Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
ich und er schaut mich wütend an, als würde ich mit ihm spielen.
„Was ich damit meine? Sie sind gut. Wegen Ihnen ist Noah weg. Er ist nicht nur weg, sondern hat auch gekündigt. Möchten Sie noch mehr wissen?“, fragt er und in meiner Kehle entsteht ein großer Kloß.
„Weg? Wo ist er denn hin?“
„Er ist in Italien, Venedig, aber das ist jetzt auch egal. Er ist eben weg.“
„Er ist in Venedig?“, frage ich und schreie ihn dabei fast an. Das kann ich nicht glauben, was ich da gerade höre. Nicht in Venedig. Er kann überall sein, aber nicht dort, wo ich mich die letzten Wochen aufgehalten habe. Ich bete zu Gott, dass das nicht wahr ist.
„Ja, in Venedig. Warum interessiert Sie das überhaupt? Sie haben ihn doch verlassen. Und wohin sind Sie denn abgehauen? Jetzt sagen Sie nicht, auch nach Venedig“, sagt Katner und muss über seinen „Scherz“ selber lachen.
„Ja, auch nach Venedig“, sage ich und muss sofort sein Büro verlassen. Das halte ich nicht aus. Wieso bin ich nur hierhergekommen, ich komme mir wie in einem schlechten Horrorfilm vor. Habe ich etwa den Mann meiner Träume verlassen, der mich doch geliebt hat? Diese SMS, in der Noah mir zu verstehen gab, dass er doch seine Frau lieben würde, war vielleicht gar nicht von Noah? Mir dreht sich der Magen um und ich kann meine Gedanken nicht fassen, genauso wie ich meine Tränen nicht zurückhalten kann. Wer könnte denn diese SMS geschrieben haben? Wenn Noah gekämpft hat und mir unbedingt ein Missverständnis mitteilen wollte, dann kann es sich nur um diese SMS handeln, genauso wie es sich nur um seine Frau handeln kann, die dahintergesteckt haben muss. Wut ergreift mich und in Tränen aufgelöst gehe ich wieder zu Katner zurück. Jetzt möchte ich alles wissen und ich werde nicht eher ruhen, bis ich weiß, was sich vor ein paar Wochen bei Noah abgespielt hat.
„Katner“, sage ich und platze in sein Büro hinein. Erschrocken starrt er mich an, weil er den Grund, warum mein Gesicht in Tränen aufgelöst ist, nicht kennt.
„Äh, ja?“, sagt er und sitzt ganz brav und still am Tisch.
„Wo ist seine Frau? Wo ist die Frau von Noah? Und sagen Sie nicht, dass Sie es nicht wüssten, denn ich werde hier nicht eher rausgehen, bis Sie es mir gesagt haben und …“
„Nun holen Sie mal wieder Luft, Frau Aurelius. Was wollen Sie jetzt von seiner Frau?“
„Ich möchte sie sehen. Es geht um Noah“, sage ich knapp, und noch mehr Tränen fließen an meinem Gesicht herunter. Katner kann offensichtlich nicht gut mit Gefühlsausbrüchen umgehen, denn er schaut ständig verlegen auf dem Boden hin und her.
„Sie müsste bei sich zu Hause sein“, sagt er dann in einem ganz ruhigen Ton.
„Und wo ist das? Geben Sie mir ihre Adresse“, fordere ich ihn hemmungslos auf. Katner gehorcht und schreibt sofort die Adresse auf. Über Katners Verhalten bin ich gerade sehr erstaunt. Ich glaube, dass es ihm gut täte, wenn ihn ab und zu jemand in die Mangel nimmt. Dann überreicht er mir ihre Adresse und ich mache mich sofort auf.
„Ja, genau, ich bin es“, sage ich ihr, als sie vor mir steht, nachdem sie die Türe geöffnet hat.
„Sie? Ich dachte, Sie seien weg.“
„Das hätte Ihnen so gepasst. Nur wie schade, dass auch Noah weg ist. Und zwar in Venedig, wo auch ich die ganze Zeit war.“
Augenblicklich verschlägt es ihr die Sprache und ihr Ausdruck geht in Wut über.
„Sie waren die ganze Zeit in Venedig? Und Noah hat mir nichts gesagt? Sie haben doch die SMS …“ und plötzlich hört sie auf zu sprechen. Das ist das Stichwort, das wie angeflogen kommt.
„Die SMS, genau die, die Sie und nicht Noah geschrieben haben.“
Schweigend blicken wir uns an, bis sie langsam das Wort wieder ergreift.
„Ja, und was erwarten Sie jetzt von mir? Das ich mich etwa entschuldige? Sie haben meinen Mann ja trotz dieser SMS gekriegt und eine schöne Zeit in Venedig verbracht, was wollen Sie noch mehr?“
„Was ich noch mehr will? Wissen Sie eigentlich, was Sie mir und Ihrem Mann angetan haben? Wissen Sie, wie es sich anfühlt, wenn man kaum noch atmen kann? Kaum noch leben? Kaum noch essen oder schlafen kann? Wissen Sie, wie das ist? Und haben Sie eine Ahnung, was die Zeit dazu sagt? Die ist nämlich ungerecht, denn auch nach Wochen, die einem wie Jahre vorkommen, hört es immer noch nicht auf – dieser Schmerz, der einen zermürbt und einem den Verstand kaputt macht.
„Was wollen Sie von mir? Sie waren doch in Venedig, genauso wie Noah, und das
Weitere Kostenlose Bücher