Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
breiter Grünstreifen, auf dessen gegenüberliegender Seite der nach Norden abfließende Verkehr stattfand.
Run, rabbit, run. So unglaublich es klingen mag, aber in diesem Chaos ging mir tatsächlich die Melodie von Pink Floyds Breathe durch den Kopf. Dig that hole, get the sun.
Daxx reagierte schneller, als ich es konnte. Wir überquerten die Wiese und rannten den Highway in Richtung Verkehr entlang, bis sich eine größere Lücke hinter uns auftat. Dann sprang er breitbeinig auf die Fahrbahn, die Arme ausgestreckt und brachte den nächsten, herannahenden Wagen tatsächlich zum Stehen. Der Fahrer, ein älterer Herr, hielt mit eingeschalteten Warnblinklichtern auf dem Seitenstreifen genau vor uns. Sicherlich hatte er Daxx’ Verletzungen erkannt und wollte uns helfen. Um so mehr schämte ich mich für das, was als nächstes geschah, aber mir war klar, dass uns keine Wahl bleib. Wir mussten hier weg, so schnell wie möglich.
Daxx riss die Fahrertür auf.
„Raus, sofort!“
Der alte Herr zögerte für einen grausamen Augenblick, dann löste er wortlos seinen Gurt und stieg aus.
„Wir sind keine Verbrecher“, sagte Daxx, während er einstieg. „Wir lassen den Wagen in der Nähe des Flughafens stehen. Es tut uns leid, aber glauben Sie mir, Sir, wir machen das für einen guten Zweck.“
Ich dachte nicht lang über die Moral der Situation nach, sondern schwang mich auf den Beifahrersitz. Ich hatte die Tür noch nicht ganz geschlossen, als Daxx Gas gab.
„Was machst du denn?“, rief ich. „Wir müssen in die andere Richtung!“
„Da vorn gibt es eine Verbindungsstraße zu dem Zubringer im Westen.“
Er hatte Recht. Wir bogen ab, kamen auf die andere Seite des Highways und fuhren ein Stück nach Süden. Polizeiwagen überholten uns, und ich wette, es waren auch einige der NSA dabei. Wir hatten für enorm viel Aufsehen gesorgt. Ich hoffte, dass Alain da raus war. Vor den nördlichsten Parkanlagen bogen wir nach Westen ab, auf den North Airfield Drive. Wir folgten ihm im Höllentempo in einer langgezogenen Linkskurve auf die 20th Street, die kurz darauf in den West Airfield Drive überging. Hinter uns waren keine Verfolger zu sehen. Wir kreuzten den Mid Cities Boulevard.
„Hey! Hier wollten wir Alain treffen!“
„Ich weiß, bleib mal cool“, antwortete Daxx und stoppte den Renault Megan. „Raus mit dir. Ich muss den Wagen woanders parken, oder willst du, dass sie uns sofort finden?“
Ich musste ihm Recht geben.
„Lauf schon mal zur vereinbarten Stelle. Ich komme gleich nach.“
„Was, wenn Alain kein Auto hat? Sollten wir den Megan nicht lieber erst behalten?“
„Nope, in der Kiste würde ich mich nicht mal begraben lassen. Außerdem wimmelt es hier gleich von Cops, die dem alten Mann bestimmt liebend gern zuhören.“
„Wir können den Wagen doch zusammen verstecken und dann hierher zurückkommen.“
„Nein, es ist sicherer, wenn ich das allein mache. Dann fallen wir auch weniger auf und sind flexibler. Außerdem braucht Alain dich.“
Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, dennoch ersparte ich uns weitere Diskussionen. Sie hätten nur wertvolle Zeit gekostet und wenig gebracht.
„Pass auf dich auf“, sagte ich beim Aussteigen. Ich vermied es, ihn zu umarmen oder zu küssen, da das in meinen Augen einem theatralischen Abschied gleichgekommen wäre.
Abschied war das Letzte, was ich wollte.
„Ich – wir warten auf dich, okay? Also, beeil dich.“
Kaum hatte ich die Tür zugeworfen, gab Daxx Gas und raste davon.
Und ich stand allein am Straßenrand, zwischen dem stark befahrenen West Airfield Drive und bewaldeter Natur, genau auf dem schmalen Grat.
Allein.
Auf dem kurzen Rückweg zur Kreuzung Mid Cities Boulevard gab ich mir weder Mühe, mich zu verstecken, noch schnell zu gehen. Unabhängig von den körperlichen Schmerzen fühlte ich mich verwundet, leer.
Allein.
Dieses zweisilbige Wort beschrieb nicht nur meine Situation, es stand stellvertretend für meine gesamte Emotionswelt. Ich hatte das Gefühl, gerade eben noch in einem Raum voller Menschen gewesen zu sein – vielleicht auf einer Party, und plötzlich hatte jemand die Lautstärke runtergedreht, nicht nur die der Musik, sondern auch die der Gespräche und des Gelächters. Diese fiktive Stille kam einer Leere gleich, die wie ein bösartiges Geschwür meinen ganzen Körper einnahm.
Leere.
Auch das beschrieb es sehr gut. Die letzten Tage waren so aufregend gewesen, im Guten, wie im Schlechten. Die
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