Soljanka (German Edition)
wärmer. »Bei dem Programm, das du vor dir hast,
wirst du sowieso nichts anderes schaffen.«
»Hast du eine Ahnung! Na gut, lass mich mal machen. Ich zaubere dir
ein Menü, da wird Tim Mälzer blass. Und wenn du es nicht würdigen kannst, verputze
ich deine Portion mit.«
Zu Hause ließ sich Stamm erklären, wie er die Waschmaschine
bestücken und in Gang setzen musste. Während die erste Ladung lief, schnappte
er sich den Staubwedel und nahm sich oben die Bücherregale vor. Am dritten
Regal begann er zu schummeln und wischte nur noch oberflächlich um die Bücher
herum. So war er durch, als die Waschmaschine mit dem Schleudern begann.
Er ging ins Schlafzimmer, um die Essensfrage zu klären.
»Also«, sagte er, während er sich auf die Bettkante setzte. »Ich
würde dann gern die Menüfolge festlegen.«
Eva ließ das Sudoku-Heft sinken, in das sie bis dahin vertieft
gewesen war. »Was ist denn im Angebot?«
»Freie Auswahl.«
»Soljanka wäre schön.«
»Die ist gerade aus.«
»Dann was Fruchtiges.«
»Fruchtig?«
»Genau. Aber mit ordentlich Knoblauch.«
»Fruchtig mit viel Knoblauch? Vielleicht noch Pfefferminze?«
Sie überlegte kurz. »Ja, nicht schlecht. Und einen Touch asiatisch.«
»Was heißt ›asiatisch‹? Curry? Sojasoße? Kokos?«
»Ja, so in der Art. Wenn’s geht, schön sauer. Und scharf, aber nicht
zu sehr.«
»Natürlich geht das. Ist ja freie Auswahl.«
»Okay, dann haben wir’s ja. Auf Bratwurst hätte ich auch Appetit.
Vielleicht kannst du die ja noch irgendwie einbauen.«
»Kein Problem.« Er stand auf. »Ich mach mich am besten gleich mal
dran, ich nehme an, ich muss noch das eine oder andere einkaufen.«
»Wir haben keine Bratwurst. Und auch die Pfefferminze ist kürzlich
eingegangen.«
»Ich kann ja ein paar Wick Blau auskochen. Und statt Bratwurst nehme
ich einfach Bratheringe.«
Jetzt sah sie ihn doch ein wenig zweifelnd an. »Ähh …«
»War ’n Scherz.«
Sie lächelte ihn an. »Du machst das schon«, murmelte sie und wandte
sich wieder ihrem Rätsel zu.
Stamm vertiefte sich eine gute halbe Stunde in Evas Kochbücher, von
Dr. Oetkers zerfleddertem Schulkochbuch aus den Fünfzigern über die
Sammlung von Alfredissimo-Rezepten bis zu Jamie Oliver, fand aber nichts, was
auch nur annähernd die Anforderungen erfüllte. In Erinnerung an Evas Armen
Ritter aus Vietnam begann er zu kombinieren und entschied sich schließlich für
einen indisch-indonesisch-thailändischen Reissalat mit Anleihen bei deutscher
Hausmannskost. Erstaunlich viele Zutaten fand er im Vorrats- und im
Kühlschrank, es fehlten Bratwurst, Mango, Limetten und Joghurt. Die
Pfefferminze hatte er gestrichen.
Um vier Uhr war er aus dem Supermarkt zurück und machte sich an die
Arbeit. Während der Reis garte, dünstete er eine Chilischote und Knoblauch, gab
indonesische Fischsoße, Zucker und Limettensaft dazu und löschte das Ganze
schließlich mit Kokosmilch ab. Solange Soße und Reis abkühlten, gönnte er sich
eine Pause. Er rauchte eine Zigarette auf der Terrasse und sah sich dann die
Fußball-Ergebnisse an. Die Bundesliga hatte schon wieder einen neuen
Tabellenführer. Nach Leverkusen, Hamburg und Hoffenheim war nun Hertha an der
Reihe. Am Ende würden wahrscheinlich wieder die Bayern Meister werden. Oder
Wolfsburg. In dieser Saison schien alles möglich.
Wieder in der Küche, mischte er die Soße mit Joghurt und dann das
Ganze mit dem Reis. Dann schnibbelte er die restlichen Zutaten, Lauchzwiebeln,
Tomaten, Paprika, Mango, Clementinen-Filets und eine saure Gurke, und gab sie
zu dem Reis. Schließlich röstete er noch eine Zwiebel hellbraun und briet die
zwei Bratwürste, die er gekauft hatte. Die Würste schnitt er klein und mischte
sie unter den Reis. Dann wagte er eine Kostprobe. Es schmeckte nicht
uninteressant, dabei erstaunlich dezent, die Säure und der asiatische Touch
waren ihm aber zu wenig ausgeprägt. Er würzte mit Salz und Curry nach und gab
noch etwas Orangensaft dazu. Zum Schluss drapierte er die Zwiebelringe hübsch auf
dem Reisberg. Während er den Tisch deckte, dachte er darüber nach, was man dazu
trinken konnte. In seinen kargen Weinvorräten war aber viel zu wenig Auswahl,
also ging er auf Nummer sicher und holte sich eine Flasche Uerige Alt aus dem
Kühlschrank. Vor den Tellern arrangierte er ein paar Wick Blau.
Eva hatte den Fernseher eingeschaltet, war aber über einer Daily
Soap auf Sat 1 eingedöst. Es war inzwischen dunkel geworden. Stamm ließ
die Rollos herunter
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