Sohn Der Nacht
Ihnen und ihr?«
Merrick zögerte. Byner konnte die Wahrheit leicht genug erfahren - und sie vielleicht schon kennen. »Wir hatten ein mal ein Verhältnis. Jetzt sind wir nur noch Freunde. Jedenfalls waren Sie derjenige, der sie hinzugezogen hat. Sie hatten allerdings damit sehr recht. Sie kennen ihre Arbeit. Sie könnte nicht besser sein. Dr. O'Keefe wird dieses Problem lösen. Geben Sie ihr nur etwas Raum.«
Byner blickte skeptisch drein, aber er nickte. »In Ordnung. Wir arbeiten nur mit ihr - für den Augenblick jedenfalls. Aber das ist eine ganz heiße Kartoffel, Merrick. Sie versuchen wei ter, daran festzuhalten, und es wird uns beide verbrennen.«
»Verstehe.« Es wurde Zeit, Byner wieder loszuwerden, bevor er seine Meinung änderte. Merrick nahm einen Macanudo-Zigarillo aus der Jackentasche.
Byner warf ihm einen entsetzten Blick zu. »Sie werden doch das Ding nicht anzünden.«
»Ich glaube, sie raucht sich leichter, wenn ich sie anzünde.«
»Ich verschwinde.«
Merrick legte die Zigarre nieder und geleitete ihn zur Tür. Byner wandte sich noch einmal nach ihm um und sagte: »Geben Sie dieses Laster möglichst bald auf, Merrick.«
»Das werde ich.«
An der Tür sah Merrick Captain Rourke, der auf ihn zueilte. Byner mußte an die Wand zurücktreten, um Rourke Platz zu machen. Bevor er Merricks Büro betrat, blickte der
Captain den Mediziner an. »Habe ich gehört, daß der Doktor Ihnen gesagt hat, Sie sollten irgend jemanden fangen?«
Merrick hob die Schultern.
»Er hat mir das Wort aus dem Mund genommen«, sagte Rourke.
Merrick sah, daß das gutmütige Gesicht des Captains, das immer ein wenig an einen Basset erinnerte, roter war als gewöhnlich. Der Nacken quoll über den Kragen; das weiße Hemd spannte bei dem Versuch, seine massive Brust und sei nen Bauch zu bedecken. Rourke liebte es, darüber zu scher zen, seine Frau habe es nie nötig, seine Hemden zu bügeln, weil Falten an seinem Körper keinerlei Chancen hätten. Was weniger lustig war, das war, daß er nicht gern wartete, bis etwas passierte. Merrick konnte es spüren, wann immer er in der Nähe dieses Mannes war, konnte es sogar hören - wie das Blut durch Rourkes verstopfte Arterien rauschte. Das machte ihn traurig. Rourke war ein anständiger Mann, und er wollte, er könnte ihn irgendwie warnen.
Vorsichtig ließ Rourke sich auf der Heizkörperverkleidung nieder und zog sich die Hosen hoch. Auf der Stelle rutschte sein Gürtel nach unten und verschwand unter der Kurve seines Bauches. »Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen«, sagte er, »Sie müssen diesen Geisteskranken fangen - und vielleicht darf ich auch hinzufügen, schnell. Dieser alte engli sche Vogel macht allerhand Druck wegen des Mords an seiner Nichte, und ich könnte nicht sagen, daß ich ihm das ver üble. Der Mord wird immer noch geheimgehalten, aber er wird m dem Augenblick bekannt werden, wo er glaubt, wir wollten ihn vertuschen.« Rourke blickte ihn an. »Wie geht es also voran?«
»Na, kommen Sie schon, Captain.«
»Ich weiß, ich weiß. Sie haben gerade erst angefangen.« Rourke seufzte. »Sehen Sie mal, Sie wissen, wie sehr ich es hasse, meinen Detectives über die Schulter zu schauen
»Das habe ich immer sehr zu schätzen gewußt.«
»Aber Sie müssen auch verstehen, daß das diesmal anders
ist. Wenn wir diesen Fall nicht in den nächsten paar Tagen aufklären, wird mir der Botschafter den Commissioner, den Oberbürgermeister und vielleicht auch noch den Präsidenten der Vereinigten Staaten auf den Hals hetzen. Ich habe gar keine andere Wahl. Ich möchte alles wissen, was Sie in Erfah rung bringen, und zwar sobald es passiert. Alles klar?«
»Klar«, sagte Merrick.
»Ich wiederhole also, haben Sie schon irgend etwas?«
Merrick versuchte, nicht an die Blutzellen zu denken. »Nein.«
Die Rötung breitete sich weiter über Rourkes Gesichtshaut aus. »Ich sage Ihnen eines, beschönigen Sie bitte nichts. Das hasse ich.«
Merrick lächelte.
»Halten Sie mich also auf dem laufenden, verstanden?« Ohne auf die Antwort zu warten, verschwand Rourke aus dem Büro.
Merrick fluchte leise. Ein honoriger Mann, aber auch einer, der sich stets bedeckt hielt. Wenn Rourke von den Blutzellen erfuhr, würde er nicht nur die Experten der natio nalen Gesundheitsbehörde auf den Plan rufen, er würde umgehend telefonisch seine Vorgesetzten informieren. Mit einem hartgesottenen medizinischen Experten und einem hervorragenden Spezialisten für Blutkrankheiten,' die die Sache
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