Soehne des Lichts
eines Fährtenlesers erkannte Thamar die Senke im Waldboden, zwar von alten Blättern und Zweigen verdeckt, doch durch zahllose Fußtritte von den Chyrsk enttarnt. Hier war der Eingang zu den Tunneln, in denen die Trolle sich versteckt hielten. Hier würde er erfahren, was mit Avanya geschehen war. Ob sie noch lebte. Er wusste genau, ein Befreiungsversuch wäre schierer Wahnsinn. Egal ob es viele oder wenige Trolle waren, er hatte sie gesehen. Gegen zwei, vielleicht drei von ihnen würde er vielleicht standhalten können, wenn er den Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte. Mehr nicht.
Thamar zögerte. Wollte er gemeinsam mit Avanya dort unten sterben? Immerhin hatte er Verpflichtungen, Aufgaben, ein Schicksal zu erfüllen!
„Ich bin ersetzbar. Ilat wird auch ohne mich gestürzt werden, Maondny kann jederzeit den Splitter Pyas besorgen. Avanya aber hat nur mich und sonst niemanden.“ Entschlossen umklammerte er den Kristallanhänger, den die Nalla ihm anvertraut hatte. Wenn es keine andere Möglichkeit gab, würde er ihr das Schmuckstück irgendwie zukommen lassen, damit sie mit ihrer Versteinerungsmagie der Folter entfliehen konnte. Thamar wusste genau, welch ein Segen die Aussicht auf einen schnellen schmerzlosen Tod sein konnte, wenn Körper und Seele
unbarmherzig zerrissen wurden ...
Er würde Avanya nicht diesem Schicksal überlassen!
Grimmig entschlossen versteckte er seinen Rucksack unter einem Strauch, prüfte, ob all seine Waffen sicher saßen und wandte sich dann dem Tunneleingang zu. Er liebte seine Wurfdolche, ein Geschenk von Maondny. Diese Klingen waren von Elfen geschmiedet worden, leicht, perfekt ausbalanciert und unzerbrechlich. Sie mussten niemals geschärft werden und ließen sich überall am Körper tragen. Wenn nichts mehr half und keine Hoffnung mehr blieb, würde Thamar sich damit selbst vor Folter und einem grauenhaften Sterbeweg bewahren. Gerade, als er niederkniete, um den Tunneleingang zu erkunden, wühlte sich eine Hand in sein Haar. Sein Kopf wurde zurückgerissen, eine Schwertschneide drückte gegen seine Kehle. Thamar erstarrte, rührte keinen Muskel.
Zu spät, ich habe versagt …
~*~
Avanya schlug vorsichtig ein Auge auf und blinzelte wachsam zwischen nassen Haarsträhnen hindurch, die ihr Gesicht verdeckten. Sie lag nackt und gefesselt auf hartem Gesteinsboden. Feuer loderten in der Nähe, sie hörte Bewegungen und die tiefen grollenden Stimmen zahlloser Chyrsk.
Die Trolle hatten sie bislang nur flüchtig durchsucht, sich von der heftig blutenden Kopfwunde und ihrem schlaffen, reaktionslosen Körper wohl täuschen lassen, dass sie noch immer bewusstlos war und zudem zu schwer verletzt, um allzu viel Vergnügen zu bieten. Zum Glück besaßen Nola einen harten Schädel. Avanya spürte leichte Übelkeit, ihr war schwindelig, sie litt Schmerzen, aber nichts davon beeinträchtigte die Kriegerin in ihr, einen Fluchtweg zu suchen. Leider gab es da wenig Hoffnung. Die Fesseln waren zu eng, als dass sie sich hätte befreien können, um sie herum befanden sich überall Chyrsk. Sicher, bald würden viele von ihnen schlafen, dennoch durfte sie sich nicht einbilden, dass es keine Wächter gab! Wohin sollte sie auch gehen ohne Kleidung und Ausrüstung? Die Chyrsk hatten ihr Gewand zerrissen, zweifellos um zu prüfen, ob sie männlich oder weiblich war.
Es blieb ihr wohl nichts übrig, als zu hoffen, dass man sie noch eine Weile lang für ohnmächtig halten würde. Sie wollte so viel Kraft wie nur möglich sammeln, um der Folter widerstehen zu können. Avanya war bereit zu sterben, was sie fürchtete war ihr eigene Schwäche – wenn sie nun ihr Wissen über die
Nola-Wohnhöhlen preisgab … Schritte näherten sich, rasch stellte sie sich schlafend und wappnete sich gegen Schmerzen, unterdrückte die Angst, die in ihren Eingeweiden wühlte. Die Schritte stoppten direkt vor ihrem Kopf. Jemand beugte sich zu ihr herab.
„Nallaaaaa“, grollte eine Stimme dicht vor ihr. Riesige Pranken packten ihre Fesseln und zerrten Avanya in die Höhe.
„Nallaaa waaaaaach ...“
Noch mehr Füße, die in ihre Richtung stampften. Zitternd vor Panik begann sie zu zappeln, zu zerren, versuchte um sich zu treten, doch ohne Erfolg. Avanya schrie gellend, als weitere Pranken zugriffen, unwillkürlich riss sie die Augen auf. Es verschlimmerte nur alles, wenn sie nicht wusste, was um sie herum geschah, aus welcher Richtung der nächste Angriff kam. Dutzende Tunneltrolle standen um sie herum und
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