Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)
dumpf. „Hinter dem Schaukelstuhl.“
Alain durchquerte das Zimmer und schob den Stuhl beiseite. Ich folgte ihm nur widerwillig. Die Tür war niedrig, vielleicht fünf Fuß hoch und wirkte durch ihre Verkleidung eher unauffällig.
„Sei vorsichtig“, sagte Alain und hielt mich am Arm fest, als ich näher auf die Tür zugehen wollte. „Es ist noch nicht so weit, erst morgen früh. Das Herz muss seine Energien sammeln.“
„Kommt daher das Brummen? Ich glaube nicht, dass ich es damals auch gehört hatte, als ich hier drinnen war.“
„Ja, es ist ein anstrengender Prozess für die Villa. Ich glaube, man kann es am besten mit einer komplizierten Operation vergleichen, weil ihr und dein Körper vollständig auseinandergerissen und neu zusammengesetzt werden wird, wenn du in die Kammer gehst.“
Ich blickte mich erschrocken zu Alain um.
„Das ist nicht dein Ernst!“
Alain musste die schiere Angst in meinem Gesicht gesehen haben, denn er guckte plötzlich schuldbewusst. Ich entfernte mich ein paar Schritte von der Tür.
„Hör mal, Großer, das klingt schlimmer als es ist. Glaub mir.“
„Du hast leicht reden“, antwortete ich mit bebender Stimme. „Warum gehst du dann nicht?“
„Es würde nicht funktionieren. Du bist jetzt der Symbiont der Villa, nicht ich. Gut, ich könnte auch gehen, aber die Konsequenzen wären verheerend. Ich könnte dabei sterben, die Villa könnte vernichtet werden, du könntest für immer verschwinden oder wir würden in einer anderen Zeit auftauchen. Alles wäre wahrscheinlich, nur nicht, dass es funktionieren würde.“
„Und was wäre passiert, wenn ich in den letzten fünfzehn Jahren durch Zufall die Tür entdeckt und geöffnet hätte? Wenn ich die Kammer betreten hätte?“
„Die Tür ist verschlossen und öffnet sich erst dann, wenn es die Villa für notwendig hält und sie sich aufgeladen und vorbereitet hat.“
„Aber nur mal angenommen, ich wäre neugierig gewesen und hätte das Schloss aufgebrochen. Was dann?“
„Vermutlich wäre es dir nicht gelungen.“
„Vermutlich?“
„Es tut mir leid, okay? Ich habe vergessen, dir damals von der Kammer zu erzählen. Das war ein Fehler und ich entschuldige mich dafür. Aber es ist nicht passiert, also sollten wir uns lieber auf das konzentrieren, was vor uns liegt.“
„Alain, was wäre passiert?“
Er zögerte. Seine schuldbewusste Miene war einer zornigen gewichen. Aber dieser Ärger richtete sich nicht gegen mich und meine bohrenden Fragen, sondern gegen sich selbst. Alain war wütend, weil er einen Fehler begangen hatte, dessen war ich mir sicher.
„Ich nehme an, dasselbe, was ich eben schon aufgezählt habe. Was passieren würde, wenn ich morgen durch die Tür ginge.“
Ich legte Alain meine zitternde Hand auf die Schulter. Ich war ihm nicht böse, denn er hatte seinen Fehler eingestanden und sich entschuldigt. Ich wusste, wie schwer das für ihn war und dass er sich innerlich mehr dafür strafte, als es mir jemals möglich gewesen wäre. Ich liebte Alain und brauchte ihn und seine Stärke jetzt ganz besonders.
„Schon gut“, sagte ich leise. „Es ist ja nichts geschehen. Morgen früh betrete ich die Kammer, wenn mich die Villa lässt. Und dann machen wir uns gemeinsam auf die Reise. Ich bin schon wahnsinnig gespannt, wie sich die Welt verändert hat und ich könnte ein wenig Auslauf dringend gebrauchen.“
Ich zwang mich zu einem Lächeln. Das Brummen war inzwischen lauter geworden.
Wir saßen wieder in der Küche, als die Zwillinge laut redend und kichernd zurückkamen. Mir war nicht nach Kichern zumute, im Gegenteil. Ich fühlte mich, als hätte man mir in den Magen geboxt und, nur um sicher zu gehen, dass es mir auch wirklich dreckig ging, zusätzlich in die Eier getreten. Jetzt hatte ich richtige Angst, nicht wie zuvor im Schlafzimmer, als ich die Puppen bemerkt hatte, sondern viel schlimmer. Die Puppen. Eigentlich wollte ich Alain danach fragen, und nach der Mutter der Villa und nach tausend anderen Dingen. Aber ich traute mich nicht mehr, aus Furcht, noch Unangenehmeres zu erfahren. Zu wissen, dass ich in wenigen Stunden in diese brummende, lebendig wirkende Kammer steigen musste, reichte mir für einen Abend.
„... los?“, fragte Sinh.
„Was?“
„Ich fragte, was mit dir los ist“, wiederholte er und stellte seinen Rucksack neben seine Stofftasche. „Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen. Wie viel blasser könnt ihr
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