Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
und weiß auch nicht, warum ich sie jetzt in meinem Zustand sprechen sollte.
„I do not know her“, sage ich der Schwester und lehne das Telefonat ab.
So weit geht es mir gut. Ich bin wieder bei Kräften und schaffe es, nach Hause zu gehen. Sarah wird sich bestimmt freuen. Doch irgendwie habe ich ein seltsames Gefühl in mir und frage mich, warum sie mich die letzten zwei Tage nicht mehr angerufen hat. Auch ich habe sie nicht mehr angerufen, weil mir das Gespräch mit ihr sehr merkwürdig vorkam. Vielleicht hat sie in den letzten zwei Monaten einiges durchgemacht. Das muss ich verstehen. Aber jetzt wird alles wieder gut werden.
Bevor ich mich in das Taxi hineinbegebe, besorge ich noch schnell einen Strauß Blumen für Sarah. Ich bin mir sicher, sie wird sehr überrascht sein. Bei unserer Wohnung angekommen, wundere ich mich darüber, dass ich keinen Schlüssel bei mir habe. Sarah scheint nicht da zu sein, weshalb mir nichts anderes übrig bleibt, als im Flur auf sie zu warten.
Nach einer halben Ewigkeit höre ich das Schloss der unteren Eingangstüre aufgehen. Das muss Sarah sein, ich erkenne sie genau an der Art, wie sie lacht. Sie hat bestimmt eine Freundin mit dabei. Oder doch nicht? Wenn, dann hat diese Freundin eine sehr tiefe Stimme.
„Oh, Noah“, sagt Sarah erschrocken, als sie mit Katner um die Ecke kommt und ich mit einem fast verwelkten Blumenstrauß auf der Treppe zusammengekauert auf sie warte.
„Sarah?“, sage ich verdutzt und bin von diesem Anblick verwirrt – Sarah mit Katner, Arm in Arm? Ich schaue beide abwechselnd an und verstehe gerade die Welt nicht mehr. Plötzlich reißt sich Sarah von Katner los und möchte mich begrüßen.
„Komm her, Noah. Wie schön, dass du da bist“, sagt sie und nimmt mich in den Arm. Derweil schaue ich Katner prüfend an, der sich schuldbewusst abwendet.
„Was ist mit dir, Katner?“, frage ich.
„Mit mir? Ist alles gut. Dir geht es wieder besser, wie ich sehe“, sagt Katner. Ich wundere mich über seine weiche Ausdrucksweise. Normalerweise würde er jetzt im Büro sitzen und niemals mit Sarah Arm in Arm in unsere Wohnung kommen. Außerdem würde es ihn nicht wirklich interessieren, wie es mir geht. Hauptsache, ich komme wieder pünktlich und zuverlässig zur Arbeit. Immer noch habe ich Sarah im Arm und Katner wird sichtlich nervös. Irgendwas geht hier vor sich. Man könnte glatt meinen, dass die zwei etwas miteinander haben. Doch dieser Gedanke ist so absurd, dass es was anderes sein muss.
„Komm, wir gehen erst einmal in die Wohnung“, schlägt Sarah vor.
„Ja, wohin denn sonst?“, sage ich irritiert.
„Ich gehe mal lieber“, sagt Katner.
„Wieso?“, frage ich und nehme ihn misstrauisch unter die Lupe.
„Du bist doch gerade eben gekommen. Gehst du jetzt wegen mir?“
„Nein, ich …“
„Also, dann komm mit rein“, sage ich und möchte herausbekommen, was er im Schilde führt.
„Oh, sind die etwa für mich?“, fragt Sarah.
„Für Katner bestimmt nicht“, sage ich und kann ihr Verhalten einfach nicht verstehen. Ich fühle mich wie ein Fremder, der zufällig eine Freundin besucht.
„Was ist mit dir los, Sarah?“, frage ich.
„Nichts. Bei mir ist alles gut. Ich bin ein wenig überrascht, aber ich freue mich.“
„Überrascht?“, frage ich zweifelnd und bin mir nicht mehr sicher, ob ich ihr den Blumenstrauß überhaupt übergeben soll. Seit ich sie gesehen habe, hat sie mich nicht einmal geküsst. Das ist doch nicht normal, nachdem ich über zwei Monate nicht mehr hier war. Dann küsse ich sie eben.
„Noah?“, sagt Sarah erschrocken, als ich sie küsse. Irritiert trete ich zurück und Katner schaut mich wütend an.
„Darf ich meine Frau nicht mehr küssen oder was?“, frage ich und finde dieses komische Versteckspiel allmählich nicht mehr lustig.
“Was soll das, Sarah? Wie lange haben wir uns nicht mehr gesehen und du tust so, als wären wir Fremde. Und was macht Katner hier überhaupt? Und wieso schaust du mich so komisch an, wenn ich meine Frau küsse, Katner?“, schreie ich beide an.
„Deine Frau?“, fragt Katner sichtlich berührt.
„Du bist doch …“
„Es reicht“, wirft Sarah ein.
„Es ist jetzt besser, wenn du gehst“, sagt sie zu Katner.
„Wie bitte?“, fragt er ungläubig.
„Ja, Noah ist wieder hier und er braucht erst einmal Ruhe.“
„Und wie lange soll er hier bleiben?“, fragt er.
„Was?“, sage ich und könnte Katner an die Gurgel springen. „Du gehst jetzt“, befiehlt
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