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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Beck
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Zeitplan knapp wurde. Und offenbar handelte es sich um etwas Dringendes, aber Kleines, ansonsten hätte Anne ihn sicher schnell angerufen. Wer hatte über seinen Kopf hinweg Anne zur Umkehr bewegt? Annes Mutter erzählte mittlerweile von Annes Schulzeit und ihren anfänglichen Schwierigkeiten, die Buchstaben «d» und «p» zu unterscheiden.
    Winter hatte es plötzlich eilig. Er erhob sich, versprach, sich zu melden, falls es Neuigkeiten gebe, und verabschiedete sich von Annes Eltern. Der Vater, der die ganze Zeit schweigend neben seiner Frau auf der Schaukel gesessen hatte, begleitete Winter zum Auto. Zum Abschied sagte er ein wenig förmlich: «Vielen Dank, dass Sie sich um Anne gekümmert haben. Es war schön, Sie kennengelernt zu haben, und Sie sind auch so jederzeit hier willkommen.»
    Die Sonne stand bereits ziemlich tief, und Winter musste auf der Fahrt nach Bern die Sonnenblende herunterklappen. Er nahm die Überlandstrasse durch die sommerlichen Felder und öffnete das Fenster. Winter nahm die Landschaft nicht wahr. Er fragte sich, was Annes Vater mit dem «auch so» gemeint hatte. Wie viel hatte sie ihren Eltern über ihre junge Beziehung erzählt? Ab wann hat man eine Beziehung?
    Als er die Stadt erreichte und in der Nähe der Bank parkierte, besann er sich auf seine Aufgabe: herauszufinden, wer den Helikopter zum Absturz gebracht und Anne, Al-Bader und Strittmatter ermordet hatte.

25.   Juli 20:38
    Der Hauptsitz der Bank in Bern war in einem fünfstöckigen Sandsteingebäude aus dem 17. Jahrhundert. Die Stiftung der Gründerfamilie, die diverse Landgüter und weitere Immobilien besass, vermietete es der Bank. Ursprünglich deckte die Familie damit deren Grundkapital.
    Heute war das Erdgeschoss an eine Pizzeria vermietet, die für ihre knusprigen Pizzas und ihre lauten italienischen Kellner berühmt war. Winter hatte in diesem Restaurant schon ein kleines Vermögen ausgegeben. Auch mit Anne.
    Von aussen war die Bank nur bei genauem Hinsehen zu erkennen. Neben der Pizzeria war ein diskreter Hauseingang mit einem mattierten Schild, auf dem der Name der Bank stand. Als Winter sich der Eingangstür näherte, sah er den wartenden Mann. Es kam oft vor, dass sich Leute vor der Pizzeria verabredeten und auf Freunde warteten. Aber Winter war sich sicher, dass es kein Zufall war, dass dieser unauffällige Mann heute hier war. Hätte Winter die vorbeigehenden Passanten gefragt, ob sie jemanden gesehen hätten, wäre die Antwort mehrheitlich «nein» gewesen.
    Der Mann war von mittlerer Statur, etwa fünfzigjährig, trug ein kurzärmliges Hemd und hatte schütteres braunes Haar. Unter dem linken Arm klemmte eine zerlesene Zeitung. Seine Füsse steckten in biederen Halbschuhen aus Kunstleder mit vielen kleinen Löchern. Meister wirkte wie ein einsamer Beamter, der am Samstagabend nicht wusste, was er mit sich anfangen sollte, und jetzt auf den Bus wartete.
    Dieser Eindruck vermittelte gewollt nur die halbe Wahrheit, denn Meister war Sektionschef beim Bundesamt für Polizei, Fedpol, des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Er leitete von seinem Schreibtisch aus die Abteilung für organisierte Kriminalität.
    Winter hatte ihn schon vor Jahren kennengelernt, als er noch bei der Spezialeinheit «Enzian» war. Meister operierte im Hintergrund und bekämpfte die gleichen Verbrechen, auf welche Winters Spezialeinheit angesetzt wurde: internationale, organisierte Kriminalität, Entführungen, Drogenhandel, Falschgeld und Korruption.
    Der Jurist Meister hatte zudem vor ein paar Jahren mitgeholfen, die Meldestelle für Geldwäscherei aufzubauen. Eine Behörde, die keiner Bank egal sein konnte. Nicht zuletzt deshalb hatte Winter nach seinem Wechsel zur Bank die Beziehung weiter gepflegt. Dabei half die geografische Nähe. Die Fedpol lag in Gehdistanz zur Bank. Winter nickte Meister zu und zog seinen Schlüssel aus der Tasche, der die schwere Holztür öffnen würde: «Kommen Sie rein?»
    Die beiden Männer waren über all die Jahre beim formalen Sie geblieben. Es hatte bis jetzt einfach nie einen Grund gegeben, zum Du zu wechseln. Winter war das recht.
    «Nein danke, ich sollte schon lange zu Hause sein.»
    Winter hatte keine Ahnung, wo Meister wohnte, und hatte trotz des Eherings Mühe, sich ihn als Ehemann vorzustellen.
    «Wie haben Sie gewusst, dass ich heute Abend in die Bank komme?»
    Meister lächelte verlegen und tippte mit der Zeitung an die Brusttasche seines Hemdes. Dort steckte ein flaches Mobiltelefon.

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