Söldner des Geldes (German Edition)
habe mit einem Norweger gesprochen. Er leitet von Bergen aus einen Fonds, der auf Investments in Infrastruktur spezialisiert ist. Eintritt ab zehn Millionen. Und der Wikinger hat mir nach dem vierten Wodka erzählt, dass Al-Bader daran gewesen ist, massiv in globale Infrastrukturprojekte zu investieren. Deshalb auch die Konferenz in Norwegen.»
«Und?»
«Als ich dann meine sechzig Sekunden Audienz beim Bruder hatte, meinte dieser, dass der Investitionsprozess im Interesse des ganzen Konsortiums sei und trotz des Todes von Al-Bader mit unverminderter Geschwindigkeit weitergehen müsse.»
«Ja und?»
«Das Interessanteste war, dass mich der Bruder zuerst für einen Norweger hielt. Müssen meine blonden Haare und die blauen Augen gewesen sein. Als ich ihm erklärte, dass ich aus der Schweiz sei, hat er mich sofort mit einer Handbewegung als unwichtigen Störenfried weggewunken, entlassen.»
Schütz lachte verächtlich.
«Und ich Idiot habe immer geglaubt, dass wir Al-Baders hauptsächliche Bankbeziehung seien. Bei uns hat er wohl nur seine Portokasse. Stell dir das vor! Offenbar gilt: Öl zu Öl. Wenn das mit dem Konsortium stimmt, dann sind die Investitionssummen gigantisch. Da kannst du einen Mord unter Spesen verbuchen. Wo gehobelt wird, da fallen Späne.»
«Sagst du, dass Al-Bader über einen norwegischen Fonds für Superreiche in Infrastrukturen wie zum Beispiel ägyptische Kernkraftwerke investiert und er wegen diesen Investitionsvorhaben umgebracht wurde?»
«Nein, so direkt würde ich das nicht formulieren. Ich sage nur, es ging in Norwegen nicht nur um Al-Bader, sondern um eine ganze Gruppe von Investoren aus dem Nahen Osten. Ein Konsortium. Und Al-Bader war nur einer von ihnen. Wenn du das grob hochrechnest, kommst du auf Beträge von mehreren Milliarden Dollar. Das sind Summen, die Märkte bewegen können.»
«Weisst du, ob die Konferenz in Bergen noch im Gang ist? Da hätten wir alle auf einem Haufen.»
«Ja, die Konferenz dauert noch bis Ende der Woche. Ich maile dir die Visitenkarte des Wikingers. Das sollte dir als Eintrittsticket reichen.»
«Danke.» Winter unterbrach die Verbindung und dachte: Norwegen ist kühler als Ägypten.
Nachdenklich verliess Winter das Zimmer, stieg die enge Steintreppe hinunter und trat durch eine offene Holztür in einen Innenhof. Der Hof war durch das Haus vom Treiben und Lärm der Strasse abgeschirmt. Eine kühle Oase mit vielen blühenden Pflanzen. In der Mitte ein rechteckiger, gekachelter Teich mit einem kleinen Springbrunnen. Ein gedeckter Säulengang führte rund um den Hof. Es war schon ziemlich dunkel. Über seinem Kopf beleuchteten die letzten Sonnenstrahlen die Zinnen.
Fatima sass in einer Ecke des Hofes an einem runden gusseisernen Tisch und hatte einen Laptop vor sich.
Winter sagte: «Das ist ein wunderbarer Hof.»
«Ja, ich bin sehr gern hier. Ich arbeite hier viel konzentrierter als an der Port Said.» Sie machte verlegen eine ausholende Bewegung: «Das ist das Haus der Familie meiner Mutter. Aber meine Eltern leben jetzt die meiste Zeit in London. Ich lebe hier mit meiner Grossmutter. Sie kümmert sich um all die Pflanzen.» Sie schaltete den Laptop aus, stand auf und sagte: «Hast du Hunger? Ja, nach diesem Tiefschlaf musst du hungrig sein.»
Fatima stand auf, verschwand für einige Minuten und kam mit einem Tablett voller ägyptischer Häppchen aus der Küche zurück. Sie assen direkt aus den reich verzierten Schüsseln. Nach einer Weile begannen sie über die Parallelen zwischen dem Helikopterabsturz im Höllentobel und der Explosion von Kaddours Mercedes zu sprechen. War es Zufall? Bestand ein Zusammenhang? Fatima wollte unbedingt wissen, wer hinter dem Mord an Kaddour steckte: «Al-Bader ist die einzige offensichtliche Verbindung.»
«Ich bin nicht sicher. Vielleicht ging es nicht um Al-Bader oder Kaddour als Personen, sondern um das projektierte Kernkraftwerk.»
«Niemand wusste, dass Al-Bader investieren wollte.»
«Niemand?»
«Man weiss nie. Aber neben Al-Bader gibt es noch mehrere andere interessierte Investoren. Die Fundamentalisten können nicht jeden ermorden.»
«Nein, aber sie können eine starke Botschaft an andere potenzielle Geldgeber schicken und das Klima vergiften.»
«Das Projekt der Orafin wird sich schlimmstenfalls ein wenig verzögern. Wir werden auf jeden Fall die Gespräche mit der Familie von Al-Bader weiterführen.»
Winter rieb sich die juckende Schläfe: «Die Spur des Geldes ist nicht einfach zu
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