Söldner des Geldes (German Edition)
Unendlichkeit beruhigten.
Winter dachte an seine Terrasse zu Hause, die ungenutzten Liegestühle und Anne. Er war traurig und fragte sich, wie der Verlust von Anne die Beziehung zu Fatima beeinflusste. Die Weite des Meeres erinnerte Winter daran, wie unwichtig er war. Irgendwie tröstlich.
Ein junger, weiss livrierter Kellner riss ihn aus seinen Gedanken, servierte die Getränke und deckte den Tisch für drei Personen. Nach ein paar Minuten kam Farmer zurück. Er hatte die Windjacke gegen einen Pullover mit V-Ausschnitt getauscht und hielt einen Tomatensaft in der Hand.
«Das Essen kommt gleich.»
Obwohl sie bereits den ganzen Morgen miteinander unterwegs gewesen waren, war es für Winter der erste ruhige Moment mit dem Professor, und nach der Aufwärmrunde über das schöne Haus und dessen bevorzugte Lage fragte er: «Entschuldigen Sie bitte meine Aufdringlichkeit. Aber was ist eigentlich die Spezialität von ‹Pyramid Investment Partners›?»
Der Professor lehnte sich zurück und setzte zu einer Vorlesung an: «Herr Winter, das ist im Prinzip ganz einfach. Sicher haben Sie schon gehört, dass die Universität von Harvard ihr Geld sehr erfolgreich angelegt hat. Wir sind darauf angewiesen, dass die Gelder unserer Gönner und Spender möglichst effektiv und sicher eingesetzt werden und den Fortbestand der Universität garantieren. Wir haben schon früh erkannt, dass es gefährlich ist, alle Eier in einen Korb zu legen.»
Zwei Kellner kamen mit einer kalten Lachsvorspeise, einer Flasche Weisswein von der Nachbarinsel, und sie setzten sich alle an den grossen Holztisch. Nach dem Anstossen fragte Winter: «Aber was hat das mit ‹Pyramid Investment Partners› zu tun?»
«Harvard hat schon vor Jahren in alternative Themen investiert. Immobilien und Gold. Das kennen Sie. Aber wir haben auch in Platin, Silber, Nahrungsmittel, Orangensaft», Farmer zeigte auf Fatimas Glas, «Öl, Gas, Holz, Kühe und vieles mehr investiert. Das Ziel ist, die Korrelation zwischen den Investments zu minimieren und das Risikoprofil des Portfolios zu verbessern.»
«Risikoprofil?», sagte Winter, und dachte: Täterprofil.
«Ja, die Kunst besteht darin, in Anlageklassen zu investieren, die sich gegenseitig ergänzen. Direkte Investitionen in Öl und Transportaktien verhalten sich gegenläufig. Wenn das Öl teurer wird, rentieren Ölplattformen mehr, dafür sinkt wegen der Treibstoffkosten der Wert der Transportfirmen. Der Harvard-Investitionsfond hat diesen Ansatz systematisiert, professionalisiert und konsequent umgesetzt. In den letzten zehn Jahren haben wir mit diesem Ansatz sämtliche relevanten Benchmarks geschlagen.»
Der Lachs war frisch.
Winter fragte: «Und was macht die ‹Pyramid Investment Partners› besser als die Konkurrenz?»
«Wir sind spezialisiert auf Direktinvestitionen in essenzielle Infrastrukturen. Und das global. Wir bauen mit unserem Wissen eine Brücke zwischen Investoren, welche den Ansatz von Harvard pflegen wollen, und lokal verankerten Infrastrukturprojekten, wie beispielsweise dem Kernkraftwerk, das wir heute Morgen besucht haben.»
Fatima wusste das schon und erklärte: «‹Pyramid Investment Partners› hat uns hier in den Vereinigten Staaten von Amerika Türen geöffnet, die Orafin ansonsten lange verschlossen geblieben wären.»
Das Kompliment schmeichelte dem Professor. Er liess sich aber nicht gern unterbrechen und fuhr fort: «Die Kombination von Infrastruktur, Energie und Schwellenländern ist zukunftsträchtig. In Amerika und Europa muss die Infrastruktur für Milliarden von Dollar erneuert werden. Ob Krise oder Konjunktur. Die Regierungen sind glücklich, wenn sie ihre Klumpenrisiken loswerden. Energie brauchen wir immer. Die Weltbevölkerung und ihr Wohlstand wachsen.»
Der Professor legte sein Besteck in den Teller und formte mit seinen Händen einen imaginären Globus: «Stellen Sie sich vor, was geschehen würde, wenn die ganze Weltbevölkerung nur halb so viel Energie verbrauchen würde wie der Durchschnittsamerikaner. Und erst die Schwellenländer! Die wachsen auch in Zukunft fünf, zehn Prozent pro Jahr. Die brauchen Energie für ihre Fabriken, um die wachsende Inlandnachfrage zu stillen. Entweder ist es zu kalt oder zu warm. Das ist wie die Eroberung des Wilden Westens in Amerika. Da herrscht Goldgräberstimmung. Die Knappheit ist vorprogrammiert.»
* * *
Im Fadenkreuz war gut zu erkennen, wie der Professor in seinem Eifer mit dem Besteck in der Luft herumfuchtelte. Die
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