „Ich muss wahnsinnig sein“, hauchte sie.
    Ihr Selbstschutz ging verloren wegen eines schlafenden Wolfes. Die Stimme in ihr hatte sich durchgesetzt. Sie würde nicht nach Santa Susana zurückkehren. Gleichgültig, was sie damit herausforderte, sie würde sich an ihren Eid halten.

     
    „He! Bist du wach?“
    Blei schien sich auf ihren Lidern abgelagert zu haben. Berenike fiel es schwer, sie zu heben. Weshalb musste Saphira immerzu reden? Ihr panisches Wispern war enervierend.
    „Hör mal“, zischelte es aus dem gegenüberliegenden Kokon. „Meine Finger sind blau, ich spüre meine Arme nicht mehr.“
    Berenike betrachtete ihre eigenen Hände. Soweit sie sehen konnte, waren sie nicht verfärbt. Nur die Nägel waren gesplittert, weil sie am Kokon gekratzt hatte. Bewirkt hatte es nichts. Seitdem suchte sie nach Lücken, irgendeinem Schwachpunkt im Gewebe, durch den ihre Signale dringen konnten. Ihre stummen Rufe galten ihrer Mutter. Sie wusste, dass Selene nach ihr suchte. Nach ihr suchen musste. Doch ihre Gedankenkraft konnte das Netz aus Fäden nicht durchdringen. Sie prallte daran ab und schlug zurück in ihren Schädel. Von Hass erfüllt stierte sie auf den

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