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Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Titel: Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Alec
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Michael zu. »Er geht zu Christos’ Garten.«
    »Nein!« Michael sprang auf und griff nach seinem Schwert. »Es ist genug!«, rief er. »Ich muss dieser Narrheit ein Ende setzen.«
    Jether legte sanft die Hand auf Michaels Arm.
    »Nein«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Es ist Christos selbst, der ihn ruft.«
    Michael ging zum Rand der Großen Weißen Ebene und sah Lucifer hinterher.
    Lucifer wandte den Kopf und schaute Michael gedankenverloren an, dann ging er weiter durch das Östliche Tor.
    Er folgte dem vertrauten Pfad, der sich durch die duftenden Gärten wand, die jenseits des Tals erblühten. Er schritt unter den schmalen Bögen hindurch, die mit Wachsblumenranken umwunden und mit weißen Blüten behangen waren. Sein Atem ging flach. Er bahnte sich seinen Weg durch Felder mit Gladiolen und Granatapfelsträuchern und über Beete mit goldenen Gräsern und Butterblumen mit feinen kristallenen Staubgefäßen – immer weiter auf das blendende Licht zu, das wie ein helles Leuchtfeuer in der Ferne erstrahlte. Durch das Tal hindurch kam er zu einer unscheinbaren Grotte am Rand der Klippen von Eden, die von uralten Olivenbäumen umgeben war.
    Er war dort.
    Wie Lucifer es gewusst hatte.
    Mit zitternden Fingern öffnete Lucifer das schlichte hölzerne Tor.
    Im Zentrum des Gartens, halb verborgen in den aufsteigenden Nebeln, stand eine Gestalt. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt.
    Lucifer lehnte sich gegen das Tor. Seine Beine drohten nachzugeben. Er rang nach Luft.
    Langsam wandte Christos sich um. Lucifer fiel auf die Knie und hob die Hand vor seine Augen, um sich gegen das strahlende Licht zu schützen, das von Christos’ Antlitz ausging.
    »Hier hast du mich vor so vielen Äonen geküsst«, sagte Christos leise, »bevor du mich verraten hast.«
    Lucifers Hände zitterten.
    »Hier war es, wo dein Verrat begann.«
    Christos kam durch den wallenden Nebel auf ihn zu. Mit aschfahlem Gesicht sah Lucifer zu ihm auf.
    »In der Stunde, als du von der Ankunft des Menschengeschlechts erfuhrst.«
    Christos sah auf, als die schimmernden Strahlen sich senkten, um dreißig Längen entfernt, jenseits einer tiefen Kluft, das herrliche, von Licht erfüllte Rubinentor in den hyazinthenen Turmmauern zu enthüllen: den Eingang von Jehovahs Thronsaal.
    Lucifer folgte seinem Blick zu dem schimmernden Regenbogen, der sich über den Kristallpalast spannte.
    Schließlich ergriff Christos das Wort.
    »In der größten Drangsal wird es Krieg im Himmel geben zwischen Lucifer und Michael. Und er wird dich aus dem Himmel vertreiben, und niemals wirst du wiederkehren.«
    Christos blickte hinauf zu dem großen Rubinentor. Langsam tat es sich auf, und der Blitz und der Donner, die darinnen waren, wuchsen an Kraft und Herrlichkeit, und ein Sturmwind erhob sich.
    »So wirf denn noch einmal einen Blick auf die Glorie des Ersten Himmels, Sohn des Morgens. Denn es wird dein letzter sein.«
    Von Verzweiflung gepackt sah Lucifer Christos nach, als dieser in den weißen, wallenden Nebelschleiern entschwand. Dann erschien er noch einmal jenseits des Abgrunds und ging durch das Rubinentor. Als sich die mächtigen Türflügel schlossen und das Licht erlosch, blieb der gefallene Fürst der Engel allein unter den Olivenbäumen von Christos’ Garten zurück.
    Und Lucifer weinte.

XXI
MONT-SAINT-MICHEL
     
     
     
    22 . Dezember 2021
     
     
    N ick bog um eine Kurve. Vor ihm erhob sich über dem Spiegel des Ärmelkanals die unverkennbare Form der Abtei von Mont-Saint-Michel, umringt von einem Mauerkranz und gekrönt von der Kathedrale mit der goldenen Statue des Erzengels Michael an ihrer Spitze. Der mittelalterliche Klosterkomplex tauchte vor ihm auf wie ein Stein gewordener gotischer Traum im Dunst der Mittagssonne.
    Nick starrte wie verzaubert auf die aufragende Masse aus Granit. Der Umfang der gesamten Insel maß gerade einmal etwas mehr als achthundert Meter. Der neue europäische Superstaat hatte sie mitsamt ihren Gebäuden zu einem symbolischen Betrag von einem Euro erworben – zum alleinigen Gebrauch des Europäischen Präsidenten. Die alten Bauwerke, die zum UNESCO -Weltkulturerbe gehörten, waren unter Beachtung aller Vorschriften des Denkmalschutzes modernisiert und mit der neuesten Technik ausgestattet worden. Und Adrian teilte seine Zeit nun gleichermaßen zwischen seinen Domizilen in der Normandie, in Rom und, seit Kurzem, in Babylon auf.
    Es war Ebbe. Der meilenlange Dammweg aus dem neunzehnten Jahrhundert, der die Bucht immer mehr hatte

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