Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
Vom Netzwerk:
antisemitische Hetzblatt in der Nazizeit, es wurde von Julius Streicher herausgegeben, einem der schrecklichsten Vertreter des nationalsozialistischen Antisemitismus.)
    Religion und Philosophie waren die fünfte Gruppe der Witze, die Freud analysierte und in seiner Theorie als Beispiele erzählte. Elliott Oring berichtet, dass Freud eine christliche Kinderfrau hatte, die ihn stark geprägt hat und der er viel zu verdanken hatte, wie er sagte. Freud übrigens war alles andere als ein frommer Mann. Im Gegenteil, wie in seiner Schrift Das Unbehagen in der Kultur nachzulesen ist. Trotzdem war er sich seiner jüdischen Wurzeln und seiner Bestimmung durch Tradition und Herkunft sehr bewusst. Seine Schrift Der Mann Moses und die monotheistische Religion spielt eine große Rolle für Selbsterkenntnis und Erkenntnis seiner Zugehörigkeit. Oring nimmt daher als sechste Kategorie der Freud’schen Witze einfach die Witze über Moses.
    Die philosophischen Witze und religiösen Witze enthalten eine Quintessenz, die eigentlich jedem Witz eigen ist: den Widerspruch zwischen Idee und Realität. Dabei gibt es zwei Arten von religiösen Witzen. Oder genauer gesagt sogar drei Arten. Eine Art beschäftigt sich mit den seltsamen Riten, Sitten und Gebräuchen. Dafür steht der Witz von der Kippa (S. 112 ). Zum Zweiten sind es die Witze, die aus der Talmud-Tradition und Talmud-Schule kommen, die sich mit Gott räsonierend und vernünftig denkend auseinandersetzen und die im äußersten Fall eine nihilistische Alternative zu Gott riskieren:
     
    Kohn philosophiert über das Jenseits: »Es ist recht mies, und es geht mir schlecht auf dieser Welt. Nu, dafür wird es uns im Jenseits umso bessergehen. Das heißt, lachen tät ich, wenn sich herausstellen würde, dass es kein Jenseits gibt.«
     
    Ein alter orthodoxer Jude sieht einen jungen Juden und ruft ihm zu: »Pfui, du isst! Heute, am Fasttag! Sieh mich an, ich bin alt und krank, und trotzdem faste ich, wie das Gesetz es befiehlt.«
    Darauf erwidert der junge Jude: »Also kommen wir beide nicht ins Paradies. Ich nicht, weil ich nicht faste, du nicht, weil es gar kein Paradies gibt.«
     
    Manche handeln auch von der Unvollkommenheit der Erde. Auch das gibt es schon bei Faust und Mephisto, wo der Teufel mit einer gewissen Ironie sagt: Natürlich, wenn ein Gott sich erst sechs Tage plagt und selbst am Ende bravo sagt, da muss es was Gescheites werden.
     
    Das spielt, für nicht Bibelfeste sei es gesagt, auf die Genesis-Stelle an: »Und Er sah, dass es gut war.« Eine Variante davon ist der jüdische Schneiderwitz. Schneiderwitze gibt es viele, weil ja viele Juden als Schneider arbeiteten.
     
    Ein Kunde bestellt bei einem Schneider eine Hose. Nach einem Monat ist die Hose endlich fertig. Der Kunde sagt vorwurfsvoll zum Schneider: »Gott hat die Welt in sieben Tagen erschaffen, und Sie brauchen für ein Paar Hosen einen vollen Monat.«
    Darauf der Schneider: »Nu, schauen Sie sich die Welt doch an! Und dann betrachten Sie meine Hose.«
     
    Und da wir gerade beim Schneider sind:
     
    Ein Mann, der es zu etwas gebracht hat, lässt sich bei einem teuren Schneider einen Anzug aus feinstem Tuch machen. Als er den Anzug endlich abholt, stolziert er darin auf der Fifth Avenue herum. Er trifft einen Freund, der schaut ihn an und sagt: »Wirklich ein toller Anzug! Aber hinten faltet er etwas. Wenn du die Schulter etwas hochziehst – ja, so, ja, die linke, dann sitzt der Anzug tadellos.«
    Der Kunde geht weiter die Fifth Avenue entlang und trifft einen zweiten Freund. »Wirklich ein toller Anzug«, sagt der, »fabelhaft! Aber rechts knittert er ein wenig. Du musst etwas schräg gehen – ja, so, dann ist es tadellos.«
    Auch ein dritter Freund, der ihm begegnet, sagt:
    »Toller Anzug, toller Schnitt, toller Stoff. Aber die Hose sitzt schief. Du musst das eine Bein etwas höher absetzen, wenn du gehst. Ja, toll ist das jetzt.«
    Und so geht das weiter und weiter. Ein anderer sagtihm, der Rock spanne, er müsse den Hals etwas nach hinten ziehen. Dann sieht ihn ein Paar von der anderen Straßenseite. Sagt die Frau zu ihrem Mann:
    »Guck mal den armen Krüppel da.«
    Darauf der Mann: »Aber einen tollen Schneider hat der.«
     
    Auch das darf man, ohne zu übertreiben, auf Gott und die Welt übertragen.
     
    Natürlich weiß auch der jüdische Witz, dass es unendlich schwer und traurig ist, einen Ehepartner zu verlieren. Für alle Religionen gilt das Anfangsgebot »… bis dass der Tod euch scheidet«.

Weitere Kostenlose Bücher