Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück
heilfroh, die Situation ohne ein Blutbad bewältigt zu haben. Wir bleiben noch, bis das Stadion gänzlich leer ist, und machen einen abschließenden Kontrollgang, um sicherzugehen, dass kein Material von uns liegen bleibt. Dabei stellen wir erstaunt fest, dass die massiven schmiedeeisernen Gitter am Haupteingang gebrochen und verbogen sind. Am nächsten Morgen erfahren wir, dass drei Afghanen bei dem Aufruhr ums Leben gekommen sind. Ich vermute, dass sie schlicht und einfach erdrückt wurden. Das Fußballspiel, von dem ich nichts mitbekommen habe, geht im Übrigen 2:0 für das ISAF-Team aus. Das geplante Rückspiel fällt nach den Erfahrungen dieses Tages ersatzlos aus.
Mit der nächsten Feldpost kommen massenhaft Kauknochen für unsere Hunde. Einige Kameraden haben sie sich aus Dankbarkeit dafür, von den Hunden vor dem Mob gerettet worden zu sein, von ihren Angehörigen aus Deutschland schicken lassen. Gerade einmal drei Tage nach meiner Ankunft im Land habe ich mit Idor meine erste Bewährungsprobe bestanden. Die anderen in unserer Region eingesetzten ISAF-Truppen erkennen uns an, ebenso unsere deutschen Kameraden. Jenseits der täglichen Streifengänge und fahrten innerhalb und außerhalb des Lagers kann Idor seine Fähigkeiten bei der Suche nach Sprengstoff und Waffenverstecken unter Beweis stellen. Dem Ranger fällt allerdings sehr bald ein deutliches Manko an den Kampfmittelspürhunden auf.
Für eine verdeckte Operation mit dem Special Air Service werden wir von den Briten zur Unterstützung gerufen. Berichten der im Land tätigen Geheimdienste zufolge hat man angeblich verlässliche Hinweise auf ein besonders großes Waffenversteck erhalten. Unser K9-Zug soll bei der Durchsuchung des etwa einen Hektar großen Holzlagers, in dem die Waffen vermutet werden, mit den Spürhunden helfen. Die Operation verläuft unter absoluter Geheimhaltung. Selbst unseren vertrauten Kameraden im Lager gegenüber verraten wir nichts darüber. Wir stehen mitten in der Nacht um 03:00 Uhr wortlos auf, steigen in die bereits vorbereiteten Fahrzeuge und stehlen uns fast lautlos aus dem Camp. Das ganze Gebiet um unser Zielobjekt wird heimlich großflächig abgeriegelt und die in dem Depot anwesenden Arbeiter des Holzhandels werden festgesetzt. Bei der Befragung durch sprachkundige SAS-Soldaten geben sie vor, nichts zu wissen. Nachdem das SAS-Team das ganze Gelände abgesucht hat, kommen unsere Kampfmittelspürhunde zum Einsatz. Eine etwa 3Meter hohe Lehmmauer umgibt den ganzen Komplex. Die stabile Erdwand soll wohl nicht nur vor neugierigen Blicken schützen, sondern auch vor unliebsamen Besuchern, denn in der Mauer befinden sich wie in einem Fort an einigen Stellen Stufen unter Schießscharten. Mich erinnert das an meinen Einsatz im Kosovo. Dort habe ich ebenfalls häufig Grundstücke gesehen, die durch eine hohe, stabile Mauer wie eine Festung geschützt wurden.
Während das Geschäftsgebäude, ein kleiner Bungalow, von den Briten durchsucht wird, machen wir uns daran, alles noch einmal mit unseren Spürhunden abzusuchen. Limmann und Kunz machen den Anfang und lassen ihre Hunde systematisch an verdächtigen Stellen nach Sprengstoff schnüffeln. Ich stehe in ihrer Nähe und achte darauf, dass meine Kameraden bei der Suche nichts auslassen. Durch diese gegenseitige Kontrolle soll nichts übersehen werden, wenn der Hundeführer seine volle Aufmerksamkeit auf den Hund richtet. Da die Hunde meiner beiden Kameraden aber weder auf dem Gelände noch im Gebäude fündig werden, mache ich mich mit Idor an die Arbeit. Ich will mit ihm nach einem Erdversteck suchen, denn ich halte es für möglich, dass das gesuchte Kriegsgerät auf der großen Anlage irgendwo vergraben wurde. An einem Stapel aus Baumstämmen voller Äste, die völlig ineinander verschränkt sind, fange ich an. Um ein Versteck zu schützen, erscheinen mir die schweren, sperrigen Hölzer gut geeignet.
Ich gebe vor, Idors Spielzeug irgendwo in dem Geäst zu verstecken. Idor liegt wenige Meter entfernt von mir auf dem Boden und fixiert meine Hand. Er ist schon merklich ungeduldig und sprintet auf Kommando sofort los. Noch ehe er die Baumstämme erreicht, schießt uns eine schwarze Katze aus dem Holzhaufen entgegen und nimmt fauchend Reißaus. Idor vergisst seinen Gummiball sofort und beginnt stattdessen eifrig der Katze nachzustellen. Um ihn zu stoppen, schreie ich laut: »Platz!« Normalerweise ist das eine Art Notbremse, auf die er sofort reagiert und sich flach auf den
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