Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)
dass sie das heimlich mit Alain abgesprochen hatten, möglicherweise um für mich da zu sein, falls ich wieder Anfälle bekommen sollte.
Bis auf ein paar kleine Lampen hatten wir alle Lichter ausgeschaltet. Die dunklen Schatten, die gierig das wenige gelbliche Licht auffraßen, ließen die ganze Szenerie wie ein Renaissancegemälde wirken. So ähnlich wie das, welches ich auf dem Dachboden gefunden hatte, nur vierdimensional. Trotz der Dunkelheit leuchteten Alains grüne Augen klar und hell.
„Ich möchte mich noch mal für mein plötzliches Auftauchen hier entschuldigen“, sagte er nach einiger Zeit.
„Du kannst ja nichts dafür. Das ist schon okay.“
„Nein, das ist es nicht. Glaub mir, ich ahne, in was für Schwierigkeiten ich dich damit bringe.“
„Du meinst Sinh und Daxx. Was hältst du von den beiden?“
„Nun“, sagte Alain und präsentierte wieder sein Verführerlächeln. „Schwer zu sagen, da ich nur einen von ihnen sehen kann.“
„Sehr witzig. Jetzt mal im Ernst.“
Alain schwieg eine Weile. Dann sagte er: „Ich denke, du wirst mit den beiden sehr glücklich werden. Ich freue mich für dich.“
„Spiel hier bloß nicht den starken Mann. Ich weiß doch, dass du dich erst vor einigen Tagen von mir getrennt hast. Nach deiner Zeitrechnung.“
Das Leuchten seiner Augen wurde heller, unregelmäßiger. Waren das Tränen?
„Das stimmt“, sagte er tonlos. „Aber das geht schon klar. Ich weiß schließlich, was uns die Zukunft bringen wird. Vorausgesetzt, wir haben Erfolg bei unserer Aktion. Ich möchte euch Dreien auf gar keinen Fall im Wege sein.“
Alain Blanchard, der Märtyrer, der Anführer, der Mann, der jede Situation im Griff hat. Aber sein Gesicht zeigte ein anderes Bild, eines, das seinen Worten widersprach. Ich rutschte auf der Bank nahe an ihn heran und schloss meine Arme um Alain. Ich spürte, wie er sich kurz verkrampfte, dann legte ich meinen Kopf auf seine Schulter und er entspannte sich ein wenig. Ja, auch er war letztendlich ein Junge mit Gefühlen und Schwächen, auch wenn er sie mir gegenüber so gut wie nie gezeigt hatte. Vielleicht war er immer der Meinung gewesen, dass ich gerade seine Stärke an ihm geliebt hatte. Falls das stimmte, war er im Irrtum gewesen – ein Mensch ohne Schwächen ist nicht menschlich. Sein fester Charakter hatte mich immer fasziniert; durch ihn fühlte ich mich geborgen, aber wenn es nur das gewesen wäre, hätten wir niemals eine Chance gehabt. Die kleinen Flecken der Fehlbarkeit auf seiner Rüstung machten ihn so besonders. Nehmen ist nicht genug, wenn man nicht auch hin und wieder etwas geben kann. Ich liebte Alain und ich hatte mich in die Zwillinge verliebt. Beide Gefühle waren ehrlich, trotzdem kam mir die Situation nicht falsch vor. Obwohl mir die Erfahrung fehlte, dachte ich, für meine Empfindungen Sinh und Daxx gegenüber Scham oder Reue spüren zu müssen, während ich hier mit Alain zusammen saß. Aber da war nichts, keine zwiespältigen Gefühle, kein schlechtes Gewissen, gar nichts. Die Villa, was immer sie auch war, tat ihr Werk, bewirkte, dass ich für meinen Vorgänger dieselbe intensive Zuneigung empfand wie für meine Nachfolger. Ich denke, es ist vergleichbar mit dem Selbsterhaltungstrieb der Heterosexuellen, der sie durch einen geschickten Eingriff der Natur dazu bringt, sich zu vermehren und den Fortbestand der Rasse zu sichern. Wie Marionetten eines unsichtbaren Puppenspielers. Aber egal, so lange es so wunderschön war.
Während ich nachdachte, war mir überhaupt nicht aufgefallen, dass ich angefangen hatte, langsam über Alains muskulöse Brust zu streicheln. Als ich meinen Kopf hob und inne hielt, sah er mir tief in die Augen. Wir sagten nichts, verloren uns in den Reflexionen in unseren Augen; und in diesem unendlichen Spiegeltunnel gewann der reine Geist immer mehr an Substanz, derweil der Körper an Substanz einbüßte.
„Stop“, sagte Alain und sein Blick klärte sich. „Nicht jetzt, das wäre falsch.“
Ich fühlte mich ein wenig benommen. „Was meinst du? Was war das gerade?“
„Wir sollten uns auf morgen früh vorbereiten“, antwortete Alain ausweichend. „Das wird nicht leicht. Im Gegenteil, es wird sogar wahrscheinlich sehr schmerzhaft für dich werden. Ich möchte dich nicht belügen.“
„Du meinst die Sache mit der Herzkammer? Du hast mir davon erzählt, als ich dich in der Vergangenheit besucht habe und das Chaos mit deinen vielen Doppelgängern
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