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Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)

Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)

Titel: Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Bonsch
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schaffen.  
    Körperliches Training war nicht von Nöten; die Villa sorgte mütterlich für mein Aussehen, egal, was ich aß oder tat. Also kümmerte ich mich um das Erscheinungsbild der Villa, die ohne meine Hilfe dem Zahn der Zeit ausgesetzt war. Der langsame, natürliche Verfall war ihre Art, mich zu stärken, also hielt ich es nur für fair, mich zu revanchieren. Alles, was ich trug, war eine weite beige Trägerhose, die genug Raum für zweideutige Vorstellungen Außenstehender übrig ließ. Der Boden unter meinen nackten Füßen schien bei jedem Schritt Energie an mich abzusondern, Energie, die ich bereit war, auf meine Art zurück zu geben. Die Luft – jetzt am frühen Mittag noch kühl und frisch – war von Vogelstimmen geschwängert. Im Geräteschuppen hatte ich Spachtelmasse und eine kleine Kelle gefunden, mit der ich ein Loch in der Wand des Trainingssaals im dritten Stock schließen wollte. Danach wollte ich mir einige der Fenster vornehmen. Seltsamerweise hatten sie sich nicht durch Alain und mich regenerieren lassen. Alain hatte mir erzählt, dass ich unbedingt daran denken sollte, kaputte Fenster oder beschlagene Scheiben immer gleich in Stand zu setzen. Das dürfe ich nie vergessen.  
    Mit den Utensilien bewaffnet, ging ich den dünnen Pfad zwischen Rosensträuchern und Apfelbäumen entlang um das Haus, als ich plötzlich ein merkwürdiges Kribbeln spürte, als würden tausend Ameisen einen Marsch auf meiner Epidermis vollführen. Ich bekam eine Gänsehaut, schüttelte mich und sah mich um. Nichts zu sehen.  
    Das Loch in der Wand war nicht besonders groß; es glich einem stark verunglückten Nagelloch, das durch den fruchtlosen Versuch, ein Bild aufzuhängen, entstanden war. Ich hatte gerade den Deckel mit Hilfe der Kelle geöffnet, als ein Ruf mich hochschrecken ließ.  
    „Hallo! Ist jemand da?“
    Ich ging zum offenen Fenster und sah Sinh, der ein wenig hilflos am Durchgang der Hecke stand und sich suchend im Garten umblickte. Das Déjà-vu war merkwürdig, denn es hatte ein Rollentausch stattgefunden. Was Alain wohl damals in der Halle getan hatte, als ich dort unten aufgetaucht war? Sicherlich keine Löcher gestopft.  
    „Hey, ich bin hier oben!“
    Sinh zuckte zusammen und blickte auf.
    „Oh“, war alles, was er erwiderte. Heute trug er eine halblange Khakihose und ein offenes Hemd in urbanen Tarnfarben. Unter dem Arm trug er eine flache, schwarze Mappe, die er fest an den Körper presste. Zögerlich machte er ein paar Schritte auf die Villa zu, blieb dann aber unentschlossen stehen und sah zurück zum Durchgang.
    „Was ist, willst du nicht raufkommen?“
    Er sah wieder zu meinem Fenster hoch, das war aber schon alles.  
    „Warte, ich komme runter.“
    Wahrscheinlich, so dachte ich, war er sich nur nicht sicher, ob er mich in den labyrinthartigen Gängen, Treppen und Räumen der Villa hier oben finden würde. Ein mangelnder Orientierungssinn ist keine Schande, meiner ist auch nicht gerade der beste.
    Als ich durch das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoss ging, hatte ich plötzlich das Gefühl, Sinh wäre verschwunden. Aber von der Terrasse sah ich ihn, noch immer an derselben Stelle stehend.  
    „Hier bin ich, komm rüber“, rief ich, und er trottete endlich langsam in meine Richtung. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er endlich vor mir stand.  
    „Schön, dass du da bist. Ich bin gerade mit Hausarbeiten beschäftigt“, sagte ich und streckte ihm meine Faust entgegen, so wie ich es gelernt hatte. Ein wenig selbstsicherer schlug er drauf und drunter und wir schnipsten mit den Mittelfingern; ansonsten blickte er aus großen braunen Augen immer noch schüchtern wie ein Reh umher.  
    „Ich wollte dich nicht beim Lernen stören.“
    Mir war nicht ganz klar, was er meinte, dann fiel der Groschen.
    „Nein, nicht für das College. Ich wollte ein Stück Putz erneuern. Komm mit rauf.“  
    Wir gingen nach oben und ich war beinahe überrascht, dass er mir überhaupt folgte. Wieso benahm er sich plötzlich so seltsam? Irgendwie hatte ich auf einmal die Idee, dass Alain dahinter steckte. Dass er Sinh aufgesucht und ihn instruiert hatte, es mir leichter zu machen. Aber das war natürlich völliger Blödsinn und, wenn ich es genau bedachte, gar nicht möglich. Oder doch? Diese ganze mehrdimensionale Zeitsache würde mich noch um den Verstand bringen.  
    Im Saal bot ich Sinh einen Platz an. Er setzte sich in einen der Sessel neben Alains altem, zweidimensionalem Schachspiel und legte die Mappe

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