Soljanka (German Edition)
in perfekter Gleichgültigkeit.
»Na ja, da saß so ein älterer Mann direkt neben Waleska. Sag bloß,
du hast ihn nicht gesehen. Die sind ja dann auch zusammen rausgegangen.
Eigentlich müsstest du sie sogar noch draußen gesehen haben, du bist ja direkt
danach weg.«
»Ach so, ja, ich glaub, ich weiß, wen du meinst. Nee, keine Ahnung,
wer das war. Vielleicht einer aus Waleskas Büro.«
»Nee, nee, also wie ein Mitarbeiter wirkte der nicht. Der hatte ’ne
ganz andere Haltung.«
»Ja? Kann sein, ich hab da nicht so drauf geachtet. Spielt im
Endeffekt ja auch keine Rolle.«
»Nein, wahrscheinlich nicht. Na gut, dann leg dich wieder hin.
Schaun wir mal, wie’s weitergeht.«
»Genau, bis die Tage.«
Stamm steckte das Handy ein und beobachtete eine Weile abwechselnd
den Eingang zu Keilmeiers Haus und Wanjas Touareg. Es tat sich nichts. Er holte
wieder das Handy heraus und rief zu Hause an.
»Was ist los, macht der Rat Überstunden?«, meldete sich Eva.
»Nein, die Sitzung ist schon zu Ende, aber ich musste anschließend
noch eine muntere Verfolgungsjagd absolvieren.«
»Als Verfolger oder Verfolgter?«
»Ersteres. Genau genommen sogar als Verfolger der Verfolger. Wanja
hatte sich an die Fersen eines anderen Sitzungsbesuchers geheftet – der
Architekt Waleska, den hast du doch auch kennengelernt – und ich bin dann Wanja
hinterher.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich das jetzt verstehen muss«, erwiderte
Eva.
»Kann ich wiederum gut verstehen, ist auch ein wenig verwickelt. Ich
hätte die ganze Geschichte ja auch längst abgeblasen, aber Wanja tut aus
unerfindlichen Gründen so, als wär nichts, und das macht mich wiederum
neugierig.«
»Soso.«
»Okay, ich hör schon auf. Was ich eigentlich sagen wollte: Sieht so
aus, als wäre ich noch ein wenig unterwegs, also warte nicht mit dem Essen auf
mich.«
»Tja, Pech für dich, ich habe hier eine sensationelle
Szechuan-Suppe.«
»Aha, mit Hühnchen?«
»Wieso mit Hühnchen?«
»Na ja, ich dachte, Szechuan-Suppe wäre mit Hühnchen. Nicht?«
»Nein, bei mir kommt nur das Original auf den Tisch. Mit Pudel.«
»Ach so, ja dann … Hast du Cordes’ Töle endlich erwischt?«
»Dazu sage ich nichts.«
»Okay, ich komm so schnell wie möglich. Wenn’s hier noch lange
dauert, breche ich die Aktion ab. Kann mir Schöneres vorstellen, als mir vor
Keilmeiers Haus den Arsch abzufrieren.«
Eva wurde ernst. »Was soll das Ganze, Hans? Waleska fährt nach der
Ratssitzung zu Keilmeier. Na und?«
»Kostedde ist auch da.«
»Da schau her. Wird da etwa eine neue Seilschaft geknüpft?
Andererseits: Hast du eine Wanze in Keilmeiers Weinkeller angebracht?«
Stamm lachte. »Wie gesagt, ich mach wahrscheinlich bald Schluss.
Halt mir den Pudel warm. Ich habe noch nichts gegessen.«
Stamm fror weitere zwanzig Minuten. Dann wurde es plötzlich heller
vor Keilmeiers Villa. Die Haustür war aufgegangen. Drei Silhouetten traten
heraus. Stamm erkannte Kostedde, Keilmeier und Waleskas Begleiter. Kosteddes
Chauffeur stieg aus und ging um den Wagen, um seinem Chef die Tür zu öffnen.
Der Baulöwe begleitete seine Gäste zum Auto und verabschiedete sie mit einem
Händedruck, dessen Festigkeit auch auf die Entfernung zu erahnen war. Kostedde
und der Unbekannte stiegen nacheinander hinten ein.
Während der Abschiedszeremonie hatte sich Stamm unauffällig zu
seinem Wagen zurückgezogen. Er beobachtete den schwarzen Dienstmercedes, der wendete
und dann gemächlich an Wanjas Touareg vorbei auf die Tiergartenstraße rollte,
und wartete ein paar Sekunden, in der Erwartung, dass Wanja Kostedde folgen
würde. Doch nichts geschah. Die Scheinwerfer blieben aus, der Wagen bewegte
sich nicht aus der Parklücke.
Stamm musste sich entscheiden. Er startete den Motor und heizte über
die ruhige Chamissostraße zur Graf-Recke-Straße, wo er nach links abbog,
nachdem er bei einem schnellen Rundumblick Kosteddes Mercedes nicht erkennen
konnte. Seine Vermutung, dass die Reise zurück in die Innenstadt führen würde,
bestätigte sich am Brehmplatz. Der Benz stand drei Wagen vor ihm an der roten
Ampel.
Auf dem gleichen Weg, den sie vor einer knappen Stunde gekommen
waren, ging es wieder in die Altstadt. Von der Heinrich-Heine-Allee bog der OB -Mercedes zum Breidenbacher Hof ab, fuhr aber am
Haupteingang vorbei und rollte auf die Kö. Dort hielt er nach ein paar Metern
an, der Unbekannte stieg aus und spazierte zurück.
Stamm fuhr Schritttempo und gab Kosteddes Chauffeur die Gelegenheit,
sich vor
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