Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
Moment hielt ich mein Eintreffen in Rom für schlecht gewählt. Jetzt jedoch halte ich es für ein glückliches Zusammentreffen. Die Larvae spielen mir in die Hände. Sie zwingen eine Lamia zur Zusammenarbeit mit einem Werwolf. Und ich werde dafür sorgen, dass es in ganz Europa bekannt wird. Bei Selene wird es mehr bewirken als jedes Wort über einen Frieden, der ihr persönlich keine Vorteile einbringt. Gemeinsame Interessen schweißen zusammen. Wenn das ausgestanden ist, wird sie mir in allem zustimmen. Vorausgesetzt, wir finden Berenike und die Gefährtin des roten Wolfs lebend. Muss ich betonen, dass der Ausgang unseres Vorhabens von der Strega abhängt?“
Zum ersten Mal, seit er eingetreten war, zeigte Ruben einen Hauch von Emotion. Eine Bewegung seiner Wimpern, ein unmerkliches Kräuseln seiner Unterlippe und eine Spur von Wildheit in seinen vereisten Augen.
„Aurora kann nichts ausrichten. Das hat die vergangene Nacht gezeigt.“
Bedächtig drehte Mica den Stiel seines Glases in den Fingern. „Letzte Nacht hat sie mir einen Schlag versetzt, ohne mich zu berühren. Es war Magie, und sie war nicht angenehm. Sie hat Potenzial, und Selene hegt großen Respekt für ihre Gilde. Die Tradition der Braglia ist sehr alt, ihre Wurzeln reichen bis in das Römische Reich zurück. Zu ihrer Zeit standen sie an der Spitze der Hexengilden, war dir das bewusst? Sie waren so hoch aufgestiegen, dass sie von ihren eigenen Leuten wie von den Sterblichen gefürchtet wurden, obwohl nicht aus denselben Gründen. Selene sagte mir, dass der Fluch der Larvae von einer Braglia gewunden wurde, die anderen beiden Strega waren lediglich Handlanger, die ihre Magie verstärkten. Angeblich kann daher nur eine Braglia den Fluch brechen.“
„Nun, ich teile seit Kurzem meine Zimmer mit Aurora. Glaub mir, sie kann nichts beenden. Sie hat große Angst.“
Interessant. Ruben de Garou wurde hitzig. Mica schmunzelte in sich hinein. Jeder hatte einen wunden Punkt. „Angst kann eine gewaltige Triebfeder sein. Weshalb bist du hier? Etwa in der Hoffnung auf ein weiteres Schäferstündchen? Diesmal eventuell mit mir?“
Der abrupte Themenwechsel schockierte den jungen Alphawolf nicht. Vielmehr schien er in den Tiefen seines Verstandes nach dem Sinn hinter dem Angebot zu schürfen. Als er ihn schließlich fand, grinste er. Sein Bruder Cassian wäre Mica ohne großes Federlesen an die Kehle gegangen. Schon um der Ehre willen. Ruben begnügte sich mit einem impertinenten Hochziehen einer dunklen Augenbraue. Wahrlich, selten war Mica über eine so große Versuchung gestolpert. Es wäre eine Herausforderung, diesen Werwolf in rohe Ekstase zu versetzen, nur um diese in Ketten zu legen und ihn in den Wahnsinn zu treiben. Sein Blut würde fantastisch schmecken. Leider war es unmöglich, dieser Verlockung nachzugeben. Es sei denn, Ruben würde sich freiwillig dazu hergeben.
„Du willst mich?“, fragte Ruben provokant.
Die Frage überraschte Mica. Eindeutig hatte er es mit einem Lebensmüden zu tun. „Ich wäre nicht abgeneigt.“
Absichtlich langsam legte Ruben die Arme auf die Rückenlehne der Liege und spreizte leicht seine langen Beine. Mit einem verruchten Lächeln bot er sich an. Allerdings zeigte er dabei seine Zähne, und an diesen hatten sich die Fänge herausgebildet. Zwei scharfe Spitzen im oberen und zwei im unteren Kiefer.
„Einer von uns würde das Techtelmechtel nicht überleben, Mica.“
„Und dir ist gleichgültig, wer das ist.“ Mica lehnte sich vor. „Ich würde deine Antwort für amüsant halten, doch leider ist deine Neigung für unabwägbare Risiken ein Problem, denn kein einzelner Alpha ist stark genug, um einen Vampir meines Alters zu überwältigen.“
In den Wolfsaugen flackerte Silber auf. Ruben schloss den Mund, verbarg seine Reißzähne und ließ das Thema fallen.
„Aurora möchte sich mit Selene treffen. Tizzio gewährt deiner Mutter freien Zutritt in seinen Hort.“
„Meine Mutter wird sich gebührend geehrt fühlen. Selbstverständlich wird sie nicht kommen.“
„Aurora wird die Villa einer Lamia nicht betreten.“
„Du solltest diese Entscheidung deinem Schützling überlassen. Ohnehin habe ich den Eindruck, dass dein Einfluss auf sie größer sein könnte. Meiner wäre es.“
Abrupt stand Ruben auf. Seine Bewegungen waren abgehackt. Er donnerte sein Glas auf ein Tischchen. „Sie wird sich auch von dir nicht beeinflussen lassen. Ich bringe sie hierher, doch kommst du ihr zu nahe, wirst du es
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