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Sohn Der Nacht

Titel: Sohn Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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Eine Weile kam nichts als Felder, dann glitt Nathan's General Store zur Rechten vorbei, und das runde Coca-Cola-Emblem leuchtete orangefarben unter dem Scheinwerfer. Es erinnerte ihn an die Blutzellen unter Byners Mikroskop.
    Die Landstraße wurde noch enger, als die Felder dichten Wäldern wichen und Bäume auf beiden Seitenstreifen empor ragten. Merrick fuhr langsamer und fand die Abzweigung, ein schmales Loch in den Wäldern. Die Scheinwerfer des Stra ßenkreuzers erhellten eine lange Reihe von Büschen und war fen ein Gewirr aus schwarzen Schatten über die Baum stämme. Er löschte die Scheinwerfer und folgte den tiefen Doppelspuren  auf  ihrem  gewundenen  Kurs  durch  die
    Bäume. Seine Augen stellten sich rasch auf die Dunkelheit ein.
    Etwa eine Meile später parkte er den Wagen und stieg aus, um zu Fuß weiterzugehen. Das Unkraut reichte bis zu seinen Waden, Feuchtigkeit zog in seine Socken. Die Rinde der Eichen verbreitete einen bitteren, feuchtwarmen Geruch. Er hörte den schrillen, durchdringenden Schrei eines Ziegenmel kers und schauderte. Dieses Gelände war seit hundert Jahren Besitztum seiner Vorväter, aber zu Hause fühlen würde er sich hier nie.
    Merrick fand die kleine Lichtung, die von den vier alten Eichen markiert wurde, die ein natürliches Geviert bildeten. Sein Herz raste in einer Mischung aus Erwartung und Angst. Es war schon lange her, seit er Sandeman besucht hatte.
    Aber um Sandeman zu sehen, mußte er auch die anderen besuchen.
    Merricks Körper versteifte sich, und die Muskeln an Nacken und Schultern zogen sich zusammen. Einen Moment stand er da und atmete tief durch in dem Versuch, sich auf die unheimliche Begegnung vorzubereiten. Er schob das feuchte Laub beiseite. Mit den Fingern tastete er den Boden ab, bis er eine Nahtstelle fand und nach dem eisernen Ring darunter suchte ... da! Er zog die Falltür mitsamt der darüber liegenden Sode auf. Darunter schimmerte die Platinlegierung röt lich im Licht der Öffnung. Merrick stellte die Zahlenkombina tion ein, die er noch auswendig wußte, und kurz darauf gab die Tür nach und schwang in ihren hydraulischen Angeln langsam nach unten. Ein sanftes, bläuliches Licht schimmerte von unten herauf. Merrick stieg die Leiter halb hinunter und machte eine kurze Pause, um die massive Tür wieder einzu hängen. Er drehte das innenliegende Rad, um sicherzustellen, daß sie auch wieder schloß.
    Der Vorraum roch leicht nach Schimmel und dem feuchten Zement des Stahlbetons. Merrick schmeckte Galle und schluckte schwer. Immer derselbe Geruch, bevor er über haupt jemanden sah. Wie er ihn haßte.
    Merrick wählte die Kombination zur Tür des Vorraums, und sie schwang auf, wobei sie in dem dahinter liegenden Gewölbe ein noch intensiveres blaues Licht aktivierte. Er hielt den Blick starr geradeaus, sah jedoch aus den Augenwinkeln verschwommen eine Reihe von Körpern. Er zwang sich, den Blick ihnen zuzuwenden, den sieben Männern und vier Frauen, die dort in vollkommenem Schweigen auf ihren Lie gen ruhten, die Arme an den Seiten, die Köpfe nach vorn in den Kissen aufgerichtet. Lange, weiße Haare breiteten sich fächerförmig um ihre ausgetrockneten Gesichter. Die meisten hatten die Augen geöffnet. Sie schienen ihn anzustarren. In dem indigofarbenen Licht schimmerte ihre Haut kalt. Sie lie ßen ihn an Pharaonen in einem urzeitlichen Raum zur Einbal samierung denken, Herrscher der Finsternis, niedergestreckt von einer mysteriösen Heimsuchung. Niedergestreckt, aber nicht tot, dachte Merrick.
    Und ich bin ihre Heimsuchung.
    Er hielt die Augen auf eine einzelne Tür am anderen Ende der Kammer gerichtet und zwang sich durch die beiden Rei hen von Lagerstätten voran. Aus Vorsicht wegen der drei Sau ger, die hinter Stahltüren auf jeder Seite des zentralen Gewöl bes eingeschlossen waren, versuchte er, kein Geräusch zu machen. Als er das letzte Mal hiergewesen war, waren diese drei noch zu stark gewesen, um sie in den allgemeinen Gewahrsam zu überführen, wo sie direkten Zugang zur Tür des Vorraums hatten. Wenn er nicht leise war, würden sie ihn hören, und das wollte er auf keinen Fall. Als er durch die Rei hen der sterbenden Blutsauger im allgemeinen Gewahrsam kroch, fragte Merrick sich, ob nicht sogar sie noch in der Lage waren, ihn zu spüren. Keiner hatte noch die Kraft, sich nen nenswert zu bewegen, sonst hätte er sie nicht hierher gebracht. Sie sahen teilnahmslos und hilflos aus, doch selbst jetzt noch konnten ihre unheimlich scharfen

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