Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
durch verschiedene Abteilungen des Kaufhauses, als ich in der Drogerie einen Mann sehe und höre, wie er gerade offenbar für seine Frau oder Freundin eine Schachtel Tampons kauft. Da stelle ich mich wie zufällig neben ihn und sage: ›Trauriges Wochenende, das Sie da erwartet. Wie wär’s mit Angeln?‹«
Die Pointe ist weit hergeholt und liegt doch nahe. Sie spannt Sex, oder genauer: Frust über Sex, mit dem Sport zusammen, entfernte Dinge und Erlebnisse, die von der Werbung vernetzt werden, um einen Kunden in seiner Frustration zu fangen und ihm zu verheißen, dass er sich nicht langweilen wird, wenn er das-und-das Produkt erwirbt. Der »beste Verkäufer« hätte ihm auch noch ein Shampoo, ein Mundwasser, ein Deodorant andrehen können, mit dem Satz: »… Nehmen wir mal an, Sie kommen mit einem großen Fisch im Käscher gerade wieder ans Ufer, als Ihnen eine schöne blonde Frau begegnet …« Na, und so weiter.
Ich habe diesen Witz aus dem Jahr 1959 behalten – ich habe mir das Jahr gemerkt, weil es mein erstes Schiller-Jubiläumsjahr bei einer Zeitung war – weil es wie in nuce die Kaufhauswelt – die inzwischen aufgrund des Internet in einer Existenzkrise steckt – in ihrem unaufhaltsamen Aufstieg der Sechziger-, Siebziger-, Achtzigerjahre zeigt. Eine Welt, die einem zuflüsterte, das Glück liege zwar im Sex, aber mit dem Konsum könne man es kompensieren oder sogar steigern.
Es ist der Beginn der Werbestrategie, die dem Kunden etwas verkauft, das er gar nicht kaufen wollte. Das »instead of« der englischen Geschichte vom Patienten, der wegen seiner übersteigerten Sexualität nervlich zerrüttet ist und dem sein Arzt empfiehlt, einen Apfel zu essen.
»Before or after«, fragt der Patient.
»Instead of«, erklärt ihm der Arzt.
ALS DAS WÜNSCHEN NOCH GEHOLFEN HAT
Zwei »klassische« Witze gibt es vom Wünschen und den Tücken, die Wünschenden drohen. Der eine ist das Märchen vom »Fischer und seiner Frau«, das die Brüder Grimm auf Plattdeutsch aufgezeichnet haben – so heißt das Märchen »Von dem Fischer un syner Fru« und beginnt im »Pißputt« (einer – ja, man übersetzt es so richtig – in einer Pisshütte), eine stinkende Wellblechbaracke wäre das heute, die Fischersfrau findet den »Pißputt« denn auch eine Zumutung, es sei übel, da zu wohnen, »dat stinkt un is so eeklig«.
Von dieser Nissenhütte geht der Fischer jeden Tag zum Angeln, und eines Tages gelingt es ihm, einen großen Butt zu fangen, der aber zur Verwunderung des Fischers, als er an der Angel hängt, zu sprechen anfängt, in echtem Platt »säd de Butt to em«, also sagt der Butt zu ihm:
»Hör mal, Fischer, ik bidd dy, laat my lewen, ik bün keen rechten Butt, ik bün’n verwünschten Prins.« Lassmich leben, ich bin kein Butt, ich bin ein verwünschter Prinz.
Der verdutzte Fischer lässt den großen Butt von der Angel und erzählt die Geschichte seiner Frau Ilsebill. Die beschwert sich bei ihrem Mann über dessen naive, gutmütige Dummheit.
»Warum hast du dir denn nichts gewünscht von dem verwünschten Prinzen, wenn du ihn schon freigelassen hast?«
»Was hätte ich mir denn wünschen sollen«, meint der gutmütige, etwas begriffsstutzige und schwerfällige Fischer.
»Na, dass wir statt dieser stinkenden Hütte ein kleines, richtiges Haus hätten.«
Ein berechtigter Wunsch, der Mann geht wieder ans Meer und spricht einen merkwürdigen Zauberspruch:
»Manntje, Manntje, Timpe Te, / Buttje, Buttje in der See, myne Fru, de Ilsebill / will nich so, as ik wol will.«
Ich habe das Märchen als Kind in Mähren und also in einem süddeutschen Sprachraum nie so recht verstanden, anders als der »Kaschube« und nahe am Wasser groß gewordene Günter Grass, der daraus seinen gesellschaftskritischen Roman vom Butt gebaut hat, eine breite Zeigefinger-Geschichte vom Übermut der Menschen. Sei’s drum. Der Witz als Märchen ist viel kürzer und viel besser.
Die Frau Ilsebill kriegt ihr hübsches Haus mit Gärtchen, einem Garten mit Hühnern und Enten und Obst, und einen Geräteschuppen, dann gehen die beiden zufrieden ins Bett, aber die Frau wacht unzufrieden auf.
»Warum nur so ein kleines Haus? Mit so einem kleinenGarten? Warum kein Schloss? Ein in einem Fisch gefangener Prinz kann sicher mehr.«
Der Mann murrt, geht aber dann doch wieder zum Butt, sagt seinen Spruch auf und dass sich seine Frau, die Ilsebill, ein Schloss wünscht.
Der Butt antwortet wieder kurz und knapp und auf
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