Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
Vom Netzwerk:
Schwimmzüge. Ohne die elegante Linie, die sein Körper unter Wasser beschrieb, weiter zu beachten, watete sie zurück ins Trockene.
    Als er die Treppe erreichte, war sie versucht, ihm den Harkenstiel auf den Kopf zu schlagen, aber da er auch ohne diese Maßnahme auf den Bauch platschte, unterließ sie es. Angestrengt keuchte er, halb im Wasser liegend, halb im Trocknen. Weshalb stand er nicht auf? Sie kauerte sich neben ihn.
    „Was denkt Ihr Euch eigentlich, Ruben?“
    Schwerfällig hob er den Kopf. Von seinem bärtigen Kinn fielen Tropfen zu Boden. Aus seinem Haar flossen schmale Rinnsale und bildeten Pfützen. Kleine Augen, die Ränder gerötet, blinzelten zu ihr auf.
    „Aurora?“
    Seine Stimme war rau, als habe er die ganze Nacht getrunken und gebrüllt. Das war nicht der Mann, der sie im Kloster überrascht hatte und auch nicht der elegante Bräutigam. Vor ihr lag ein Wrack. Sie strich sein Haar zurück.
    „Was ist Euch zugestoßen? Seid Ihr verletzt?“
    Wortlos legte er den Kopf zurück auf die Steinfliesen. Er musste verletzt sein. Ein Werwolf, der nicht aufstehen konnte, musste sogar schwer verletzt sein. Auf den ersten Blick entdeckte sie keine Wunden. Sie musste ihn ins Trockene bringen, unter warme Decken.
    „Ihr könnt hier nicht liegen bleiben, Ruben.“
    In seinem erstickten Seufzer schwang Verzweiflung mit. Schlaff blieb er liegen. Sie legte die Harke beiseite und packte ihn unter den Achseln, um ihm aufzuhelfen. Ebenso gut hätte sie sich mit einem Granitblock abmühen können.
    „Wollt Ihr warten, bis die anderen erwachen und Euch so sehen?“
    Ihre Frage wuchtete ihn auf Hände und Knie. Er stemmte sich auf, gelangte auf die Füße und schwankte. Bevor er wieder einknicken konnte, schob sie seinen Arm über ihre Schultern und stützte ihn. Gemeinsam torkelten sie auf den Palazzo zu. Bei jedem Schritt schmatzte das Wasser in seinen Stiefeln. An der Treppe löste er sich von ihr, drückte das Kreuz durch und platschte die Stufen hinauf. Aurora sah ihm nach. Ihr Haar war feucht, ihre Strümpfe nass und ihre Haut klamm. Wenn schon keine Erklärung, so hatte sie wohl eine Entschuldigung verdient. Am oberen Absatz drehte er sich zu ihr um.
    „Ihr könnt meine Gedanken nicht lesen, nicht wahr?“
    „Nein, das kann ich nicht“, gab sie zu.
    „Gut“, murmelte er und ging davon.
    Obwohl es außer einer Schleifspur aus Wasser nichts mehr zu sehen gab, blieb Aurora stehen. Sie rieb über ihre Stirn. Der stechende Kopfschmerz blieb. Ruben de Garou hatte sich zu einem Dilemma ausgewachsen. Ein Werwolf, der ins Wasser fiel und dann Mühe hatte, eine Treppe zu erklimmen, war nicht nur tragisch, sondern schwach. Um ihr beizustehen, reichte ein athletischer Wuchs nicht aus. Es brauchte Geistesgegenwart, blitzartige Reaktionen und starke Nerven. Nichts davon hatte sich am heutigen Morgen an ihm gezeigt. Ruben war kein Ehemann, sondern ein Risiko. Das Brennen ihrer Augen nahm zu, bis das Mosaik am Boden zerfloss. Sie biss die Zähne aufeinander, wollte nicht weinen, die Enttäuschung nicht zulassen. Ihre Rückkehr in die Welt war nur ein Ausflug gewesen. Tizzio musste eingestehen, dass ihre Abmachung hinfällig geworden war. Er hatte seinen Teil nicht erfüllt, und sie würde zurückkehren hinter die Mauern von Santa Susana.

     
    „Ich weiß nicht, was du dir zusammenfantasierst! Garou ist der Sohn eines großen Kriegers. Unter den Sippen wäre Juvenal ein Fürst, würden Titel uns etwas bedeuten. Ruben hat etliche Kämpfe siegreich geschlagen. Und du nennst alles einen Irrtum? Ich lasse mich nicht für dumm verkaufen, Aurora. Du hast einen Eid geleistet und dich an ihn gebunden. Das verpflichtet dich. Also komm mir nicht mit deinen albernen Ausreden.“
    Es fehlte nicht viel, und Tizzio würde anfangen zu geifern. Um nicht in das vor Zorn verzerrte Gesicht blicken zu müssen, in dem eine schlaflose Nacht Spuren hinterlassen hatte, richtete sie ihr Augenmerk auf seine Halskuhle. Aus dem Spalt des Morgenmantels sprossen Borsten aus rotem Haar. Vermutlich war sein ganzer Körper davon bedeckt. Tizzio giftete weiter.
    „Ich habe dich nicht gezwungen, den Schwur deiner Hexengilde abzulegen. Es war dein eigener Entschluss. Der Eid einer Hexe ist heilig. Leugne es nicht. Oder willst du behaupten, er sei ohne Bedeutung?“
    „Nein.“
    Nichts wollte sie leugnen oder behaupten. Eine Strega sollte sich vor Schwüren hüten, seien es nun falsche oder ernst gemeinte. Mit einem Eid musste ebenso sorgsam umgegangen

Weitere Kostenlose Bücher