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Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Titel: Solang die Welt noch schläft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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denn mit diesem Hinkebein angefangen?«
    Adrian ein Hinkebein. Isabelle verspürte einen kleinen Stich Mitleid im Herzen, doch sie jagte ihn wie eine lästige Fliege fort. »Früher war Adrian ein erstklassiger Radfahrer. Geschieht den beiden ganz recht, dass es damit nun vorbei ist.«
    »Gehässigkeit steht dir nicht, chérie«, sagte Leon seufzend. »Liebling, würde es dir etwas ausmachen, wenn ich ein Stück vorausfahre? Sei mir nicht böse, aber dein Tempo ist mir doch ein wenig zu langsam. Außerdem – ich möchte verdammt sein, wenn es mir nicht gelingt, noch vor Helsingør den Anschluss an Susanne und ihre Weibergruppe zu finden!«
    »Lässt du mich nun auch noch im Stich, ja? Dann hau doch ab!«, sagte Isabelle und machte eine abfällige Handbewegung.
    Als Leon nach kurzem Zögern tatsächlich sein Rad beschleunigte, wusste sie nicht, ob sie darüber froh oder traurig war. Dumpf radelte sie voran.
    Warum nahm sie sich die Sache mit Jo und Adrian eigentlich so sehr zu Herzen? In Wahrheit hatte sie sich mit ihrem Auftritt am Vortag ziemlich blamiert. Und sehr sportlich war ihr Verhalten vorhin auch nicht gewesen.
    Warum stand sie nicht über einer solch läppischen Angelegenheit? War es das Gefühl, außen vor gelassen worden zu sein? Verraten worden zu sein? War es die Schmach, dass Adrian sie nicht hatte lieben können, dafür aber Josefine? Oder war es diese Innigkeit, dieses tiefe Verständnis, das die beiden vermittelten? Womöglich wollten sie nur ihre große Liebe zur Schau stellen, pfui Teufel!
    Die Straße machte eine scharfe Kurve nach links, der Isabelle im letzten Moment folgte. Nach den ewigen Kilometern schnurgeradeaus war sie auf einen solchen Schlenker nicht gefasst gewesen. Mit pochendem Herzen fuhr sie weiter.
    Sie musste sich konzentrieren, verflixt noch mal. Sie würde Jo schon zeigen, wer die bessere Fahrerin war! Fahrig griff sie in ihre Satteltasche, um die Trinkflasche herauszuholen. Doch diese war ganz nach unten gerutscht. Beim Versuch, sie hervorzuziehen, wäre Isabelle um ein Haar ein zweites Mal ins Straucheln geraten. Dann fiel ihr ein, dass sie beim letzten Halt vergessen hatte, die Flasche aufzufüllen. Isabelle klappte die sperrige Satteltasche wieder zu und nahm stattdessen ein kleines Medizinfläschchen aus ihrer Jacke. Der Colasirup schmeckte widerlich süß, aber er verlieh ihr zumindest das Gefühl, etwas getrunken zu haben. Er ließ allerdings auch ihr Herz unangenehm schneller klopfen. Kein Bauernhof weit und breit, wo sie frisches Wasser bekommen würde … Sie musste Leon einholen! Er würde ihr bestimmt von seinem Wasser abgeben, sie musste sich nur beeilen. Isabelle trat fester in die Pedale.
    Leon … Er nahm alles so leicht! Ihr jedoch gelang genau das in letzter Zeit immer schlechter. Zu viele Gedanken schwirrten durch ihren Kopf. Sogar nachts konnte sie nicht abschalten. Statt zu schlafen, grübelte sie.
    Was würde nach dem Rennen sein? Würde Leon wieder abreisen, auf Nimmerwiedersehen? Was sollte dann aus ihr werden? Davon abgesehen, dass es ihr das Herz brach, würde sie offiziell zum zweiten Mal von einem Mann verlassen worden sein. Ha, sie konnte sich die Tuscheleien schon jetzt vorstellen – erst Adrian, dann Leon. An ihrer Seite hielt es wohl kein Mann länger aus! Und heiraten wollte sie erst recht keiner.
    Leon … Sie war verrückt nach ihm. In seiner Nähe fühlte sie sich unbeschwert und jung. Sein Charme war prickelnder als jedes Glas Champagner! Leon … Ihn würde sie auf der Stelle heiraten.
    Isabelle trat noch kräftiger in die Pedale, obwohl sich ihre Oberschenkel schon steinhart anfühlten.
    Ob Leon überhaupt irgendwelche Heiratspläne hegte? Bisher hatten sie nur wenig über die Zukunft gesprochen.
    Josefine und Adrian – bei denen hingegen läuteten bestimmt bald die Hochzeitsglocken! Ob Clara davon wusste? War sie noch eine, die sie, Isabelle, betrog?
    Die Straße ging nun wieder schnurgeradeaus, aber kein Leon weit und breit. Hatte er Susanne inzwischen eingeholt? Sie musste schneller fahren, schneller! Um besser Luft zu bekommen, öffnete Isabelle den Mund. Sogleich flog eine Fliege hinein, sie hustete und spuckte. Kurz darauf wurde ihr schwindlig. Das musste sie ignorieren. Es sah ihr doch gar nicht ähnlich, so zu trödeln. Schuld war nur dieses sich ewig drehende, dumme Gedankenkarussell …
    Leon und sie. Er liebt mich. Er liebt mich nicht. Er liebt mich … Es waren Gänseblümchen gewesen, mit denen Josefine, Clara und

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