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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Beispiel. Seitdem gehen sie ihre eigenen Wege. Wusstest du das?“
    „Ja.“
    Natürlich wussten die Wolfssippen alles über ihre Feinde. Sie waren geboren, um das alte Volk aufzuspüren und zu töten. In den Anfängen dieser Jagden waren die Krieger eine Schar von Männern und Frauen, die den Vampiren und Lamia den Kampf ansagten. Einfache, obgleich todesmutige Kämpfer, deren Rüstungen Wolfspelze waren. Erst mit der Geburt von Luna war ein Gleichgewicht der Kräfte hergestellt worden. Ihre Nachkommen hatten jede Information über das alte Volk gesammelt ebenso wie die Hexengilden. Einzig die Menschen hatten vergessen.
    Ihr Blick schweifte über die lang hingestreckte Gestalt. Aurora kniff die Augen zusammen, da der Wind winzige Widerhaken aus Kälte in ihr Gesicht schlug. Je dunkler sich der Himmel verfärbte, desto bleicher wurde Selenes Haut. Sollte Ruben wortkarg bleiben. Sie würde mit ihrer eigenen Stimme vorliebnehmen, solange sie das mulmige Gefühl in ihrem Inneren in Schach hielt. Sie zitierte aus dem Grimoire.
    „Das alte Volk entzweite sich. Die Götter verloren ihre Herden, und die Herden vergaßen ihre Götter. Feigheit nannten die Lamia den Sinneswandel der Vampire. Während die einen dem Kodex des Goldenen folgten, nahmen die anderen den Blutquellen weiterhin das Leben. So wurde uneins, was eins sein sollte.“ Sie wartete, ob Ruben dazu etwas sagen wollte. Er hatte den Kopf gedreht und blickte über die Dächer von Rom. Die ersten Lichter schimmerten in den Fenstern auf, kleine helle Kleckse in der Dämmerung. „Das war der Anfang vom Ende“, fuhr sie leise fort. „Seitdem schrumpft das alte Volk. Soll ich dir sagen, weshalb?“
    „Ich weiß, weshalb.“
    Dennoch sagte sie es. Solange sie redete, musste sie dem Pfeifen des Windes um die Hausmauern nicht zuhören. „In den Fängen der Lamia sitzt ein Gift. Seit ihr Volk gespalten ist, setzen sie es nicht nur bei ihren Blutquellen ein, sondern auch bei den Vampiren, die auf die Idee verfallen, Nachkommen mit ihnen zu zeugen. Nun ja, Selene scheint einen Vampir gefunden zu haben, der das Wagnis einging. Ob er es überlebt hat?“
    Ruben drehte sich wieder ihr zu. „Vermutlich nicht.“
    „Die Vorstellung, wie zwei mächtige Geschöpfe aufeinandertreffen, um sich im Akt der Zeugung zu töten, ist monströs. Wie sie sich wohl fortpflanzen?“ Seine Lippen wurden schmal. Er wollte sich so etwas wohl nicht vorstellen. Kein Wunder, das alte Volk entsprach keinem Naturgesetz. Es alterte nicht, es verging nicht, es gehörte nicht zu den Kindern der allgewaltigen Mutter Erde. „Bestimmt geht es nicht auf natürliche Weise zu“, schloss sie ihre Überlegung ab. Sinnend wischte sie ihre Nase. Sie wusste sehr wenig darüber. Das Grimoire war zu kostbar, um natürliche Vorgänge darin festzuhalten, und Tizzio hatte ein großes Geheimnis aus der körperlichen Liebe gemacht. Trotz eingehender Nachforschungen war ihr wenig in ihrer Kindheit offenbart worden. Stumme Verständigungen, denen kurz darauf ein Rückzug hinter verschlossene Türen folgte, gelegentliche Geräusche,mehr hatte sie nicht aufgeschnappt. Anhand der Laute, die sie belauscht hatte, war sie letztendlich zu dem Schluss gelangt, die körperliche Liebe sei mit großer Anstrengung und geringer Freude verbunden. Somit hatte sie die Sache nicht weiter verfolgt. Durch das Studium einschlägiger Gemälde aus Tizzios Kunstsammlung wusste sie, dass zwischen den Beinen der Männer etwas saß, das den Frauen fehlte. Eine Art Wurmfortsatz. Sie schnäuzte sich dezent und musterte Ruben über das Tuch hinweg. Garantiert würde er wie Tizzio ihre Fragen abschmettern.
    „Das alte Volk besteht aus Mördern“, sagte er verächtlich. „Anstatt hier herumzustehen, wäre es meine Pflicht, sie auszulöschen. Ohne Selene wäre die Welt ein besserer Ort.“
    „Über die Hexengilden wird das ebenfalls oft behauptet. Selene folgt ihrer Natur. Sie hält an ihrem einmal eingeschlagenen Weg fest, weil sie keinen anderen kennt. Darin gleicht sie den Hexen.“
    „Du hast absolut nichts mit ihr gemein. Du solltest überhaupt nicht hier sein.“
    Sie legte den Kopf in den Nacken. Die Wolken waren kaum noch am dunklen Firmament zu erkennen. „Gewiss hatte mein Vater eine andere Zukunft für mich im Sinn. Nach all den Verlusten war ich für ihn die Hoffnung auf einen Neuanfang. Er hätte sich nicht gewünscht, dass ich neben einer Lamia sitze, sondern in der Sicherheit meines Hauses, umringt von einer Kinderschar,

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