Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Titel: Solang die Welt noch schläft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
Voller Tatendrang schaute Adrian den Mann an.
    »Können Sie mir bitte sagen, welche Straße ich nehmen muss, um nach Chicago zu kommen?«
    Der Mann runzelte die Stirn. »Welche Straße? Straßen gibt es nur hier, an der Ostküste, zwischen den großen Handelszentren. Vielleicht auch noch in großen Städten im Westen. Aber quer durch Amerika gibt es keine Straßen!«

    Fragend drehte sich Josefine von dem Plakat zu Isabelle um. »Kennst du diese Susanne Lindberg?«
    Isabelle zuckte mit den Schultern. »Nicht persönlich. Ich weiß nur, dass sie eine bekannte dänische Radfahrerin ist.«
    »Und was will sie hier? Um welche Art Vortrag geht es?«
    »Woher soll ich das wissen?«, antwortete Isabelle gereizt. »Frag Irene, die hat den Kontakt zu dieser Susanne Lindberg hergestellt.« Bei dem Gedanken an ihre ehemalige »Schwägerin« sank Isabelles Laune gleich erheblich. Eigentlich hatte sie geglaubt, dass ihr Verhältnis nach Aufhebung ihrer Verlobung mit Adrian besser werden würde – schließlich war Irene stets gegen die Verbindung gewesen. Doch Adrians Schwester gab ihr die Schuld daran, dass Adrian gegangen war. Sie, Isabelle, habe ihn mit ihren Launen vertrieben – was für ein Blödsinn!
    »Also ich geh hin, ein Vortrag übers Radfahren ist immer interessant«, sagte Josefine und riss Isabelle damit aus ihren Grübeleien.
    Es war Samstagnachmittag. Auf der Rennbahn herrschte bei hochsommerlichem Wetter reger Betrieb. Auch wenn es einigen Herren noch immer gegen den Strich ging, nutzten Damen und Herren seit dieser Saison die Bahn gemeinsam, was die Trainingszeiten und -möglichkeiten für die Frauen erheblich erweiterte. Doch statt diesen Umstand zu nutzen, hatten Josefine und Isabelle am Vormittag eine lange Radtour durchs Berliner Umland gemacht. Es war Jos Idee gewesen, wieder einmal gemeinsam auszufahren. Isabelle hatte nur zögernd eingewilligt, aber dann hatte ihr die Fahrt richtig Spaß gemacht. Fortan wollten sie wieder öfter miteinander fahren, hatten sie beschlossen. Nach der Radtour hatte Isabelle den Vorschlag gemacht, auf einen Sprung im Vereinsheim vorbeizuschauen und sich dort ein Glas Limonade zu gönnen. »Dann müssen wir aber zuerst bei mir zu Hause vorbei, ich möchte etwas holen«, hatte Jo geantwortet. Mit einer langen Röhre unterm Arm war sie anschließend an Isabelles Seite zur Radbahn gefahren.
    »Friedas alte Weltkarte, ich denke, sie leistet uns derzeit hier bessere Dienste«, sagte Josefine, während sie die Karte auseinanderrollte. Voller Eifer heftete sie sie dann an der Wand des Vereinsheims fest. Die Postkarten, die inzwischen von Adrian eingetrudelt waren, befestigte sie daneben.
    Zufrieden betrachtete Josefine ihr Werk. »Jetzt können wir mit einem Stift Adrians Route eintragen. Hilfst du mir?«
    Unwillig stand Isabelle auf. »Wäre es nicht sinnvoller gewesen, du hättest zuerst die Route aufgemalt? Jetzt, wo die Karten hängen, können wir doch gar nicht mehr nachvollziehen, durch welche Städte er gefahren ist.«
    »Natürlich können wir das!«, sagte Josefine belehrend. »Auf den Vorderseiten der Postkarten ist nicht nur die jeweilige Stadt abgebildet, sondern auch ihr Name. Schau: New York, Boston, Worcester, Springfield, Waterbury, Middletown, Scranton …« Sie tippte mit ihrem rechten Zeigefinger auf jede einzelne Postkarte – sieben an der Zahl. Geschrieben hatte Adrian nicht viel, ein kurzer Gruß und die Nachricht, dass es ihm gut erging.
    »Das reicht«, unterbrach Isabelle die Litanei. »Ich weiß wirklich nicht, was du an der ganzen Angelegenheit so spannend findest, aber wenn du Adrians Fahrstrecke in die Karte einzeichnen willst, dann bitte bald. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit«, fügte sie spitz hinzu.
    Josefine schaute sie missbilligend an. »Du könntest ruhig ein wenig mehr Interesse zeigen, auch wenn Adrian nicht mehr dein Verlobter ist. Immerhin ist er unser Vereinskamerad. Und eine solche Reise ist nicht gerade etwas Alltägliches!«
    Isabelle winkte ab. Was ging sie Adrians Reise an? Sie war froh, endlich Ruhe vor dem Mann zu haben. Ohne sich weiter um Josefine zu kümmern, setzte sie sich wieder an den Tisch und blätterte eines der Magazine durch, das eine der anderen Frauen liegenlassen hatte. Gleich auf den ersten Seiten fand sie einen Artikel, in dem gegen das Damen-Radfahren gewettert wurde. Der Autor war ihnen allen inzwischen altbekannt. Isabelle seufzte.
    »Claras reizender Ehemann hat wieder einmal einen Artikel geschrieben, hör

Weitere Kostenlose Bücher