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Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Titel: Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sedlatzek-Müller
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Diensthundezug der Fallschirmjäger für die nächsten zehn Jahre anzugehören. Den Männern der ersten Stunde. Großartig!
    Auf dem Weg zur 2. Kompanie überlege ich, wie mein Spieß das wohl aufnehmen wird. Die Weiterverpflichtung zum SaZ 4, die er mir anbieten will, ist für mich natürlich nicht mehr interessant, ich möchte ihn aber nicht vor den Kopf stoßen. Vor allem möchte ich so fair sein, dass er nicht auf Umwegen, sondern von mir selbst erfährt, dass ich zu Hauptfeldwebel Festas in die 1. Kompanie gehe. Auf dem Weg zum Geschäftszimmer begegnet mir Oberstabsgefreiter Hör. Er ist im Zugtrupp meines Stammtruppenteils. »Du sollst dich beim Hauptfeld melden!«, bellt er mir in einer Lautstärke ins Gesicht, dass ich ihn auch neben einem startenden CH53Hubschrauber deutlich gehört hätte. Das ist nur eine seiner vielen Eigenheiten, die mich nerven. Eine andere ist, dass er beim Verlassen der Stube immer vorschriftsmäßig seinen Spind mit einem Vorhängeschloss verschließt. Er fährt dann mit spuckebefeuchtetem Zeigefinger und den Worten »Zu, ne?« über die Längsseite. Da ich in der 2. Kompanie mit ihm auf einer Stube bin, amüsiere ich mich mit den anderen Kameraden häufig über diesen Spleen. Oftmals äffen wir ihn nach, natürlich nur in seiner Abwesenheit, denn Hör hat noch eine andere Angewohnheit. Es kam öfter mal vor, dass dieser Kerl von durchschnittlicher Größe und Statur, der mit seinen dicken Brillengläsern wie ein harmloser Bücherwurm aussieht, ohne erkennbaren Anlass Leute niederschlug.
    Während eines Kompanieantretens boxte er im Vorbeigehen meinem Nebenmann so heftig in die Magengrube, dass dieser atemlos in die Knie ging und einige Augenblicke brauchte, um sich zu erholen. An einem anderen Tag, ich hatte nach der 24 StundenWache frei und wollte noch etwas schlafen, schreckte mich Hörs Gebrüll auf und ich sah den Kopf meines Kameraden Wiegmann neben mir gegen das Bettgestell donnern. Man muss dazu sagen, dass Wiegmann eher der kleine Waldläufertyp ist und ich im Etagenbett die obere Koje belegt habe. Hör hatte den armen Burschen mit einer Hand fest an der Gurgel und schlug ihn mit den Worten »Ich hab dir gesagt, bring den Müll raus!« immer wieder gegen den Metallrahmen. Wiegmanns Füße zappelten dabei über dem Boden. Als Hör ihn endlich fallen ließ, japste Wiegmann einige Minuten lang nach Luft, bevor er den Blechmülleimer hinaustrug. Das war mein erster Kontakt mit Hörs Jähzorn und ich hoffte in dem Moment inständig, nicht sein nächstes Opfer zu werden.
    In jeder Kompanie gibt es eine Handvoll altgedienter Mannschaftssoldaten, die im Kompanieoder Zugtrupp ihren Dienst versehen. Sie haben eine herausgehobene Position, denn viele ihrer Vorgesetzten sind erst nach ihnen Soldat geworden und haben das Soldatenhandwerk teilweise von diesen alten Hasen persönlich beigebracht bekommen. Doch die 2. Kompanie ist wegen ihrer rüden Männer berüchtigt. Viele dieser Mannschaftssoldaten müssten aufgrund ihrer Dienstzeit bereits Stabsgefreite oder Oberstabsgefreite sein, doch wegen Alkoholexzessen und Schlägereien werden sie immer wieder degradiert und sind selbst im sechsten Dienstjahr noch Obergefreite. Nur ihre alten, wettergegerbten Gesichter und das Einzelkämpferabzeichen auf der Brust weisen sie als ehemalige Angehörige der Bravokompanie aus. Diese Kommandokompanien gab es in jedem Fallschirmjägerbataillon. Sie waren Vorreiter des KSK – des Kommandos Spezialkräfte – und bestanden aus Gründen der Kostenersparnis fast ausschließlich aus Mannschaftssoldaten. Als die Bravokompanien aufgelöst wurden und das KSK, das keine Mannschaftssoldaten in den Reihen hat, aus der Taufe gehoben wurde, gab es keine Verwendung mehr für diese erfahrenen, bestens ausgebildeten Männer. Trotz ihrer Eskapaden sind sie besonders befähigt, die nachfolgenden Mannschafter praktisch zu unterweisen, zu schleifen und zu disziplinieren. Als Mannschafter wissen sie genau, worauf es ankommt, und sind viel näher am Nachwuchs dran als ihre Vorgesetzten. Hauptfeldwebel Schleifer, der als vorschriftengeil verschrien ist und höchsten Wert auf die buchstabengenaue Befolgung der ZDV, der Zentralen Dienstvorschrift, legt, sieht diesen Raufbolden daher einiges nach. Sie sind ihm nämlich treue, zuverlässige Männer, die über die Erfahrung und Durchsetzungsfähigkeit verfügen, um im Notfall Führungsaufgaben zu übernehmen, und ihren Zug im Gefecht koordiniert lenken und leiten können. Sie

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