Sohn Der Nacht
förmlich gebadet, obwohl er nur die getötet hatte, von denen er meinte, sie verdienten es in besonderem Maße - feindliche Soldaten, Adlige, die ihre Leute versklavten, folternde Großgrundbesit zer, Mörder, Diebe, die Gewalt anwendeten ...
Auf eine ihm unheimliche Art tat es gut, diesen Vergewal tiger getötet zu haben.
Im Hospital fand Zane einen Materialraum und zog sich Chirurgenkleidung, Kappe und Maske über wie die anderen, die er in Jennys Zimmer gesehen hatte. Er war den Angestellten des Hospitals aus dem Wege gegangen, aber Jenny würde ihn sehen, und er mußte bei ihr mit dem beginnen, was sie gewohnt war. Ihr erster Eindruck von ihm würde gut sein - ein Arzt, der kam, um ihr zu helfen.
Zane fand seinen Weg zu einem Vorratsregal und nahm eine große Tasse aus Styropor herunter. Er schüttete das Blut hinein und brachte es Jenny. Ihr Aussehen erschreckte ihn. Sie war so bleich wie der Tod - es ging ihr sehr viel schlechter als noch vor Stunden, als er sie verlassen hatte. Plötzlich wußte er mit absoluter Gewißheit, daß sie ohne Blut noch vor Einbruch der Nacht tot wäre. Was, wenn sie schon zu weit war, um noch trinken zu können?
Angst zog Zane das Herz zusammen. Er beugte sich über sie und flüsterte ihren Namen. Ihre Augenlider flatterten und schlossen sich dann wieder. Liebevoll schob er ihr eine Hand
unter die Schultern, erschreckt, wie dünn sie war - er konnte jeden einzelnen Knochen an ihrem Rückgrat spüren. Ein zar ter, süßer Duft nach Schweiß stieg aus ihrem Nachthemd auf. Als er sie gerade hinsetzte, stöhnte sie auf.
»Ich weiß«, murmelte er, »es tut weh.« Und er wußte, was er sagte. Er erinnerte sich wieder.
Wieder flatterten Jennys Lider und öffneten sich dann ein klein wenig. Sie leckte sich die Lippen und sah ihn aus trüben Augen an.
»Ich habe dir etwas zu trinken gebracht«, murmelte er. Er führte die Tasse an ihre Lippen. Zunächst passierte gar nichts, dann sah er, wie ihre Nasenflügel bebten, als sie den Geruch des Blutes wahrnahm.
»Es ist Tomatensaft«, sagte er. »Trink das, und du wirst dich besser fühlen.« Er stieß ihr die Tasse gegen die Lippen.
Zuerst befeuchtete sie sich nur die Zunge. Ihre Kehle zuckte, als sie schluckte. Der zweite Schluck fiel ihr schon leichter. Sie holte tief und zitternd Luft und beugte sich über die Tasse. Er kippte sie ein wenig und sah zu, wie sie trank, wie eine Spur von Färbe in ihre Wangen zurückkehrte, und es war das beste Gefühl, das er je in seinem Leben gehabt hatte.
Als die Tasse leer war, legte er Jenny wieder auf ihr Bett zurück. Sie blickte schläfrig zu ihm auf. »Wer sind Sie?«
Er hätte ihr zu gern gesagt, daß er ihr Vater war, aber er wußte, daß es dafür noch zu früh war. Er glättete ihr die Brauen mit der Hand. Es fühlte sich linkisch an, aber wundervoll.
»Sie tragen ja keine Handschuhe«, flüsterte sie.
»Nein. Schlaf jetzt, und ich werde später wiederkommen. Schlaf, so lange du kannst. Wenn du aufwachst, wirst du dich sehr viel besser fühlen, das verspreche ich dir.« Sie nickte, und dann fielen ihr die Augen zu.
Er beugte sich über sie, zog sich die Maske herunter und küßte sie auf die Stirn. »Jenny, meine Jenny.«
Er kehrte in die Wäschekammer zurück, wo er sich die Hose wieder auszog, und schlenderte dann aus dem Hospital
zu seinem Auto. Er fühlte sich wie ein Gott. Seine Tochter wurde leben. Und sie hat einen Vater, dachte Zane, wie ich ihn nicht gehabt habe. Einen, der sie liebte und akzeptierte, wie sie war.
Du hältst dich für einen guten Menschen, Merrick, aber das ein z ig Richtige, was du je getan hast, war, mir Blut zu geben.
Zane öffnete die Sporttasche auf dem Rücksitz, zog sich das Oberteil der Chirurgenkleidung aus und zog ein frisches Hemd an. Dann ließ er den Motor an und fuhr zu seinem Hotel. Es wäre gut, für ein paar Stunden an einem sicheren O rt zu sein. Er mußte über vieles nachdenken, Pläne schmieden. Er war zurückgekommen, um Vater zu vergraben, Ago nie mit Agonie zu vergelten, und nichts würde ihn davon abbringen, aber jetzt hatte er auch noch eine neue Mission - seine Tochter beeindruckend zu machen, stark und unbesieg bar.
Und stolz auf das, was sie war.
Merrick stand an die Wand des Hotelzimmers gelehnt und lauschte auf den Flur draußen hinaus. Nur zwei Geräusche zählten auf der ganzen Welt: die Glocke des Aufzugs und das Quietschen der Tür zum Treppenhaus. Dutzende Male hatte er in den vergangenen drei Stunden mal das
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