Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
anfassen oder greifen, nur beobachten und die Raumzeit verändern.
Sinh!
Danke, G-Man. Das war in letzter Sekunde.
Seine Gedanken wurden fast von seinem Husten übertönt. Ich ließ ihn einen kurzen Augenblick gewähren.
Kannst du aufstehen?
Muss ich wohl. Wenn die Zeit normal weiterläuft, wird der Typ lediglich auf den Arsch fallen und sich dann sofort wieder über mich hermachen.
Ich dachte an unsere verbleibenden Möglichkeiten, sollte Sinh zu schwach sein, um sich zu bewegen. Das Wegstoßen des Killers hatte ihn bereits einiges an Kräften gekostet. Das erste, was mir einfiel, war zugleich das grausamste. Sollte Sinh sich nicht wehren können, würde ich den Killer so schnell altern lassen, dass er zu Staub zerfiele, ehe er weiteren Schaden anrichten könnte.
Und dieses Mal würde ich es tun.
Sinh sah übel aus. Sein Gesicht war schweißbedeckt und grau, bis auf die fast schwarzen Ringe um seine Augen. Langsam zog er sich an der Metallhalterung seines Tropfs in eine aufrechte Position. Ich versuchte, seine Zeit ein kleines bisschen zu beschleunigen und stand dabei Todesängste aus. Diese Form der partiellen gegensätzlichen Raumzeitveränderungen war ohnehin schon kompliziert genug, auch ohne dass ich meinen Körper verlassen hätte. So aber erforderte sie höchste Konzentration und kostete mich gleichzeitig eine Menge meiner gerade zurückgewonnenen Energie.
Sinh schwang die Beine aus dem Bett und ließ sie über der Kante baumeln .Er schüttelte sich einmal und biss die Zähne so fest zusammen, dass ich das Knirschen hören konnte. Die freie Hand drückte er gegen seinen Brustkorb.
Du musst ihn nach einer Waffe durchsuchen. Wenn er eine hat, kannst du ihn damit in Schach halten und einen Arzt rufen, wenn die Zeit normal weiterläuft. Es tut mir leid, aber wir müssen uns beeilen.
Ich vermied es, ihm zu sagen, dass Alain, sein Bruder und ich ebenfalls gerade bis zum Hals in Schwierigkeiten steckten. Das wäre im Moment nicht hilfreich gewesen.
Ich hab’s gleich , dachte Sinh, und es klang tatsächlich genau so, als hätte er die Worte zwischen seinen geschlossenen Zähnen herausgepresst.
Beeil dich. Um Gottes Willen, beeil dich , dachte ich, verbarg das aber vor ihm. Mit einem erneuten Übermaß an Anstrengung kam Sinh auf die Füße, sich noch immer an dem Metallgerüst festhaltend, an dem sein Tropf hing. Es stand auf einem Dreibein mit Rollen, so dass Patienten ihre Infusionen auf kleinen Spaziergängen mitnehmen konnten, wenn es ihnen besser ging. Ich betete, dass es unter dem Gewicht nicht seitlich wegrutschte und Sinh zu Fall brachte. Sein Gesicht wurde noch eine Spur blasser, aber er setzte sich mit winzigen Schritten in Bewegung. Wenigstens musste er nicht weit gehen, da der Killer direkt am Bett gestanden hatte.
Noch drei Schritte.
Noch zwei.
Dann riss mich ein brennender Schmerz zurück.
Ich verlor die Kontrolle über alles.
Samstag, 30. Juni 2012 – 13:48 Uhr
Fort Worth
Allgemeine Raumzeit
Dantes Inferno war den Buchseiten entronnen und über uns hereingebrochen. Den Lärm nahm ich als erstes wahr. Der Motor des Hummers heulte im Rhythmus von Schüssen und Querschlägern und Schreien. Daxx hatte Blut im Gesicht, am Hals und am Oberkörper. Die Landschaft raste hinter ihm am kaputten Fenster vorbei, öde und leer wie im Fegefeuer. Wo war das Fabrikgelände? Alain hing gebückt hinter dem Lenkrad, gerade so weit aus seiner Deckung heraus, dass er über das Armaturenbrett auf die Straße vor uns spähen konnte. Daxx kniete neben mir, in der linken Hand die Waffe, mit der er unkoordiniert aus dem Rückfenster schoss, in der rechten einen Stofffetzen, den er gegen meine Schulter presste. Jetzt erst wurde ich mir der Schmerzen vollends bewusst.
„Jul ist wieder da!“, brüllte er Alain völlig unnötig zu. Dann sah er kurz zu mir herüber. „Halt selber fest!“
Trotz meiner völligen Verwirrung wusste ich sofort, dass er den Stofffetzen meinte. Ich schob instinktiv meine Hand unter seine und presste den feuchten Lappen gegen meine Schulter. Blut. Mein Blut. Ich war getroffen worden. Daxx wechselte die Waffe in die rechte Hand und schoss nun wieder gezielter, trotz Alains Zickzackfahrt, die uns – speziell mich – im Wagen herumschleuderte.
„Du musst die Zeit anhalten!“, rief Alain. „Oder ich, falls du zu schwach bist!“
„Nein!“, schrie ich zurück. „Das darfst du nicht! Sinh ist in Gefahr!“
Ohne eine Antwort abzuwarten, verschwand ich
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