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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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die Unterfinanzierung vieler Studiengänge
wurde anerkannt. Gleichzeitig brauchte die Uni den Hörsaal dringend für
Lehrveranstaltungen. Daher die Räumung.
    Den Gesprächen, die Stamm auf den Korridoren des Uni-Gebäudes
aufschnappte, entnahm er, dass die Studenten mit dem Erfolg ihrer Aktion zufrieden
waren. Er sammelte ein paar Zitate ein und sah dann zu, wie ein paar
Hartnäckige sich aus dem Saal heraustragen ließen. Das waren hauptsächlich
Studenten, die sich in ihrem Outfit erkennbar an Achtundsechziger-Vorbildern
orientierten. So bekamen die Fotografen auch noch ein bisschen
Revoluzzer-Kolorit vor die Linse. Während ein Beamter und zwei Beamtinnen mit
ihrer bärtigen Ladung entspannt an ihm vorbeizogen, schlug sein Handy an. Es
war Korn.
    »Haben Sie nachher ein paar Minuten Zeit?«, fragte der Kommissar.
    »Natürlich«, erwiderte Stamm. »Wundert mich übrigens, dass ich Sie
nicht vor mir sehe. Ich hab den Eindruck, die gesamte Düsseldorfer Polizei ist
hier versammelt.«
    »Sind Sie in der Uni?«
    »Richtig.«
    »Hab von dem Einsatz gehört. Wie läuft’s?«
    »Ruhig. Garantiert keine Arbeit für Ihre Abteilung. Wenn es hier
Todesfälle gibt, dann höchstens vor Erschöpfung in Ihren Reihen. Die
Einsatzkräfte müssen sich ganz schön abschleppen mit den Studenten, die den
Hörsaal nicht freiwillig verlassen. Haben Sie eigentlich keine starken Männer
mehr bei der Polizei? Hier packen auffällig viele zierliche Beamtinnen an.«
    »Wenn ich Sie wäre, würde ich mich mit denen nicht anlegen«, lachte
Korn. Er schlug vor, sich um halb drei im Starbucks im Hafen zu treffen.
    Auf dem Weg zurück in die Redaktion rief Stamm Wanja an.
    »Gibt’s was Neues?«
    »Nichts Weltbewegendes. Ich hör nichts, ich seh nichts.« Er klang
bedrückt. »Die SPD will das Bauvorhaben angeblich
in der Ratssitzung am Donnerstag ansprechen. Dann muss Kostedde ja wohl
irgendwas sagen. Kannst ja auch hinkommen.«
    »Überleg ich mir. Sechzehn Uhr?«
    »Nehm ich an. Müsstest es im Internet noch mal checken.«
    Stamm versprach, es zu tun, bevor er in die Tiefgarage einbog und
die Verbindung abbrach.
    Hanne und Werner waren noch nicht wieder da. Bei Meister war das
auch nicht zu erwarten gewesen, er würde sich den halben Tag am Bochumer
Opel-Werk um die Ohren schlagen müssen. Hanne Lohmeyer hatte angerufen und
Christa mitgeteilt, dass sie mit dem Minister noch zur Duisburger Uni fahren
würde, wo er sich den protestierenden Studenten zur Diskussion stellen wollte.
Stamm fasste die Ereignisse an der Düsseldorfer Uni in sechzig Zeilen zusammen
und verzichtete auf Einstieg und Fazit. Sein Text war eh nur als Baustein für
Hannes Geschichte gedacht. Er ließ das Mittagessen aus, machte sich stattdessen
kurz nach zwei auf den Weg in den Medienhafen.
    Fünf vor halb drei betrat er die Starbucks-Filiale an der Hammer
Straße, die natürlich in einem der architektonisch abgefahrenen Gebäude des
Medienhafens untergebracht war. Es war nicht viel los. Stamm wählte einen Platz
in möglichst großer Entfernung vom nächsten besetzten Tisch und setzte sich so,
dass er den Eingang im Blick hatte. Eine zierliche zwanzigjährige Servicekraft
mit blondem Pferdeschwanz empfing ihn mit einem fröhlichen Lächeln, wie
ausgeschnitten aus dem Corporate-Identity-Handbuch des Hauses, und fragte nach
seinem Wunsch. Stamm hatte das Gefühl, sie in anderem Outfit am Morgen an der
Uni gesehen zu haben, er wusste nur nicht, ob im Kampfanzug oder im H&M -Cardigan. Stamm hätte gern ein Bier gehabt, erinnerte
sich aber rechtzeitig, wo er war, und bestellte Kaffee.
    Korn kam auf die Minute pünktlich. Aus dem Ei gepellt wie immer,
blaues Hemd, blau-rot gestreifte Krawatte, klassischer dunkelgrauer Anzug, man
konnte meinen, er mache irgendwas mit Medien wie die meisten in der Gegend, nur
wirkte er etwas stilsicherer. Er brauchte eine halbe Sekunde, um Stamm im
Halbdunkel ausfindig zu machen, und federte zügig heran.
    »Ich bin etwas in Eile«, sagte der Kommissar mit einer
entschuldigenden Geste, während er sich Stamm gegenübersetzte.
    »Das sind heute alle. Muss am Montag liegen.«
    Stamm stand auf und begleitete ihn zur Theke.
    »Kaffee«, sagte Korn.
    Stamm zeigte auf die Auslage. »Haben Sie auch Sandwiches oder so
was?«
    »Truthahn, Club …«, sagte die Bedienung
    »Truthahn ist gut. Sie auch?«
    Korn schüttelte den Kopf.
    »Einen Truthahn dann«, sagte Stamm.
    Korn kam sofort zur Sache. »Van Wateren. Warum interessieren Sie
sich für

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