Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Titel: Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sedlatzek-Müller
Vom Netzwerk:
sollten erleben, wie es sich anfühlt, wenn man nicht klarkommt, abgelehnt wird und um jedes Stückchen Anerkennung und Unter
    Stützung kämpfen muss.
    Nun feiere ich meinen Geburtstag nicht mehr am 25. Mai, sondern am 6. März, ganz still und leise. Lancer und ich telefonieren dann miteinander und gratulieren uns gegenseitig. Manchmal melden sich auch Kunz und Mesner und wollen wissen, ob es Neuigkeiten bezüglich der Versorgung gibt. Als Berufssoldaten müssen sie sich keine existenziellen Sorgen machen, wie wir. Doch ich freue mich, wenn ich von ihnen höre. Zu Neuring, der damals relativ schnell und ebenfalls untherapiert entlassen wurde, habe ich heute keinen Kontakt mehr, aber ich höre nicht auf, den Kontakt weiterhin zu suchen. Ich mache mir Sorgen um ihn.
    Die Realität und das Bewusstsein dafür, dass ich für mein Leben selbst verantwortlich bin, haben mich eingeholt und noch tiefer geprägt. Ich kämpfe nun seit vielen Jahren gegen die Mühlen der Bürokratie, renne gegen verschlossene Türen, setze mich mit militärpolitischen Themen auseinander und gehe an die Öffentlichkeit. Inzwischen muss ich mir jedes Wort gut überlegen. Die Ignoranz und Engstirnigkeit des Behördenapparates, undurchschaubar und irreführend, lassen mich oft verzweifeln. War ich anfangs ganz allein im Kampf für die Verbesserung des Soldatenversorgungsgesetzes, bin ich nun Gründungsmitglied im Bund Deutscher Veteranen, der immer mehr wächst. Es sind nicht wenige, denen es ähnlich ergeht wie mir. Gemeinsam helfen wir einander und stehen füreinander ein.
    Die Gesellschaft ist inzwischen für das Thema sensibler geworden. Noch immer bekomme ich Anfragen, für ein Interview Rede und Antwort zu stehen. Ich werde den Kampf so lange weiterführen, bis meinen Kameraden und mir Gerechtigkeit widerfahren ist. Meinen Mund aufmachen und Beschwerden schreiben, bis unsere treuen Diensthunde ihr verdientes Gnadenbrot bis ans Lebensende bekommen. Ich bin ein Kämpfer, ein Krieger, doch das Schlachtfeld hat sich inzwischen verlagert und die Mittel, um das Gefecht zu gewinnen, sind begrenzt. Zum Soldaten fühlte ich mich schon früh berufen und nun kämpfe ich für die Gerechtigkeit aller. Der Preis, den ich dafür zahle, ist sehr hoch. Ich vergesse mich selbst dabei und die, die mir am nächsten sind. Wie meine Zukunft aussehen wird, weiß ich nicht. In wenigen Wochen wird im deutschen Bundestag über die Neuregelung des Soldatenversorgungsgesetzes abgestimmt werden. Ich werde auch diesmal hinfahren und den Politikern zeigen, dass es uns gibt. Ob sich dadurch meine Zukunft positiv verändern wird, bleibt offen, denn zu oft wurden Versprechungen gemacht, um sie dann wieder zu brechen.
     
    Am 28. Oktober 2011 bin ich wieder in Berlin in den Bundestag eingeladen. Lancer und David sind erneut an meiner Seite. Es ist die dritte Anhörung über die Neuregelung zur Versorgung der Soldaten, die im Einsatz zu Schaden gekommen sind. Selten herrscht unter den Parlamentariern solche Einigkeit wie in diesem Moment. Alle Redner sprechen sich deutlich für die Gesetzesänderung aus. Die Worte von Elke Hoff, die mir seit unserer ersten Begegnung 2009 Mut zuspricht, berühren mich besonders. Es ist aber auch das kurze persönliche Gespräch, das Lancer und ich im Anschluss mit den beiden Grünen-Abgeordneten Agnieszka Malczak und Omid Nouripour führen, das uns wohltuend im Gedächtnis bleibt. Die so mühsam errungene Hilfe, die uns durch die Neuregelung des Gesetzes zuteilwerden soll, ist das Ergebnis jahrelanger öffentlicher Arbeit. Nachdem Lancer mit seinen Klagen vor dem Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht gegen die Bundesrepublik Deutschland gescheitert ist, habe ich beschlossen, die ungerechte und mangelnde Versorgung publik zu machen. Die Mauer des Schweigens zu durchbrechen war der Wegbereiter dieser politischen Entwicklung. Dass mir das möglich war, macht mich sehr stolz, vor allem darauf, dass in unserer Gesellschaft auch der Einzelne etwas bewegen kann.
    Es wird sicherlich wieder einige Monate dauern, bis die Gesetzesänderung Wirkung zeigt und das Bundesministerium der Verteidigung es zum Wohl der Betroffenen sinnvoll umsetzt. Diejenigen, denen das Gesetz Hilfe verspricht, brauchen eine Perspektive. Es ist fraglich, ob sich jemals wieder Normalität in ihrem Inneren einstellt. Zumindest von außen muss es daher Unterstützung und Stabilität geben.
     
    Ich weiß, dass mein Buddy sich schuldig fühlt für die Wut und den Hass, den er für

Weitere Kostenlose Bücher