Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück
bereits eingeplant wurde, bin ich wie elektrisiert. Ich lasse mich von Limmann direkt zur Dienststube von Hauptfeldwebel Festas bringen, der den ersten Diensthundezug in einem Fallschirmjägerverband aufbauen und leiten soll. Erst kurz zuvor ist Festas aus den USA wiedergekommen, wo er den Rangerlehrgang absolviert hat, den wohl anspruchsvollsten Special-Forces-Lehrgang der US-Army. Sechs Monate lang werden die Teilnehmer für den Kampf in verschiedenstem Terrain – von Wüste bis Regenwald, von Küste bis Gebirge – gedrillt. Während dieser Zeit endloser Schleiferei gibt es bis auf eine Stunde Dienstunterbrechung nach dem dritten Monat keine freie Minute. Diese Stunde nutzen die Teilnehmer, um ihre Bestände an Kautabak, wasserfesten Notizblöcken und 6BBleistiften aufzufüllen oder ihre Familie rasch anzurufen.
Bei der Bundeswehr wäre dieser Lehrgang undenkbar, weil er gegen etliche rechtliche Grundsätze verstieße. Abgesehen von den enormen Strapazen und dem hohen Verletzungsrisiko besteht ständig die Gefahr, von einer Giftschlange oder Giftspinne gebissen zu werden. Wer sich in so einem Fall krankmeldet, wird vom Lehrgang ohne Wertung abgelöst. Die wenigen, die die sechs Monate Quälerei durchhalten und die hohen Anforderungen erfüllen, werden mit dem begehrten »Ranger Badge« belohnt. Festas und sein Buddy Arnie haben diese enorme Leistung vollbracht und werden weit über unsere Brigade hinaus dafür bewundert.
Malcom und Butzki begegnen mir auf dem Weg zu Festas’ Dienststube. Sie sind sichtlich erfreut, als Limmann ihnen sagt, dass ich mich um die Aufnahme bei den K9ern bewerbe. Ich klopfe an die Tür, um mich korrekt zu melden, da drängt Malcom sich an mir vorbei und kündigt mich lautstark mit den Worten »Hauptfeld, hier ist noch jemand für den Hundezug. Der war mit uns im Kosovo!« bei Hauptfeldwebel Festas an. Da er als eigentlicher Chef des AVZ während unseres Kosovoeinsatzes von Oberfeldwebel Rüstmann vertreten wurde, kennt er mich noch nicht. »Moin Kamerad!«, begrüßt Festas mich mit kräftigem Händedruck. »Kommen Sie rein!« Ich bin etwas verwundert über diesen zwanglosfreundlichen Empfang. Malcom bleibt im Raum, schmettert die Tür aber vor Limmann und Butzki zu, die neugierig an der Schwelle stehen bleiben.
Der Ranger fragt mich, ob ich bereits Erfahrung mit Hunden habe, was ich verneinen muss. Er erklärt mir sehr ausführlich, was es bedeutet, ein Diensthundeführer zu sein, welche Belastung damit verbunden sein kann, den Hund 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche betreuen zu müssen. Doch die Aussicht auf eine Arbeit, die ich mir am meisten wünsche, ist zu verlockend. Festas ist zufrieden mit dem, was er hört. Vor allem, als ich ihm sage, dass ich noch für den MND-Wettkampf trainiere, ist sein Interesse geweckt. »Wie viele Liegestütze schaffen Sie denn?«, fragt er. »Mein Rekord liegt bei 110 Liegestützen am Stück, Herr Hauptfeldwebel!«, antworte ich. Malcom klatscht triumphierend in die Hände und grinst. »Na, dann lassen Sie mal sehen!« Malcom und ich betreten hinter Festas den Flur. »Malcom, du auch! Und ich will richtige Liegestütze sehen. Keine halben Sachen. Wenn ihr unten seid, berührt die Brust den Boden. Oben müssen die Arme durchgestreckt sein. Alles andere zählt nicht.« Ich bin überrascht, aber ich versuche gelassen zu wirken. Ich und Malcom, der sich wie Obelix auf ein Kräftemessen mit mir freut, legen los. Limmann zählt laut mit. Malcom legt gut vor, aber ab dem achtzigsten Liegestütz hat er beträchtliche Mühe, weiterzumachen. Die Soldaten des AVZ sind durch das laute Zählen neugierig geworden und haben sich um uns versammelt. Jetzt will ich erst recht meinen Worten Taten folgen lassen, ich konzentriere mich und vollende mit letzter Kraft wie angekündigt meine 110 Liegestütze.
Festas ist aufgekratzt, als wäre er soeben Zeuge eines guten Boxkampfs geworden. Meine Muskulatur ist zum Bersten gespannt. Ich muss einen Moment liegen bleiben und ausruhen, ehe es mir gelingt, mich von den kalten Fliesen abzudrücken und aufzustehen. Begeistert schlägt Festas mir mit der flachen Hand auf die Schulter und sagt, dass ich mich darauf einstellen soll, in Kürze zum Diensthundezug zu wechseln. Wir verabschieden uns, Festas drückt mir freundschaftlich die Hand und sagt noch: »Bis bald, Kamerad!« Aus Gewohnheit salutiere ich, bevor ich überglücklich und vom Stolz beschwingt fortgehe. Ich habe ein absolut gutes Gefühl, dem ersten
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