Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
Rot getaucht waren.
„Was soll das werden?“
Selene klang hungrig. Aurora blutete vor zwei Ewigen und wollte nicht darüber nachdenken, ob ihnen beim Anblick ihres Blutes das Wasser im Mund zusammenlief. Sie durfte sich nicht ablenken lassen. Langsam hob sie die Hände.
„Die Larvae gieren nach meinem Blut und dieser Kokon ist durch sie entstanden. Sobald ich die Hände auflege, wird ihrWebwerk darauf aus sein, mich zu erfassen und dadurch gibt es sein Opfer frei. So meine Theorie“, versuchte sie, einen kleinen Scherz zu machen. Niemand lachte. „Sollte das wirklich eintreten, müsst ihr schnell sein. Höllisch schnell.“
„Verlass dich drauf, Süße.“
„Ein Vampir und ein Werwolf können verdammt schnell werden“, setzte Mica hinzu.
Ein letztes Mal atmete sie tief durch. Mit ihrem Ausatmen kam Wind auf und wirbelte durch ihr Haar.
„Seht nur … ihr Gesicht“, hörte sie Selene stammeln.
Dann legte sie die Hände auf. Grelles Weiß brannte sich in ihre Handflächen, pulste vor ihren Augen und machte sie blind.
Ein hektisches Kratzen und Krachen in der Ferne schreckte Berenike aus ihrem Dämmerschlaf. Sogar die Stimme ihrer Mutter glaubte sie zu erkennen. Selene musste in der Nähe sein, doch wohin sie den Kopf drehte, die Kerkerzelle, die schemenhaft hinter dem Gewebe zu sehen war, blieb verlassen. Trotz der Stimmen und sogar Schritte aus der Außenwelt sah sie nichts außer den in ihrem Licht erstarrten Fackeln und den anderen Kokon. Sie war der Welt entzogen, vom Jenseits umschlossen, genau so, wie Saphira gesagt hatte. Am Ende war niemand dort draußen und sie bildete sich die Geräusche nur ein. Sie fürchtete sich davor, den Verstand zu verlieren.
„Mama?“, rief sie laut und presste sofort die Lippen aufeinander.
Ihre Stimme drang nicht durch. Nur Saphira, mit ihr gefangen in einer jenseitigen Welt, konnte sie hören, aber die Wölfin hatte schon seit geraumer Zeit nicht mehr auf ihre Rufe reagiert.
Unvermittelt waren da zwei Hände in Höhe ihres Kopfes und drückten in dunklem Rot von außen gegen das Gespinst. In wachsender Unsicherheit stierte sie darauf. Waren sie wirklich da? Oder waren die Hände der Anfang eines einsetzenden Irrsinns und eine Sinnestäuschung? Ihr Atem begann zu rasseln. Der Kokon bewegte sich auf sie zu, als wollte er sie erdrücken. Fäden lösten sich, krochen auf sie zu, tasteten nach ihr und streiften klebrig über ihre Wangen und die Stirn. In ihrem eigenen schnellen Herzschlag begann das Gespinst, zu pulsieren. Eine Nachahmung von Leben, das sich enger um sie schließen wollte. Ein letztes Aufpulsieren, dann blähte sich das Gewebe auf, und die fadenartigen Tentakel zogen sich blitzartig zurück.
Der Kokon explodierte.
Von nichts mehr aufrecht gehalten, fiel Berenike auf Hände und Knie. Eine Druckwelle fegte über sie hinweg, peitschte ihr Haar nach vorn über ihr Gesicht. Vor ihr wurde eine Gestalt von den Füßen gehoben. Eine zweite Druckwelle warf sie auf den Bauch. Gewebefetzen und Fäden flogen um sie herum, klatschten gegen Wände und Decke und blieben daran kleben. Aus einem Durchgang kam schrilles Jaulen, und durch den Schleier ihres Haares sah sie Fremde, die auseinanderstoben. Die Eindrücke überschlugen sich. Ein Mann kniete am Boden, eine schmächtige Person in den Armen. Zwei weitere Männer schlugen Haken in der Enge, deckten einen dritten Mann zwischen sich. Das Weiß der Kokons lag überall am Boden, verfärbte sich in Grau und zerfiel zu Asche. Es begann zu stinken.
Berenike hob sich zurück auf Hände und Knie und entdeckte endlich ein bekanntes Gesicht im Chaos. Ihre Mutter war von oben bis unten beschmutzt. Die Überreste des Kokons dampften auf ihrer Kleidung und in ihrem Haar. Ihre Lippen bewegten sich, ohne dass Berenike verstand. Die lautlose Detonation hatte sie taub gemacht. Sie drehte den Kopf zu den anderen beiden Männern. In einer Ecke beugten sie sich über ihren Schützling. Nur ihre breiten Rücken, bedeckt mit rauchender Asche, waren zu sehen. Einer von ihnen war ihr Bruder, doch welcher, interessierte sie nicht. Ihre Aufmerksamkeit kehrte zurück zu dem knienden Mann. Er hatte die Person in seinen Armen zu Boden gelegt und schob sich zurück. Es war eine Frau. Eine Frau mit braunrotem Haar, zu weiten Hosen und ausgezehrtem Gesicht. Die Haut spannte sich über ihre Knochen, dort wo sie nicht von Kleidung bedeckt war. Ihr Blick war ins Leere gerichtet. Die Augen, in die Berenike sah, waren
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