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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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die die Gaben der Braglia in sich trägt.“
    Leise seufzte sie. Ihr Vater hatte nicht mehr erfahren, dass sein einziges Kind ein denkbar schlechter Hoffnungsträger war. Ohne einen Lehrmeister hatte sie keine Ahnung, woran sie sich orientieren sollte. Ihre Entscheidungen wurden von Eingebungen diktiert, und diese waren keineswegs zuverlässig. Die Summe ihrer bisherigen Entschlüsse hatte sie bisher nur davon überzeugen können, dass ihre Hexengabe gering war. Und doch saß sie hier und wollte sich ihrer Pflicht stellen.
    „Hast du dich je gegen dein Schicksal aufgelehnt?“
    Bei der Frage horchte Ruben auf. Über sein Gesicht huschten etliche Regungen, ohne dass eine lange genug verweilte, um gedeutet zu werden. Wieder einmal beschränkte er sich auf eine wortkarge Antwort. Seine Stimme war heiser.
    „Ja.“
    Sie nickte. „Dann weißt du, dass das Schicksal uns von hinten überrollt, sobald wir ihm den Rücken kehren und davonlaufen wollen. Deshalb werde ich mich ihm stellen. Das Grimoire hat mir ein Zeichen gegeben, es weist mir einen Weg. Wenn ich diesen gehe und überleben will, brauche ich das alte Wissen einer Lamia.“
    Eindringlich sah er ihr in die Augen. Zum ersten Mal spürte sie die Verbundenheit, die zwischen ihr und dem Wolf entstanden war. Ihr langer Blickwechsel erfüllte sie mit Zuversicht. Er verstand sie, wusste, wovon sie sprach und würde ihr beistehen. In diesem Moment des stummen Einverständnisses bewegte sich Selene. Ihr Oberkörper schnellte empor, sie schlug die Augen auf. Es kam so plötzlich, dass Aurora zusammenfuhr und einen Satz machte. Die Lamia war aus ihrem Todesschlaf erwacht und sofort gegenwärtig. Ihre erdbeerroten Lippen wölbten sich zu einem Lächeln voller Liebreiz.
    „Aurora Braglia“, säuselte sie und neigte grüßend den Kopf. „Ich habe dich erwartet. Sei mir willkommen in meinem bescheidenen Hort, Strega.“

     
    „Die Larvae …“, sinnierte Selene und fasste ihre opulenten Locken im Nacken zusammen. „Die Schaulustigen am Tag der Hinrichtung bekamen von den Vorgängen auf dem Scheiterhaufen nichts mit. Ein Feuer kann laut werden, und für Isabella Conti, Desideria Fallone und Mafalda Braglia brannte es besonders hoch. Ihre letzten Worte wurden von den Wenigsten vernommen. Da waren natürlich die Priester und der Henker mit seinen Gehilfen, aber ich glaube nicht, dass sie das Gehörte weitertrugen. Erst zwei Jahre später verstarben innerhalb weniger Wochen die neu gewählten Oberhäupter der Hexengilden Conti und Braglia. Sie glaubten zunächst an einen weiteren Akt der Rache. Als sie begriffen, dass ein Fluch gewunden worden war und dieser auf sie zurückfiel, war das Unglück bereits weit fortgeschritten. Die Larvae holten sich die mächtigsten Strega zuerst und schwächten dadurch die Gilden.“
    „Schwarze Magie fällt stets auf ihre Anhänger zurück. Die drei Strega müssen es gewusst haben. Aber ihr Hass auf die Verräter war so groß, dass sie es wohl verdrängten. Seitdem leiden Unschuldige.“
    „Das sollte dich nicht abschrecken, Aurora. Die Begründerin deiner Gilde hatte vielfältige Gründe, um das Leben zu fürchten. Sie wurde in Germanien gefangen genommen und kam als Sklavin nach Rom. Sie war noch ein Kind, als sie in den Haushalt eines römischen Senators verkauft wurde. Dort prügelte man ihr die Erinnerung an ihre Heimat aus und gab ihr einen neuen Namen. Cornelia. Ihren Stolz konnte ihr niemand nehmen, und auch nicht ihre Vergangenheit. Sie hat nie vergessen, was sie war.“
    „Du kanntest Cornelia?“
    „Das wäre zu viel gesagt. Ich sah sie einst vor einem Berg aus Schutt, unter dem ihre Herren begraben lagen. Mitten in der Nacht war das Haus über ihnen eingestürzt. Cornelia hat dagestanden und gelächelt. Eine große Strega wartet auf den richtigen Moment und lässt sich nicht brechen.“ Ein feinsinniges Lächeln teilte Selenes Lippen. Sacht berührte sie Auroras Unterarm. „Dein Ursprung ist nicht Furcht, sondern Unbeugsamkeit. Deine Wurzeln reichen zurück auf einen kriegerischen Germanenstamm. Die Braglia haben es vergessen, sonst hätten sie im Nachhinein nicht Frevel genannt, was berechtigte Vergeltung war. An dir ist es, ihren Ruhm zu neuem Leben zu erwecken.“
    Ruben blickte auf den Mund, aus dem die Worte flossen wie süßer Honig. Die roten Lippen führten ihn zurück zu den Augenblicken, da er ihre Berührung und ihren Atem auf seiner Haut gespürt hatte. Es löste Ekel in ihm aus. Ihm war danach, die Hand mit

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