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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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fragte Stamm ungläubig. »So blöd kann
Kostedde doch gar nicht sein.«
    »Wer weiß.«
    »Halt ich für arg weit hergeholt«, sagte Stamm. »Dafür gibt es doch
keine ernst zu nehmenden Indizien.«
    »Hans, ich bin lang genug im Geschäft. Ich hab so was im Urin.«
    »Okay, selbst wenn. Du bist doch so was wie Keilmeiers Lobbyist.
Macht ihr das Geschäft halt auf diese Weise. Du kannst mir doch nicht erzählen,
dass dich dein Gewissen so plagt, dass du darauf verzichten würdest.«
    »Du verstehst das immer noch nicht, Hans. Tutschkin macht auf seine
Weise das Gleiche wie ich. Wenn er im Geschäft ist, ist da kein Platz mehr für
mich.«
    Stamm schnaubte. »Ich muss zugeben, dass ist zu hoch für mich. Warte
doch einfach mal ab, was sich so tut, halt die Augen auf, und wenn sich deine
Befürchtungen erhärten, kann man immer noch sehen, was zu tun ist. Am besten
schiebst du heute Abend noch ein Meeting ein. Das bringt dich auf andere
Gedanken.«
    »Hatte ich mir auch schon überlegt. Liebe Grüße noch an die werdende
Mutter.« Er hatte schon wieder den unbekümmerten Wanja-Tonfall eingeschaltet.
    »Probleme?«, fragte Eva, nachdem Stamm die Verbindung weggedrückt
hatte.
    »Wanja glaubt, Keilmeier und Kostedde wollen ihn ausbooten.«
    Sie sah ihn stirnrunzelnd an. »Und du glaubst das nicht?«
    »Keine Ahnung. Die Hinweise sind jedenfalls dünn. Wir werden es in
den nächsten Tagen erfahren. Was macht eigentlich deine Blutung?«
    »Ich hab das Gefühl, es wird besser.«
    »Du solltest dich wieder ins Bett verkrümeln. Sicher ist sicher.«
    Am nächsten Morgen erwachte Stamm um Viertel nach sieben aus
einem beunruhigenden Traum. Er stand mit Eva am Ufer der vereisten Müritz. Er
löste sich von ihr und kletterte auf die aufgetürmten Eisschollen. Sie rief ihn
verängstigt zurück, aber er lehnte lachend ab. Auf der höchsten Scholle
breitete er jauchzend die Arme aus und forderte Eva auf, ihm zu folgen.
Seltsamerweise tat sie es wirklich. Mühsam krabbelte sie auf allen Vieren auf
den Schollen herum, rutschte immer wieder ab und rappelte sich wieder hoch. Als
sie ihn fast erreicht hatte, stürzte sie schwer. Voller Schrecken sah Stamm,
wie sich das Eis unter ihr blutrot verfärbte. Er wollte ihr zu Hilfe eilen,
aber er konnte sich nicht bewegen. Wie gelähmt stand er da und betrachtete den
Fleck, der sich unaufhaltsam ausdehnte.
    Er schüttelte einmal kräftig den Kopf, um die Bilder loszuwerden,
und stand auf. In der Küche füllte er die Kaffeemaschine mit Pulver und Wasser,
schaltete sie dann aber doch nicht ein und brühte stattdessen mit dem Moka
Express Espresso auf. Er zog sich Laufklamotten an, kippte dann zwei Tässchen
hinunter, hinterließ einen Zettel auf dem Küchentisch und machte sich auf den
Weg zum Rheindeich.
    Das Wetter hatte in der Nacht umgeschlagen. Nach den sibirischen
letzten Wochen hatte er das Gefühl, in kurzen Hosen laufen zu können. Es
nieselte. Der Schnee war weich und rutschig. Das Laufen strengte ihn an. An der
Südbrücke begann der Muskel an der rechten Wade zu verhärten. Stamm kehrte um,
lief dann aber doch noch zur Aral-Tankstelle am Südring, wo er Brötchen und
eine Bild am Sonntag kaufte.
    Im angeschlossenen Burger King lungerten ein paar Nachtschwärmer
herum und stärkten sich nach einer harten Nacht in der Altstadt für die
Heimfahrt in das niederrheinische Vorland. Sie waren gut drauf, einer imitierte
Mario Barth, die anderen fielen vor Lachen fast von den Stühlen. Als Stamm an
der Kasse stand, spürte er, dass der Witzbold ihn zur Zielscheibe für seine
überdrehten Späße erkoren hatte. Seine Stimmung war schlecht genug, um zu
überlegen, ob er nicht der Polizei einen Tipp für eine erfolgreiche
Verkehrskontrolle geben sollte. Er ließ es sein und trabte nach Hause.
    Eva schlief noch. Mit einem weiteren, nur noch lauwarmen Tässchen
Espresso und einem Glas Wasser setzte er sich an den Küchentisch und breitete
die BamS vor sich aus. Sie hatten die Russenmafia-Story natürlich nicht
ignorieren können, hatten es aber erkennbar übel genommen, dass der Express sie
am Samstag exklusiv gehabt hatte. Sie räumten OB  Kostedde
breiten Raum ein, ließen ihn über die »blühende Phantasie gewisser
Zeitgenossen« lästern, die »verantwortungslose Rufschädigung unseres schönen
Düsseldorf« beklagen und mit der Prüfung rechtlicher Schritte gegen die
»Verleumder« drohen. Zu den Mordermittlungen hatte der BamS-Redakteur Matthias
Molzig, den Stamm nicht kannte, nichts

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