Sohn Der Nacht
machte Katie sich bereit, wieder aufzustehen.
Art lehnte sich vor. »Katie, bevor du gehst - da gibt es noch etwas, was ich dir erzählen muß. Ich war eigentlich unterwegs, dir davon zu erzählen, als ich durch die Maus abge lenkt wurde.«
Sie setzte sich wieder zurück und war dankbar für einen weiteren Augenblick in seiner Gesellschaft. Er blickte auf seine Hände hinunter und sah auf einmal aus, als fühle er sich gar nicht mehr wohl. »Wußtest du eigentlich, daß Merrick Chapman einmal in San Francisco gewohnt hat?«
»Sicher. Warum?«
»Nun, du weißt, daß ich aus dieser Gegend stamme. Ich habe einen Freund in der Gegend, der in der Aufklärungsab teilung der Marine arbeitet. Ich habe ihn gebeten, verschiede nes für mich nachzuprüfen ...«
Katie spürte eine Aufwallung von Mißfallen. »Verdammt noch mal, Art, das war nicht in meinem Sinn.« Sie stand wie der auf, aber er nahm ihren Arm.
»Das weiß ich auch«, sagte er drängend. »Es tut mir leid. Aber du mußt mir jetzt zuhören. Es ist sehr wichtig.«
Sie blieb stehen und wollte gehen, aber sie schaffte es ein fach nicht.
»Merrick besitzt dort draußen noch immer ein Haus«, sagte Art schnell. »Das erste Mal, als mein Freund sich dem Haus näherte, um es näher zu untersuchen, hat ihn ein Hausverwalter weggeschickt. Später kam er wieder und konnte in das Haus eindringen. Es war niemand drinnen, aber das Haus war voll möbliert und sah bewohnt aus. Auf einem Tisch stan den Fotos von einer Frau und einem kleinen Jungen. Mein Freund hat das Foto der Frau aus dem Rahmen genommen, um zu sehen, ob er irgendwo einen Hinweis auf den Fotogra fen finden könnte. Dahinter fand er ein anderes Foto, das zwischen dem Foto, das im Rahmen zu sehen war, und der Rück seite des Rahmens steckte. Es war ein Foto von Merrick und derselben Frau.«
Katie schüttelte mit einem Schulterzucken einen Anflug von Eifersucht ab. Na und, dann hatte Merrick eben dort draußen mit einer anderen Frau zusammengelebt. Das war vor zwölf Jahren. Was glaubte Art wohl damit zu bewei sen?
»Bevor mein Freund sich weiter umsehen konnte«, fuhr Art fort, »hörte er, wie jemand kam, und mußte verschwin den, aber er nahm das zweite Foto mit. Er hat mir eine Kopie davon zugefaxt.«
Art nahm zwei Blätter Papier aus der Tasche seines Labor kittels und schob eines davon über den Tisch. Es zeigte Mer rick und eine gutaussehende Frau mit dunklen Haaren. Ihre Köpfe waren sehr nahe beieinander, und sie lächelten. Katies Herz sank. Die Frisur der Frau war ein bißchen altmodisch, aber an ihr selbst war nichts alt - sie sah aus wie fünfund zwanzig. Was aber noch erstaunlicher war, Merrick sah nicht einen Tag jünger aus als heute morgen.
Dieses Foto stammte nicht aus der Zeit von vor zwölf Jah ren, nicht aus Merricks Vergangenheit. Es stammte aus seiner; Gegenwart.
»Dies stand auf der Rückseite des Fotos«, sagte Art mit lei ser Stimme und schob ihr das zweite Blatt Papier über den schmalen runden Tisch zu.
Zuerst sah Katie nichts darauf. Dann bemerkte sie die Schrift unten in einer Ecke. Durch die Übertragung per Fax war sie verblaßt, aber nicht so weit, daß sie sie nicht mehr lesen konnte: Meiner lieben Alexandra zu unserem vierten Hoch zeitstag in Liebe, Merrick.
Katie sank auf ihren Stuhl und starrte auf die Worte vier ter Hochzeitstage Unmöglich, gräßlich, von Merricks eigener Hand geschrieben. Die hingekritzelte Liebeserklärung an eine andere Frau traf sie schwer, ließ ihren Sinn für die Reali tät ins Wanken geraten; sie zeigte ihr einen neuen und dunk leren Merrick. Nein, dachte sie. Nein. Aber die Worte vergru ben sich immer tiefer in ihr Herz. Merrick, verheiratet.
Schmerzerfüllt, wütend blickte sie zu Art auf. »Warum hast du das getan? Hast du gedacht, du könntest mich auf diese Weise gewinnen?«
»Nein.« Art sah elend aus. »Ich hätte schon gestern in der Cafeteria sagen können, daß das nie passieren wird, weil du noch immer Merrick liebst. Du wirst es vielleicht gar nicht glauben, aber ich mochte ihn selbst. Ich wollte nur sicher sein, bevor ich mich verabschiedete, daß du am Ende nicht durch ihn verletzt wirst. Ich wünsche bei Gott, dieses Foto würde nicht existieren, Katie. Aber es existiert nun mal. Es sieht so aus, als habe Merrick eine Frau und ein Kind in Kalifornien.«
»Ich glaube es nicht.«
Art streckte die Hand nach ihr aus und zog sie wieder zurück. »Es tut mir leid. Es tut mir so leid.«
Katie spürte einen dumpfen Schmerz
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