Solange am Himmel Sterne stehen
es wahrscheinlich, dass mir noch Zeit bleibt, in meinem chaotischen Leben das Ruder herumzureißen? Nein .
Ich beginne mit der Interreligiösen Allianz und gehe meine Liste durch, über den Rat des Weltparlaments der Religionen, das Nationale Amerikanische Interreligiöse Netzwerk, die Initiative Vereinigter Religionen und den Weltkongress des Glaubens. Jedem, der am anderen Ende abnimmt, erzähle ich in knappen Worten die Geschichte, wie Jacob Mamie zu einem Christen gebracht hat, der geholfen hat, sie bei Muslimen zu verstecken. Dann nenne ich ihnen Jacobs Namen und Geburtsdatum und sage, dass ich weiß, wie weit hergeholt es ist, aber dennoch versuche, ihn zu finden, weil ich glaube, dass er möglicherweise hier in den Staaten in einer interreligiösen Organisation engagiert sein könnte. Sie staunen alle groß und breit über die Geschichte, beteuern, sie werden meine Informationen an die zuständigen Leute weiterleiten und sich bei mir melden, falls sie irgendetwas herausfinden.
Am Sonntagmorgen gegen acht Uhr sind Annie und ich allein in der Bäckerei und rollen schweigend Teig aus, als auf einmal das Telefon klingelt. Annie wischt sich die Hände an der Schürze ab und greift zum Hörer. »Nordstern-Bäckerei, Annie am Apparat«, sagt sie. Sie hört eine Minute zu, dann reicht sie mir mit einem seltsamen Gesichtsausdruck das Telefon. »Für dich, Mom.«
Ich klopfe mir die Hände ab und nehme das Telefon von ihr entgegen. »Hallo, Nordstern-Bäckerei.«
»Ist dort Hope McKenna-Smith?« Es ist die Stimme einer Frau, und sie hat einen leichten Akzent.
»Ja«, sage ich. »Was kann ich für Sie tun?«
»Mein Name ist Elida White«, sagt sie. »Ich rufe vom Abrahamischen Verband in Boston an. Wir sind eine interreligiöse Gesellschaft.«
»Oh«, sage ich. Es ist keine der Gruppen, die ich in den letzten Tagen angerufen habe. Der Name sagt mir nichts. »Abrahamisch?«, frage ich.
»Die muslimische, die jüdische und die christliche Religion gehen alle auf Abraham zurück«, erklärt sie. »Unser Ziel ist es, diese Gruppen zusammenzubringen und auf unsere Ähnlichkeiten anstatt unserer Unterschiede zu bauen.«
»Oh«, sage ich noch einmal. »Schön. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich will es Ihnen erklären«, sagt sie. »Unsere Organisation hat diese Woche einen Anruf des Interreligiösen Rats von Amerika erhalten, der an mich weitergeleitet wurde. Man hat mir von Ihrer Großmutter berichtet und wie ihr bei ihrer Flucht aus Paris von einer muslimischen Familie geholfen wurde.«
»Ja«, sage ich leise.
»Ich habe unsere ganzen Unterlagen durchgesehen, aber unter unseren Mitgliedern ist kein Jacob Levy mit dem Geburtsdatum, das Sie angegeben haben«, sagt sie.
»Oh«, sage ich. Meine Stimmung sinkt. Wieder eine Sackgasse. »Danke, dass Sie nachgesehen haben. Aber deswegen hätten Sie nicht anrufen müssen.«
»Ich weiß«, sagt sie. »Aber ich habe hier jemanden, der Sie gern kennenlernen würde. Und wir würden Ihnen im Gegenzug gern helfen. Das ist unsere Verpflichtung. Könnten Sie heute zu Besuch kommen? Soweit ich weiß, ist Ihre Großmutter bei schlechter Gesundheit und die Zeit hier entscheidend. Mir ist bewusst, dass es sehr kurzfristig ist, aber wie ich sehe, leben Sie am Cape, sodass Sie nicht länger als ein, zwei Stunden unterwegs wären. Ich wohne in Pembroke.«
Pembroke liegt, wie ich weiß, gleich am Highway an der Südküste, an der Strecke nach Boston. Das könnte ich in knapp eineinhalb Stunden schaffen. Aber ich verstehe nicht, warum ich dorthin fahren soll, wenn sie Jacob Levy in ihren Unterlagen gar nicht gefunden haben.
»Heute wird es leider nicht gehen«, sage ich. »Ich habe eine Bäckerei, und wir haben bis vier geöffnet.«
»Dann kommen Sie doch, nachdem Sie geschlossen haben«, sagt die Frau prompt. »Kommen Sie zum Abendessen.«
Ich überlege kurz. »Danke für die Einladung, aber …«
Sie schneidet mir das Wort ab. »Bitte. Meine Großmutter würde Sie gern kennenlernen. Sie ist über neunzig. Sie ist Muslimin, und sie hat im Krieg auch Juden versteckt.«
Mein Herzschlag beschleunigt sich. »Sie ist auch aus Paris?«
»Nein«, sagt die Frau. »Wir sind aus Albanien. Wissen Sie, die albanischen Muslime haben über zweitausend jüdische Brüder und Schwestern gerettet. Als ich ihr die Geschichte von Ihrem Jacob Levy erzählte, war sie sehr erstaunt. Sie wusste gar nicht, dass es in Paris Muslime gab, die genau dasselbe getan hatten. Bitte, sie würde sich so freuen,
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