Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Beck
Vom Netzwerk:
Schuhen, Eispickeln und Seilen über den Schultern, marschierten vorbei. Der letzte Mann in der Gruppe hob grüssend seine Schirmmütze.
    Fatima wollte die Brücke endlich hinter sich lassen und das Gletschereis berühren. Sie schob sich an Winter vorbei. Die Brücke stieg nun sanft an. In den Knien spürte sie die Schwingungen der Bergsteiger.
    In Gedanken versunken blieb Winter einen Moment stehen. Bis zum Gletscher war es noch etwa eine Stunde. Vielleicht konnten sie eine Strecke auf dem Gletschereis gehen. Im Sommer waren die Spalten nicht verschneit und gut sichtbar. Wahrscheinlich hatten die Touristiker für die Gäste einen sicheren Abschnitt markiert. Winter folgte Fatima.
    Die Felsnase auf der anderen Seite war noch etwa dreissig Meter entfernt, als unmittelbar vor ihm ein Holzbrett zerbarst. Die benachbarten Bretter wurden aus der Halterung gerissen. Ein klaffendes Loch öffnete sich. Einer der herumfliegenden Holzsplitter bohrte sich in seinen Unterarm. Jemand hatte auf sie geschossen. Hier oben waren sie ohne Schutz ausgestellt. Menschliche Zielscheiben.

6.   August 13:13
    Fatima hörte das Krachen des Holzes, drehte sich um und starrte auf das Loch zwischen sich und Winter. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck. Winter zeigte mit seinem blutenden rechten Arm und ausgestrecktem Zeigefinger auf das Ende der Hängebrücke und schrie: «Lauf!»
    Fatima sah das Blut und zögerte. Sie war hin- und hergerissen zwischen dem verletzten Winter und dem sicheren Boden. Ein zweiter Schuss schleuderte weitere Bretter zwischen Fatima und Winter weg.
    Fatima rannte hilflos von Winter weg.
    Winters Zeit verlangsamte sich; eine ruhige Zeitblase umfasste ihn. Er analysierte die Situation: Der Schütze war unter ihnen. Er hatte keinen Knall gehört. Die Schüsse wurden aus grosser Distanz mit einem Gewehr abgefeuert. Ein Jagdgewehr. Mit Zielfernrohr. Die Gämsjagd war erst im Herbst.
    Ein Schuss aus dieser Distanz und diesem Winkel war schwierig. Der Schütze hatte bis jetzt nur Bodenbretter getroffen. War er schlecht oder ein Sadist?
    Winter drehte sich um und hastete zurück gegen die Mitte.
    Damit tat er das Unerwartete.
    Und er lockte den Schützen von Fatima weg.
    Doch zwei weitere, kurz hintereinander abgefeuerte Kugeln zerfetzten die Holzplatten vor ihm. Ein langes Loch riss sich auf. Winter stoppte abrupt, schützte mit den Armen seine Augen und kassierte einen weiteren Holzsplitter.
    Der Boden unter seinen Füssen schrumpfte rapide.
    Er sah, wie die kaputten Bretter langsam in die schier endlose Tiefe taumelten. Er selbst war schwerer und würde schneller fallen. Newton. Oder nicht?
    Er wünschte sich seinen Fallschirm herbei, der zu Hause fein säuberlich gefaltet auf dem Dachstock lag. Konzentration.
    Wenigstens eine Frage war beantwortet: Der Schütze war ein Sadist, der seine Opfer leiden liess. Das war gut, denn das gab Winter Zeit, sich aus der unangenehmen Lage zu befreien.
    Bewegung.
    Bewegliche Ziele sind schwieriger zu treffen als statische. Trotzdem erstarrten die meisten Lebewesen. Wie das Reh im nächtlichen Scheinwerferlicht des heranrasenden Autos. Winter drehte sich blitzschnell um seine Achse und sprang zurück ins Leere.
    Das war keine Sekunde zu früh, denn der nächste Schuss brach die letzten drei Holzbretter unter seinen Füssen heraus. Die Kugel pfiff an ihm vorbei. Ein Holzsplitter bohrte sich in den Rucksack. Er griff sich mit beiden Händen das rechte Leitseil und landete mit den Füssen auf dem darunterhängenden Drahtseil.
    Er schaute zu Fatima hinüber. Sie war noch zehn Meter vom sicheren Fels entfernt. Seine beiden Seile federten heftig auf und ab, und er versuchte die Lage über dem Abgrund zu stabilisieren.
    Fatima war noch fünf Meter vom sicheren Fels weg, als der Boden unter ihr herausgeschossen wurde. Sie fiel ins Bodenlose.
    Winter hatte den Eindruck, dass Fatima in Zeitlupe im berstenden Bretterboden versank. Wie bei einer Geheimtür auf einer Theaterbühne. Oder wie bei der Falltür unter einem Galgen.
    «Nein!»
    Zuerst Anne und jetzt Fatima. Ihr grell verzweifelter Angstschrei war eine Mischung aus «Halt!», «Nein!», «Hilfe!» und «Allah!» auf Arabisch.
    Und dann hörte er das lang gezogene Echo davon aus dem Talkessel zurückkommen.
    Und noch einmal.
    Dann war es ruhig.
    Für einen Moment stand die Welt still.
    Als Winter seine Augen wieder öffnete, sah er, dass eine der dünnen Querstreben Fatima unter den Armen aufgefangen hatte. Brust, Bauch und Beine hingen

Weitere Kostenlose Bücher