Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
deutliches Zittern lag in seiner Stimme. Jetzt erst sah ich, wie bleich er war.
„Was ist?“
„Gar nichts!“, antwortete er barsch und drückte die Klinke nach oben. Ich zog ebenfalls daran, um Zeit zu gewinnen. Etwas stimmte nicht mit ihm.
„Daxx, was ist?“
Die ersten Schläge gegen die Tür ertönten. Daxx antwortete nicht.
„Sind es deine Verletzungen?“
Ich sah die Qual in seinem Gesicht, als er sich mir zuwandte.
„Ich leide unter Akrophobie, okay? Höhenangst. Es tut mir leid!“
Dann hörte ich Sinhs und Julios Stimmen in meinem Kopf. Deutlich.
Wir brauchen Hilfe.
„Vertrau mir und warte“, sagte ich zu Daxx, fuhr ihm kurz mit meinen Fingern über die schweißnasse Wange, und verschwand aus meinem Körper.
Samstag, 30. Juni 2012 – 14:36 Uhr
San Angelo
Allgemeine Raumzeit
Da ich mir nicht sicher sein konnte, ob sich die Jungs noch in Sinhs Krankenzimmer aufhielten, konzentrierte ich mich nicht auf den Raum, sondern auf Sinh selbst. Die Idee erwies sich als klug, da sich die beiden in meiner Abwesenheit bereits zum Fahrstuhl vorgearbeitet hatten. Besser gesagt, in den Fahrstuhl. Sie waren allein in der engen Kabine, die im Augenblick meines Auftauchens nicht von dem typischen kalten Neonlicht beleuchtet wurde, sondern von einem rötlichen Notlicht. Beide sahen angespannt zur Decke; Julio hatte zudem die Waffe mit beiden Händen darauf gerichtet.
Oben!
Julios einziger und sehr prägnanter Gedanke. In der Kabinendecke prangte ein quadratisches, schwarzes Loch, dort, wo sich die Ausstiegsluke befand. Sie war geöffnet worden, aber bestimmt nicht von Julio, sonst hätte er nicht darauf gezielt und um Hilfe gerufen.
Wie zur Bestätigung fiel ein kleiner, zylindrischer Gegenstand durch die Öffnung, oder aber, er wurde geworfen. Noch bevor er den Boden berühren konnte, gab er ein kaum hörbares klickendes Geräusch von sich.
Ich stoppte seine Zeit in einem kleinen Feld darum herum. Gleichzeitig schoss Julio. Im ersten Moment dachte ich, ich hätte es nicht geschafft, da ich den lauten Schuss mit dem Gegenstand assoziierte, den ich für eine Granate hielt. Sinh hob schützend die Arme vor sein Gesicht. Über uns polterte etwas auf dem Dach, ein Geräusch, als würde man einen riesigen Tetrapack aus dem zweiten Stock auf die Straße werfen. Die Kabine zitterte leicht. Ich hielt meine Konzentration weiter auf den Zylinder gerichtet.
„Ich glaube, ich habe ihn erwischt! Capio!“, rief Julio diesmal laut. „Aber ganz oben muss noch jemand sein. Einer hat Fahrstuhl angehalten, einer hat Ausstieg geöffnet und Betäubungsgranate geworfen. Zwei. Zu schnell fur eine Person.“
Obwohl meine Aufmerksamkeit auf die Granate gerichtet war, die sich seit dem Klick nicht nennenswert verändert hatte, wagte ich es, mich kurz umzusehen. Die Anzeige des Fahrstuhls zeigte in leuchtenden Zahlen sowohl den ersten Stock, als auch das Erdgeschoss an. Darunter gab es noch drei Kellergeschosse. Vermutlich Pathologie, Lagerräume und Tiefgaragen. Blut tropfte von der Kante der Ausstiegsluke. Als der erste Tropfen sich dem Zylinder näherte, wurde er langsamer und erstarrte in der Luft wie ein länglicher Rubin.
„Wir wollten zu Julios Wagen“, sagte Sinh mit trockener Stimme, die sich wie das Zerreißen eines Blatts in dünne Papierstreifen anhörte. „Dann stoppte der Fahrstuhl plötzlich.“
Was jetzt? , dachte ich, den Grund für meine Eile verdrängend. Sinh hatte schon genug Aufregung.
„Ich gehe rauf und kümmere mich um den anderen Killerarssloch. Da, wo die Maschinen fur Fahrstuhl sind. Dann, wir fahren runter zu meine Auto und sssst , fahren weg in Sicherheit zu Pedros Schwester.“
Zu dem eingefrorenen Blutstropfen hatten sich weitere gesellt. Sie wirkten beinahe wie ein teures, aber regungsloses Mobile. Ein Mobile, das Zeugnis über den Tod eines Menschen gab. So gern ich Julio Vorwürfe gemacht hätte, ich konnte es nicht. Er hatte ein Leben ausgelöscht, soviel war sicher, aber er hatte es getan, um Sinh zu schützen. Ohne seine Hilfe wäre der Originalzwilling bereits tot. Eigentlich eine einfache Rechnung: Ein Leben für ein Leben. Objektiv betrachtet ergab das Plus-Minus-Null. Subjektiv betrachtet war ich ihm dankbar.
„Kannst du das machen, dass ich mir die Granate schnappe, ohne, dass meine Hand kaputtgeht?“
Im ersten Augenblick verstand ich nicht, was Julio von mir wollte.
„Bueno, wenn ich Granate schnappe und drucke meinen Daumen oben drauf, sie
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