Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
sprechen. Ja, das will ich!“
„Das wirst du in keinem Fall. Halte dich von Selene fern“, widersprach Ruben.
„Sag du mir nicht, mit wem ich reden darf und wen ich um Unterstützung bitte. Deine Ansichten über mich helfen mir nämlich nicht im Geringsten weiter.“
Auf dem Absatz vollführte sie eine knappe Drehung und rauschte davon. Ihr war übel und sie brauchte Schlaf. Vielleicht würde ihr ja ein Traum verraten, wie sie dem Fallstrick entgehen konnte, ohne sich dabei zu strangulieren. So etwas sollte es schon gegeben haben. Bei Hexen, die etwas von ihrem Handwerk verstanden.
„Mein Besuch in Rom konfrontiert mich mit Erfahrungen, auf die ich keinen Wert lege, Garou. Für dich mag es ein Nervenkitzel sein, vom Jäger zum Gejagten zu werden. Nachdem du das Spielzeug einer Lamia warst, scheint dir keine Schmach zu groß. Für mich hingegen ist es untragbar, vor einem Mottenschwarm die Flucht ergreifen zu müssen.“
Ohne eine Regung zu zeigen, nahm Ruben de Garou Micas Beleidigung hin. Er brachte sogar ein Lächeln zuwege, das aus seiner Bosheit eine kindische Anwandlung machte, und zeigte dadurch ein Naturell, das bei einem Alphawolf selten gegeben war. Trotz seiner Jugend war der Werwolf schwer einzuschätzen. Noch konnte Mica kein Muster in seinem Verhalten ausmachen.
Das war besonders unangenehm, da er auf Ruben angewiesen war, und das in einer Sache, in der er auf Einmischung gerne verzichtet hätte. Sein Selbstvertrauen prädestinierte Ruben zum Leitwolf eines großen Rudels, doch er zog es vor, seine Kreisedurch fremde Reviere zu ziehen und Ärger auf sich herabzuschwören. Allen Traditionen seiner Sippe entsagend, hatte er nichts zu verlieren. Mehr noch schien er Sehnsucht nach dem Tod mit sich herumzutragen, denn was sonst sollte hinter seiner Bereitwilligkeit stecken, sich auf Selene einzulassen? Seine Tollkühnheit machte ihn unberechenbar.
„Konntest du dein Anliegen vorbringen?“, erkundigte sich Ruben im Plauderton.
„Zu diesem Zeitpunkt von einem Frieden zu sprechen ist unmöglich. Außer Berenike ist für meine Mutter nichts von Belang. Wir müssen meine Schwester finden, bevor Selene sich einen Schuldigen sucht, an dem sie ihre Rage auslassen kann. Es wird die roten Wölfe treffen, und das wird die Runde machen. Die Vampire in Paris würden es für ein Zeichen halten, das sie in ihrer Absicht bestätigt. Anstelle eines Friedens würde es zu blutigen Kämpfen kommen.“
„Ich werde mit Tizzio reden. Cassian ist der Ansicht, ein anderer Alphawolf könne ihn am besten überzeugen.“
„Tizzio! Es geht mir nicht um ihn. Er war nie dazu bestimmt, die roten Wölfe anzuführen. Seit sein Bruder tot ist, hat keiner von ihnen den Versuch unternommen, die Villa anzuzünden oder Selene herauszufordern. Tizzio ist nicht Enzo. Er hat zu große Angst, sein Territorium an eine Lamia zu verlieren. Ich bin einzig hier, damit die älteste Lamia meines Volkes für mich spricht.“
„Verstehe, du benötigst demnach meine Unterstützung nicht.“
Jede Spur von Ungeduld fehlte in diesem trockenen Kommentar. Ruben wusste, dass er ihn sehr wohl brauchte, nach allem, was vorgefallen war. Er hatte direkten Zugriff auf die Hexe. Mica sah ihm in die Augen. Die Läden waren zugezogen, um das Tageslicht abzuhalten. Dafür brannten genügend Kerzen, um das Atrium taghell zu erleuchten. Trotzdem waren die Pupillen des Wolfes unnatürlich weit. Was lag bei ihm im Argen? Und vor allem, welche Folgen konnte es für ihn selbst haben?
„In der Tat kommt mir keine Aufgabe in den Sinn, die ein Wolf erfüllen könnte. Meine Mutter würde wohl kaum auf eine Liebschaft hören, die sie schon wieder vergessen hat. Selbst ich dringe nicht zu ihr durch. In den Nächten verlässt sie die Villa und findet bei ihrer Suche nach Berenike nicht einmal mehr die Zeit, sich an Quellen zu laben. Nun, zumindest das ist ein kleiner Trost für mich.“ Mica wies zur Decke. „Ihre Tage verbringt sie auf der Dachterrasse und schläft. Die einzige Möglichkeit, um für einige Stunden Vergessen zu finden. Also nein, ich benötige deine Unterstützung nicht. Es sei denn, du hast Nachricht aus Paris erhalten.“
Ruben schüttelte den Kopf. „Keine Nachrichten sind gute Nachrichten. Cassian wird leicht mit einigen aufmüpfigen Vampiren fertig.“
In einer auffallend trägen Bewegung nahm er sein Glas und nippte daran. Seine Augen blickten unfokussiert. Sofern überhaupt etwas in ihm vorging, entzog es sich Mica.
„Im ersten
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