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Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Titel: Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sedlatzek-Müller
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Familie und seine Freundin weichen ihm keinen Augenblick von der Seite. Es gelingt den Ärzten, ein Wunder zu vollbringen und ihn trotz seiner schweren Brandverletzungen und etlicher Schrapnelle im Körper am Leben zu erhalten. Sogar sein rechtes Auge, das nur noch mit dem Sehnerv an ihm hing, können sie retten. Ich glaube aber, dass er letztlich nur durch den Rückhalt der Familie den Willen zu überleben aufbringt. Kunz hat mit seiner Freundin weniger Glück. Sie sagt ihm noch im Krankenhaus, dass sie es nicht länger erträgt, mit einem Soldaten liiert zu sein, und gibt ihm den Laufpass. Da ich bereits mit meiner Familie telefoniert habe und weiß, dass es allen gut geht, kreisen meine Gedanken abends vor dem Einschlafen stets um Idor und ich frage mich, wie es ihm wohl ohne mich ergeht. Die Nächte in Kabul waren kalt, daher hatte ich stets dafür gesorgt, dass er seine Decke in die Hundebox bekam. Hoffentlich kümmert man sich auch jetzt gut um ihn.
    Oft werde ich nachts von dem Feuerball, der mich umhüllt, wach. Dann wieder einzuschlafen gelingt mir nicht, ich bin zu aufgeregt. Auch Kunz wälzt sich im Schlaf und scheint zu fantasieren. Wenn ich ihm jedoch am nächsten Morgen davon berichte, kann er sich nicht erinnern. Nach langem Warten wird uns unser heiß ersehntes Gepäck, das wir in Afghanistan zurücklassen mussten, ins Krankenhaus gebracht. Lancer und ich helfen einem Sani, unsere schweren Transportkisten, Seesäcke und Rucksäcke in einer Abstellkammer auf der Station zu verstauen. Ich frage den Sanitäter, ob ich schnell mal in meine Transportbox schauen könne. Die Neugierde, ob alle meine Briefe und privaten Aufzeichnungen mit eingepackt wurden, ist so groß, dass ich seine Antwort nicht abwarte. Ich öffne die Box. Mit einem lauten Surren kommt mir ein riesiges, hornissenartiges Insekt entgegen und fliegt Richtung Flur hinaus. Verdutzt schauen Lancer und ich einander an, dann laufen wir hinterher, um das sonderbare Exemplar einzufangen. Wir sehen noch, wie dieses afghanische Rieseninsekt durch das Fenster nach draußen fliegt und verschwindet, als der Sanitäter uns fragt, was das denn wohl gewesen sein möge. Lancer und ich wissen es nicht, doch wir erklären dem jungen Soldaten, dass er ja nichts sagen dürfte, wenn jetzt in Deutschland eine tödliche Seuche ausbräche, weil er dann definitiv eine Mitschuld daran hätte. Wir werfen uns bei den Albernheiten oft den Ball zu, um ja keine Trübsal und keine schlechte Stimmung aufkommen zu lassen. Es fällt uns nicht schwer, denn die Freude darüber, dem Tod entronnen zu sein, beschwingt uns geradezu.
    Als ich von Festas erfahre, dass Idor von einem Kameraden, der Heimaturlaub bekommt, nach Deutschland mitgebracht wird, lasse ich mich auf eigenen Wunsch nach mehr als sechs Wochen aus der Klinik entlassen. Idor soll von niemand anderem als mir in Empfang genommen und während der Quarantäne betreut werden. Ich bin ohnehin bereits eifersüchtig, wenn Major Kusse, der ihn in Afghanistan betreut, mir am Telefon erzählt, wie gut sich Idor mit ihm verträgt. Zu meiner riesigen Freude begrüßt mich mein geliebter Hund bei unserem Wiedersehen mit einer so ausgelassenen Freude, dass alle Gedanken daran, ob er mich überhaupt vermisst hat, verfliegen.
    Von der Mutter meiner Tochter Patricia wäre ich gern genauso herzlich begrüßt worden, aber alles, was ich zu Hause vorfinde, ist eine ausgeräumte Wohnung. Es gab bereits vor meiner Abreise nach Afghanistan Diskussionen mit ihr über den Einsatz. Für mich stand aber immer außer Frage, dass ich an den Missionen teilnehme. Ich bin aus Berufung Soldat geworden. Die Bundeswehr ist für mich mehr als ein Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst. Ich habe mich bewusst schriftlich verpflichtet, auch an Auslandseinsätzen teilzunehmen. Dafür bin ich nun einmal Fallschirmjäger. Leider hat meine Partnerin kein Verständnis dafür. Möglicherweise war die Nachricht, dass ich durch eine Explosion beinahe getötet worden wäre, einfach zu viel für sie. Fortan jedenfalls sehe ich meine kleine Tochter nur noch alle 14 Tage, vorausgesetzt, ich bin nicht gerade auf einem Lehrgang oder im Einsatz.
    In den folgenden Wochen muss ich immer wieder zur Nachuntersuchung ins Bundeswehrkrankenhaus nach Koblenz. Man stellt fest, dass ich trotz der neuen Trommelfelle eine Hörminderung habe. Ich berichte den Ärzten, dass ich Schwierigkeiten habe, einem Gespräch zu folgen, wenn es noch andere Geräusche im Hintergrund gibt, da

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