Soehne & Liebe der Nacht
geworden.“
„Mein Name ist Cara.“
„Cara. Was bedeutet dein Name?“
„Liebe“, hatte sie geflüstert und in seine funkelnden Augen gesehen. Damals hatte Ewans Blick die Wärme der Sonne. Heute ließ sein Blick ihr das Blut in den Adern gefrieren.
Cara holte tief Luft und wagte sich einen Schritt nach vorn. „Wie ist ihr Name?“
Der Schöpfer drehte sich langsam zu ihr um. „Ihr Name?“, fragte er kühl.
„Der Name der Frau, an die du gerade denkst.“
Er erhob sich und kam wütend auf Cara zu und sein eisiger Blick ließ sie frösteln. „Sie lebt in einer anderen Welt. Ihr Herz ist frei von mir.“
„Weißt du sicher, dass du nicht in ihrem Herzen bist?“, fragte Cara zögernd und trat einen Schritt zurück.
„Ich bin hier — allein!“, seine Stimme war voller Bitterkeit.
„Was würdest du tun, wenn sie jetzt hier wäre?“, fragte Cara ängstlich und doch mit einem Hauch von Hoffnung in der Stimme.
„Ich würde sie töten!“
16
Henry stand in Gedanken versunken am Fenster und starrte in die Dunkelheit. Seit zweitausend Jahren versuchte er nun schon, seinem Schöpfer den Weg auf diese Erde zu ebenen, aber jedes Mal wurde dieses Vorhaben von einem Avatar vereitelt. Henry war der zweitgeborene Sohn, eine Stunde nach Jared wurde er in der Kälte der Hölle geboren. Nie hatte er die Wärme einer Mutter erfahren dürfen. Aufgezogen von den Verbündeten seines Schöpfers, war es ihm strengstens untersagt, Fragen zu seiner Geburt zu stellen. Wie oft, wenn er eine Frau aussaugte, hatte er sich gefragt, wie es gewesen wäre, in den Armen einer Mutter aufzuwachsen. Wäre er anders geworden, wenn sein Vater ihn geliebt hätte? Henry machte sich keine Illusionen, er wusste, er und seine Brüder waren nur ein notwendiges übel für ihren Schöpfer. Dank ihrer sterblichen Mütter konnten sie die Erde betreten. Sie waren die einzige Chance des Schöpfers, Rache zu nehmen und seiner Verbannung zu entfliehen. Seinen sieben ältesten Söhnen hatte er diese Aufgabe anvertraut und ihnen den Dolch der Auferstehung übergeben. Heute waren sie nur noch zu sechst. Henrys Bruder Marlon wurde vor zwanzig Jahren von einem Avatar getötet. Vom selben Avatar, der Henry damals schwer verletzt hatte.
Eine Nacht vor dreihundert Jahren drang in Henrys Bewusstsein. Es war ein heißer Sommer gewesen, dessen Wärme sich auch noch nach Mitternacht auf seine makellose weiße Haut gelegt hatte. Der sanfte Nachtwind hatte damals einen betörenden Blutduft zu ihm getragen. Dann hatte er sie gesehen. Im Mondlicht hinter einer Scheune hatte das schönste sterbliche Wesen gestanden, das er je gesehen hatte. Wäre seine Kehle nicht völlig trocken und sein Hunger groß gewesen, hätte er sie verführt. Henry hatte seinen Dolch aus seinen schwarzen Lederstiefeln gezogen und ihn hinter seinem muskulösen Rücken versteckt.
„Schöne Lady, so allein in dunkler Nacht“, hatte er sich ihr in tödlicher Absicht genähert.
„Mein Verlobter wird gleich hier sein“, hatte sie mit zitternder Stimme geantwortet.
„Nicht rechtzeitig genug.“ Henry war hinter sie getreten und hatte ihren Schrei mit einem Schnitt durch ihre Kehle beendet. Scharf hatte sich sein Dolch durch ihr zartes Fleisch gezogen. Gierig hatten seine Lippen sich an ihrer Kehle festgesaugt und ihr Blut hatte ihn völlig berauscht. Männlicher Duft hatte damals seine Blutorgie gestört.
„Gabriel“, flüsterte Henry und sah wieder einen gebrochenen Mann vor sich stehen, der gefangen war in dem Bild, das sich ihm bot. Erst als Henry die Frau hatte zu Boden fallen lassen, war er aus seiner Erstarrung erwacht und hatte sich auf ihn gestürzt.
„Ich bin Gabriel und du ein toter Mann!“
„Oh, das klingt kämpferisch, Menschlein. Ich bin Henry!“ Ohne Vorwarnung und unbarmherzig hatte der Dolch seinen Weg in Gabriels Herz gefunden. Zu
Henrys Entsetzen wurde dieser Mensch aber auserwählt, in die göttliche Ebene geholt, aus der man seinen Schöpfer verjagt hatte, und zum Avatar gemacht. Nun war es Gabriels Ziel, vor allem ihn zu vernichten, aber auch seine zahlreichen Brüder wurden von Avataren gejagt. Sie sollten verhindern, dass die Söhne der Nacht eines Tages die Herrschaft über diese Erde erlangen und somit Ewans Macht stärken. Aber es stand mit Blut an den Mauern der Unterwelt geschrieben, der Schöpfer und seine Söhne würden über die Erde in Dunkelheit herrschen.
„Herrschen“, flüsterte Henry. Sollte er wirklich für seinen Schöpfer, der
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