Söldner des Geldes (German Edition)
Laufschritt in Richtung des Parkplatzes. Wenn jemand auf ihn schiessen würde, konnte er jederzeit wieder ins Wasser springen. Als er sich dem Ende des Dammes näherte, verlangsamte er seine Schritte und bückte sich schutzsuchend hinter eine niedrige Mauer.
Eine Treppe führte einige Meter hinunter auf den leeren Parkplatz. Der Landrover stand gut fünfzig Meter entfernt. Ein flaches Boot aus Aluminium mit einem kleinen Aussenbordmotor lag halb im Wasser, abgedeckt mit einer blauen Plane. Mit dem Boot fischten sie wohl Treibholz aus dem Wasser.
Mit der Schusshand voran kam Winter über die Mauer und überblickte auch die toten Winkel dahinter. Niemand. Er eilte die Treppe hinunter.
Bis zum Landrover nur offenes Gelände ohne Deckung.
Ein Blick zurück: Eine massive Stahltür führte ins Innere des Dammes.
Wagen oder Damm? Priorisieren.
Zuerst der Landrover, dann die Gewölbe des Dammes. Vielleicht fanden sich im Geländewagen Hinweise auf Baumgartner. Die SIG beidhändig umfasst und auf den verdreckten Landrover gerichtet, näherte sich Winter dem Wagen von hinten. Ein schneller Blick unter dem Landrover hindurch zeigte, dass sich niemand dahinter versteckte. Aber sass da nicht jemand auf dem Beifahrersitz? Die Heckscheibe und die hinteren Fenster waren verdunkelt, und die Kopfstützen verdeckten die Sicht.
Wartete da etwa jemand seelenruhig mit dem Finger am Abzug, bis Winter nah genug war für einen sicheren Kopfschuss? Der Parkplatz bot keinen Schutz, und die fünfzig Meter ohne Deckung schienen endlos. Es war mäuschenstill. Kein Lüftchen wehte.
Winter änderte den Winkel zum Wagen. Das hatte zwei Vorteile. Erstens wurde der Gegner gezwungen, sich zu bewegen. Vielleicht würde eine Bewegung dessen genaue Position verraten. Zweitens erschwerte er ihm den Schusswinkel, denn nun bot die hintere Dachstrebe ein wenig Schutz.
Noch zwanzig Meter.
Plötzlich beschleunigte Winter. Er schlug zwei Haken. Eine Gestalt sass tief im Beifahrersitz. Winter riss die Fahrertür auf, duckte sich, um einer allfälligen Kugel ein kleineres Ziel zu bieten, und zielte ins Wageninnere.
Baumgartner. Obwohl er in einem weissen Overall der Secer steckte, war er unverkennbar. Nur das kleine Loch in der Schläfe war neu.
Winter richtete sich auf und steckte die Pistole weg. Adrenalin und Blut rauschten durch seine Adern. Er ging um den Wagen herum und öffnete die Beifahrertür. Kein Puls. Aber er war noch warm. Baumgartners Augen starrten ins Unendliche, seiner Seele hinterher.
Winter öffnete den Reissverschluss des Overalls, unter welchem der Verbindungsmann immer noch seinen Nadelstreifenanzug trug. In der linken Innentasche fand er ein extrem scharfes Keramikmesser. Für einen Metalldetektor nicht erkennbar. Notfalls als Brieföffner getarnt. Kein Blut mehr, sauber abgewischt.
In der rechten Innentasche ein dünnes Lederetui mit Banknoten und Visitenkarten. In den Hosentaschen nur der übliche Krimskrams: Kleingeld, Kaugummi, Schlüsselbund und ein Autoschlüssel. Offenbar fuhr Baumgartner einen BMW .
Hatte gefahren.
Im Zündschloss steckte kein Schlüssel. Wahrscheinlich hatte ein Komplize mit dem Landrover beim Bunker auf Baumgartner gewartet. Max? Und nachdem der Banker seinen Zweck erfüllt hatte, war er nutzlos geworden. Max oder wer auch immer der Täter war, wollte offenbar keine lebenden Zeugen. Vielleicht hatte Winters Anruf von Känzigs Telefon aus Baumgartners Schicksal besiegelt. Baumgartners Mobiltelefon fehlte jedenfalls.
Winter schaute sich um. Baumgartners Tod sparte dem Staat eine Menge Geld: ein, zwei Millionen sicher. Alles hatte Vor- und Nachteile.
Winter durchsuchte den Wagen. Das Handschuhfach ergab nichts. Fahrzeugpapiere und eine Schweizer Strassenkarte. Winter schloss die Tür, ging um den Wagen herum und öffnete die Heckklappe. Im Laderaum befand sich nur eine zerknüllte Militärplane. Darunter bräunliche Schleifspuren einer schweren Ladung. Holzsplitter von Brettern oder von Holzkisten?
Plötzlich hörte er vom Damm her Stimmen.
Ein Auflachen.
Zuerst sah er zwei orange Helme, dann darunter die beiden Servicearbeiter mit ihren blauen Windjacken. Um die Hüften trugen sie breite Ledergürtel mit allerhand Werkzeug. Über den Schultern trugen sie Sicherungsseile mit Metallhaken. Die Männer kamen plaudernd die Treppe herunter.
Winter schloss die Hecktür und eilte den Männern winkend entgegen. Er musste sie warnen.
«Hey! Warten Sie!»
Die Männer verstummten und blieben am Fusse der
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