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Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Titel: Solang die Welt noch schläft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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schaute. Vielmehr war das Gespräch mit ihren Eltern eine Notwendigkeit, der sie nicht aus dem Weg gehen wollte: Sollte ihr Vater in der Zwischenzeit für den Schaden aufgekommen sein, den sie verursacht hatte, als sie Herrenhus’ Velo zu Schrott fuhr, wollte sie ihm diesen ersetzen. Natürlich würde das nicht von heute auf morgen gehen. Aber sobald sie Arbeit hatte, würde sie das Geld in monatlichen Raten an ihn zurückzahlen. Keinen Pfennig würde sie ihm und Mutter schuldig bleiben! Das und nichts anderes wollte sie ihm sagen. Danach würde sie wieder gehen.
    Die Haustür ging auf und ein junges Mädchen trat heraus, einen Korb Wäsche unter dem Arm. Wenige Schritte dahinter erschien ihre Mutter. Sie sah aus wie drei Jahre zuvor, nicht älter, nicht anders. Einträchtig begannen die beiden, die Wäsche im Hof aufzuhängen. Das junge Mädchen sagte etwas, Jo hörte ihre Mutter lachen. Es klang fremd und schmerzhaft in Josefines Ohr. Sie hatte nicht gewusst, dass ihre Mutter so melodisch lachen konnte.
    Sie würde in Friedas Garten warten, auf der Bank sitzen und die Sonne genießen. Ihre Eltern konnte sie auch noch in den nächsten Tagen aufsuchen.
    Jo hatte sich schon abgewandt, als ihre Mutter zu ihr herüberschaute. Ihr nächster Blick huschte in Richtung Schmiede, als wollte sie sich versichern, dass ihr Mann nichts von dem Besuch mitbekam. Sie wechselte ein paar Worte mit dem jungen Mädchen, das daraufhin ins Haus ging.
    »Was willst du hier? Wenn du glaubst, du kannst dich wieder einnisten, hast du dich getäuscht. Für dich ist hier kein Platz mehr.«
    Keine freundliche Begrüßung. Keine Umarmung. Ein kalter Schmerz bohrte sich in Josefines Seele.
    »Ich wollte nur wissen, wie es euch geht«, sagte sie mit trockenem Mund.
    »Wie du siehst, gut.« Ihre Mutter machte mit der rechten Hand eine weit ausholende Bewegung, die die Schmiede und das Wohnhaus mit einschloss. »Die Nichte vom Seiler hilft mir im Haus. Und ihr Bruder hilft deinem Vater in der Werkstatt. Die Eltern der beiden sind im vorletzten Winter an der Grippe gestorben, da hat der Seiler sie aufgenommen, und wir haben ihnen Arbeit gegeben. Fremde Kinder helfen uns im Haus. Und dafür hat man drei eigene großgezogen …« Der Vorwurf in ihrer eisigen Stimme war nicht zu überhören.
    Josefine holte tief Luft. »Was den Schaden wegen des Velos angeht –«
    »Den hat Vater längst bezahlt!«, fuhr ihre Mutter ihr grob über den Mund. »Wir lassen uns schließlich nichts nachsagen. Du im Gefängnis, das war schon schlimm genug. Noch mehr Gerede hätten wir nicht gebraucht. Den Verdienst von drei Monaten mussten wir hergeben, um deine Schulden zu tilgen. Aber so etwas kümmert dich ja nicht.«
    »Wenn du das sagst, wird es wohl so sein.« Jo straffte die Schultern und schaute die Frau, die ihre Mutter war, kühl an. »Ich werde das Geld zurückzahlen, versprochen.«
    »Als ob ich auf dein Wort etwas gäbe.«
    Josefine war bereits im Gehen, als ihre Mutter ihr hinterherrief: »Es wäre das Beste, wenn du dich hier nicht mehr blicken lässt. Wir haben unser Leben gut ohne dich eingerichtet. Dein Anblick würde deinen Vater nur unnötig verärgern.«
    Den feindseligen Blick ihrer Mutter im Nacken, ging Josefine steifbeinig und mit wehem Herz davon.
    Schon von weitem sah sie Clara in Friedas Garten. Die Freundin hatte eine Gießkanne in der Hand und bewässerte eine Schale mit Keimlingen. Ihr kastanienbraunes Haar glänzte rötlich im Frühlingslicht.
    »Clara!«
    »Josefine!«
    Die beiden jungen Frauen fielen sich in die Arme.
    »Du hast mir so gefehlt …«
    »Du mir auch.« Mit geschlossenen Augen schmiegte sich Jo an Claras Schulter. Die ungewohnte Nähe rührte sie fast zu Tränen. Sie schluckte schwer.
    »Stell dir vor, ich wohne nur zwei Häuser weiter!«, sagte Clara, nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten. Sie zeigte auf das Haus, in dem früher ein älteres Ehepaar gelebt hatte. »Die Wittgensteins sind gestorben, kurz nachdem Gerhard und ich geheiratet haben. Meine Eltern haben den Erben das Haus abgekauft. Für Gerhard und mich, in der Wohnung über der Praxis ging es doch recht beengt zu. Schön, nicht wahr?«
    Josefine schaute von dem Haus zu Clara und nickte. Wo ist Frieda?, wollte sie fragen, doch da sprach Clara schon weiter.
    »Natürlich wusste ich von Frieda, dass du heute kommst, trotzdem hat mein Herz vor Freude fast ausgesetzt, als ich dich vorhin vom Fenster aus sah. Ich bin gleich losgerannt, aber als ich hier

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