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Söhne und siechende Seelen

Söhne und siechende Seelen

Titel: Söhne und siechende Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alper Canıgüz
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seinem Gesicht lag ein schalkhaftes Lächeln, das in einigen Theaterstücken bei Schauspielern anzutreffen ist, die übergescheite Genies verkörpern. Das bedeutete, er würde schweigen, solange ich nicht fragte.
    Um ihn zum Reden zu bringen, musste man schlauerweise die Fragen vermeiden, die er gern gestellt haben wollte. »Also ich weiß nicht, er hat was ganz Furchtbares an sich.«
    »Ach was, nein«, verteidigte ihn Yakup. »Er ist bloß ungepflegt. Eigentlich ist er ein hübscher Mann. Er hat lange, schlanke Beine. Und sein Gesicht sieht auch nicht übel aus.«
    Ich dachte kurz nach. Nein, dieses implizite Anzeichen für Homosexualität hatte nichts mit unserem Thema zu tun. »Er hat nicht einmal Scheiben in den Fenstern.«
    »Er ist halt ein armer Kerl«, meinte Yakup achselzuckend und machte sich an die Radkappen. Ach, das verdammte Geld. Dabei würden die beiden so prima zusammenpassen.
    »Was er wohl arbeitet?«
    »Er studierte früher einmal an der Fakultät der schönen Künste. Im Bereich Bildhauerei.« Das erklärte, was ich im Keller gesehen hatte. Zumindest einen Teil davon. »Dann warf man ihn von der Uni, weil er in irgendwelche politischen Geschichten verstrickt war. Danach kam er nie mehr auf die Beine.«
    »Unser Vampir war also auf der Universität, was? Seltsam.«
    »Ja klar. Du darfst Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen. Da war zum Beispiel dieser Cevahir bei uns im Dorf. Ein Hirte. Der war zehnmal besser als all diese Journalisten im Fernsehen …«, hub Yakup an, als zum Glück ein Kunde kam, wegen dem er zurück in den Laden musste, um ihn zu bedienen. Ich war zu der Überzeugung gelangt, dass mir ein weiteres Gespräch nichts bringen würde. Noch bevor ich die Gelegenheit beim Schopf ergreifen konnte, gegen seinen Eimer zu treten und zu verschwinden, war der verdammte Krämer auch schon wieder fertig und an seinem Auto. »Der selige Hicabi Bey hat ihm seinerzeit sehr geholfen.«
    »Was du nicht sagst!« Jetzt waren wir beim Thema. Meine Spannung nahm zu.
    »Ja klar«, meinte der Krämer und klappte einen der Scheibenwischer des Toyotas hoch. »Eigentlich war es Hicabi Bey selbst, der die Razzia in der Fakultät veranlasste und Ruhan Bey in den Knast warf. Damals war Hicabi Bey noch Hauptkommissar. Später stellte er fest, dass Ruhan ein ordentlicher Junge war und dass er keinerlei Verwandten hatte. Er tat ihm leid und er unterstützte ihn, wo er nur konnte. Nachdem Ruhan aus dem Knast war, besorgte er ihm immer wieder Arbeit, ja Ruhan ging sogar bei ihm zu Hause ein und aus. Stell dir mal vor, was für ein großherziger Mann!»
    Der Verstorbene hatte Ruhan Bey also eingebuchtet. Da hätten wir doch ein prima Mordmotiv und nach dem verrückten Ertan und Erkin einen dritten potentiellen Täter. Wer weiß, vielleicht hatten sie den Mord auch gemeinschaftlich begangen? Vielleicht waren sogar noch andere beteiligt. Womöglich waren die Mitglieder des Clubs der Hicabi-Bey-Hasser zusammengekommen und hatten ihm in einem Ritual nach Mord-im-Orient-Express-Manier die Kehle durchgeschnitten. Um sich nicht die Hände schmutzig zu machen, hatten sie den verrückten Ertan benutzt. Hätte es etwa nicht so gewesen sein können? Doch, schon. »Wann ungefähr ist das alles passiert, Yakup Abi?«
    »Zwanzig Jahre wird es her sein.«
    »Die Hilfe des Verblichenen scheint Ruhan Bey allerdings nicht viel genutzt zu haben.«
    »Der Ruhan hat doch nicht bei der Stange bleiben können. Bei allem rümpfte er die Nase. Und Hicabi Bey gab natürlich irgendwann die Hoffnung auf. Man kann nicht ständig jemanden durchfüttern. Wenn ich beispielsweise jeden andauernd anschreiben lasse, wie lange soll das gehen? Irgendwann gehe ich selbst pleite.«
    »Und was hat es mit der Villa auf sich? Hat Ruhan Bey sie von seiner Familie geerbt oder so?«
    »Nein, nein, was für ein Erbe denn? Das ist Staatseigentum. Soll seinerzeit das Sommerhaus der Familie eines Großwesirs gewesen sein. Ruhan Bey ging damals weg von hier. Ich sagte immer, aus ihm wird nie etwas Gescheites. Wer weiß, wie er all die Jahre gelebt hat. Man kann es sich ausmalen, wenn man ihn sich ansieht. Und dann ist er plötzlich wieder zurück in der Tretmühle.«
    »Wie er wohl auf die Idee gekommen ist? Hast du ihn nicht gefragt?«
    »Doch, beiläufig«, sagte der Krämer und verdrehte dabei die Augen. »Er druckste ziemlich herum. Ich meine, dass er versucht hat, wieder an Hicabi Bey heranzukommen. Den Schuh muss er sich natürlich

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